Ukraine-Krise: Kriegsgefahr oder Entspannung?

Die Lage an der ukrainischen Grenze bleibt angespannt. Russland hatte einen Teilabzug der nahe der Ukraine stationierten Truppen angekündigt, Beobachter der USA und der Nato berichten aber von zusätzlicher Mobilisierung. Auch sich intensivierende Schusswechsel an der Front im Donbass nähren die Befürchtung einer bevorstehenden Eskalation.

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Lidové noviny (CZ) /

Putin zurück auf der internationalen Bühne

Obwohl Russland den Westen mit seinem Verhalten geeint hat, zwang es ihn gleichzeitig, Moskau ernst zu nehmen, bilanziert Lidové noviny den bisherigen Stand der Entwicklungen:

„Der russische Staatschef kann zufrieden sein. ... Die von ihm selbst provozierte Krise hat ihn in jedem Fall sehr sichtbar gemacht. Er hat der Welt gezeigt, wie wichtig es ist, mit ihm zu rechnen. Das ist nicht wenig. Zudem gibt es im Westen nicht wenige einflussreiche Leute, die darauf hinweisen, dass einige Sicherheitsanforderungen Russlands legitim sein könnten. Der ehemalige US-Botschafter in Russland, Michael McFaul, etwa plädiert für ein großes Abkommen unter dem Stichwort Helsinki 2.0.“

Echo Moskwy (RU) /

Jetzt kommt die Geschichte vom Genozid im Donbass

Regierungsnahe russische Medien berichten über die angebliche Entdeckung von Massengräbern im Donbass. Der aus Kyjiw schreibende Journalist Matvei Ganapolsky bezweifelt die Berichte in Echo Moskwy:

„Wer soll die Massengräber angelegt haben? Das konnten nur die Separatisten tun, denn die ukrainische Armee zog sich zurück und nicht umgekehrt. ... Aber wenn sie - oder sagen wir: jemand - dies 2014 getan haben sollte, warum wurden die Gräber dann erst jetzt 'entdeckt'? ... Die Antwort ist einfach: Nachdem Putin eine politische Niederlage erlitten hat und seine Truppen abzieht, spielt er nun die Karte vom 'ukrainischen Genozid' aus. Die braucht er, um mit dem 'Retten der Russen' zu beginnen, an die man beizeiten russische Pässe ausgegeben hatte, weshalb man jetzt die [Separatisten-Republiken] DNR und LNR anerkennen muss. Oder die Anerkennung als Erpressungsmittel nutzen kann.“

Efimerida ton Syntakton (GR) /

Keine Sache, die uns nichts angeht

Dass Griechenland im Fall einer Eskalation stärker involviert wäre, als viele glauben mögen, hebt Efimerida ton Syntakton hervor:

„Die Beteiligung Griechenlands an dieser Krise ist nicht nur dem Umstand geschuldet, dass unser Land Mitglied der Nato ist. Seit Jahren - und insbesondere seit dem griechisch-amerikanischen Verteidigungsabkommen - ist Griechenland zu einem militärischen Stützpunkt der Amerikaner geworden, zum Nachteil der russischen Interessen in der Region. Kennzeichnend ist dafür die Nutzung des Hafens von Alexandroupoli durch die USA. Wir wollen hoffen, dass die Entwicklungen nicht kriegerisch sein werden. Wir wollen hoffen, dass die Vernunft siegt und eine für beide Seiten kompromissfähige Lösung gefunden wird.“

Ria Nowosti (RU) /

Es waren eben nur gewöhnliche Militärübungen

Ria Nowosti erbost sich über einen Westen, der Russland nichts glaubt und selbst lügt:

„Unser Verteidigungsministerium hat immer gesagt, dass es planmäßige Übungen durchführe, nach deren Beendigung man die Militäreinheiten zurückschicke. Worauf die West-Medien schrien, diese Truppen würden heute oder morgen die Ukraine überfallen. Jetzt wurde wie versprochen mit der Rückkehr der Truppen an ihre Standorte begonnen - und niemand hat irgendwen überfallen. Prompt behaupten die Westmedien, dies sei ein 'Abzug von der ukrainischen Grenze'. Und tapfere West-Kremlologen behaupten, Russland habe immer gelogen und gesagt, dass seine Armee gar nicht an der Grenze stehe. Kurzum, wir haben immer die Wahrheit gesagt und sie haben gelogen, aber jetzt bezichtigen sie uns der Lüge.“

