EZB: Leitzins bleibt auf null Prozent
Trotz anziehender Inflation belässt die Europäische Zentralbank den Leitzins bei null Prozent. EZB-Chefin Lagarde ist davon überzeugt, dass die Teuerung vorübergehend ist und unter anderem von den hohen Energiepreisen getrieben wird. Auch darüber, ob die milliardenschweren Anleihekäufe gestoppt werden, will die EZB erst im Dezember entscheiden. Wie lang kann sie die lockere Geldpolitik aufrechterhalten?
Zunehmend in Erklärungsnot
Die EZB verstößt gegen ihre Regeln, kritisiert Cicero:
„Das 'vorrangige Ziel' des Europäischen Zentralbankensystems ist es, 'die Preisstabilität zu gewährleisten'. So steht es schwarz auf weiß in der EZB-Satzung ... . Sollten die Teuerungsraten im Euro-Raum weiterhin hoch bleiben oder sogar weiter steigen, kommt die EZB zunehmend in Erklärungsnot. Denn nicht nur in Deutschland, wo die Angst vor der Geldentwertung aus historischen Gründen groß ist, steigt der öffentliche Unmut und damit der politische Druck. Zumal immer offensichtlicher wird, dass sich die EZB längst einem anderen 'vorrangigen Ziel' verpflichtet fühlt: nicht der Preisstabilität, sondern der Stabilisierung überschuldeter Euro-Staaten.“
Wahl zwischen Pest und Cholera
Die Euro-Notenbanker stehen langfristig vor einer schwierigen Entscheidung, erklärt Die Presse:
„Sie müssen jetzt möglicherweise entscheiden, ob sie die Inflation davongaloppieren lassen oder eine riesige Staatsschuldenkrise in Ländern wie Italien und Spanien riskieren. Die klassische Wahl zwischen Pest und Cholera. ... Nullzinsen und massive Anleihenkäufe haben ja die Bewertungsunterschiede zwischen Schuldnern guter und schlechter Bonität völlig eingeebnet. Der Staatsanleihezins spiegelt nicht mehr das Anleiherisiko der einzelnen Schuldner wider. Wird dieser massive Notenbank-Eingriff beendet, gibt es über kurz oder lang wieder Marktzinsen. ... Steht die Notenbank vor der Wahl, ob sie die Staatsfinanzen oder die Vermögen der Bürger rettet, wird sie sich wohl für Ersteres entscheiden.“