Gordonua.com (UA) /

Erfolgreicher Schulterschluss

Die Strategie des Westens ist aufgegangen, meint Juri Butussow, Chefredakteur von censor.net, in gordonua.com:

„Die USA und das Vereinigte Königreich starteten einen im Grunde genommen hybriden Krieg gegen Putin und mobilisierten eine Kampagne von bisher nicht gekanntem Ausmaß zur Unterstützung der Ukraine und gegen Putin. Die russische Bedrohung ermöglichte es den Amerikanern und den Briten, den russischen Einfluss in Polen, Tschechien und Dänemark zu brechen, die sich bereit erklärten, moderne Waffen an die Ukraine zu liefern; auch die drei baltischen Staaten lieferten Waffen. Und die USA und Großbritannien öffneten mit ihrer europäischen Unterstützung eine vollständige Luftbrücke für die Ukraine. ... Die pro-russische Front in Europa wurde durchbrochen.“

Jutarnji list (HR) /

Putin kann aufatmen

Scholz' Versicherungen an Moskau mögen auch einen Beitrag zur Deeskalation geleistet haben, kommentiert Jutarnji list:

„Als wichtigstes Ergebnis des Treffens zwischen dem russischen und dem deutschen Staatschef am Dienstag heben russische Medien folgendes hervor: Die Ukraine wird kein Nato-Mitglied, jedenfalls nicht bald. Die Russen betonten Scholz' Worte, dass eine Nato-Erweiterung 'im Moment nicht zur Diskussion' stehe oder auf dem Tisch läge, sogar dass das Thema nicht eröffnet werde, 'solange er oder Putin an der Macht' seien. ... Viele deuteten diese Aussage so, dass Putin aufatmen kann, da er vom deutschen Kanzler hörte, was Balsam für seine Seele ist: Solange er an der Macht sei, kommt die Ukraine nicht in die Nato. Und über die Länge seiner Regierungszeit entscheidet alleine er selbst.“

The Times (GB) /

Dem Frieden ist nicht zu trauen

Man sollte den Teilabzug besser nicht vorschnell als diplomatischen Erfolg feiern, warnt The Times:

„Russische Zugeständnisse sind immer taktischer Natur. Wenn die Truppen abgezogen werden - angeblich weil sie ihre militärischen Übungen beendet haben -, aber die gesamte schwere Ausrüstung, die für eine Invasion benötigt wird, an Ort und Stelle bleibt, dann hätten die Truppen auch gleich bleiben können, wo sie waren. Sie oder eine Ersatztruppe könnten innerhalb weniger Stunden zurück sein. Außerdem wird gleichzeitig der Druck auf die abtrünnigen ukrainischen Provinzen erhöht, die 2014 zum Casus belli wurden und die massive russische Unterstützung sowie russische Pässe für Tausende ihrer Bürger erhalten haben.“

La Stampa (IT) /

Und was geschieht im Donbass?

Auch La Stampa ist skeptisch:

„Das Pokerspiel der Medien scheint, nachdem es eine schwindelerregende Höhe erreicht hatte, glücklich zu enden. Wladimir Putin verkündete, dass 'Russland keinen Krieg in Europa wolle', eine Zusicherung, die seine Minister und Sprecher bereits bei jeder Gelegenheit wiederholt hatten, die der oberste Führer aber bisher nicht besiegelt hatte. Aber gleichzeitig ersetzt der russische Präsident die Panzer im Rückzug durch eine diplomatische Waffe, die ihm von seinem Parlament angeboten wird: Die Duma fordert Putin auf, die selbsternannten 'Volksrepubliken' des Donbass anzuerkennen: eine Bombe, die den Minsker Friedensprozess jeden Moment in die Luft jagen und diesen 'Krieg niedriger Intensität', wie ihn die Uno nennt, wieder zu einem heißen Krieg machen könnte.“