Nach tödlichen Schüssen in Brüssel: Wie reagieren?
Zwei schwedische Fußballfans sind am Montag in Brüssel von einem mutmaßlich radikal-islamistischen Attentäter erschossen worden. Der Täter flüchtete zunächst, wurde dann von der Polizei angeschossen und starb. Den belgischen Behörden zufolge handelte es sich um einen abgelehnten Asylbewerber, der sich seit 2020 illegal im Land aufhielt. In einem kurz nach der Tat veröffentlichten Video des Täters bekannte dieser sich zum "Islamischen Staat". Europas Presse ist entsetzt.
Sie haben nur auf eine Gelegenheit gewartet
Corriere della Sera äußert Besorgnis:
„Die Mörder sind auf die Straßen Europas zurückgekehrt, aber vielleicht waren sie nie fortgegangen. Sie hatten nur auf eine Wiederbelebung gewartet, auf etwas, das ihre Mordlust nach der territorialen Niederlage des Islamischen Staates wieder erwecken könnte. Die Koranverbrennungen in Schweden, das Wiederaufflammen der Spannungen, der Krieg in Gaza waren der Auslöser. Die ständigen Appelle von Predigern, Ideologen und Splittergruppen überzeugten sie davon, dass die Zeit gekommen war, Messer und Waffen zu zücken, um Jagd auf wehrlose Beute zu machen.“
Blau-Gelb mit Stolz tragen
Schweden sollte und wird weiter offen zu seinen Werten stehen, bekräftigt Dagens Nyheter:
„Die schwedischen Fußballfans in Brüssel wurden aufgefordert, ihr Trikot auszuziehen oder zu verstecken. ... Das war als kurzfristige Sicherheitsmaßnahme notwendig, soll nach dem Willen der Terroristen aber Dauerzustand sein. Wir sollen die Werte aufgeben, die Blau-Gelb repräsentiert - die Grundwerte der schwedischen Gesellschaft, in der Christen, Muslime und Juden frei ihrem Glauben Ausdruck verleihen können und wo es auch völlig in Ordnung ist, gar keinem Glauben anzuhängen. Wo die Meinungsfreiheit weitreichend ist. ... Die Terroristen wollen entzweien und Misstrauen säen. ... Das werden wir ihnen niemals gestatten. Wir werden das schwedische Trikot mit Stolz tragen.“
Vom Terror-Exportland zur Zielscheibe
Schweden sieht sich mit einer neuen Gefahrensituation konfrontiert, betont Expressen:
„Lange war Schweden vor allem Basis für gewaltbereiten Terrorismus. Gutgläubige Politiker und eine schlappe Gesetzgebung trugen dazu bei, unser Land zu einem wichtigen Exporteur von Tod und Gewalt zu machen. Schweden ist eines jener westlichen Länder, aus denen [prozentual] die meisten Staatsbürger ins Ausland gereist sind, um Terrorgruppen in Somalia, Syrien und Irak zu unterstützen und sich ihrem bewaffneten Kampf anzuschließen. Von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen blieben Schweden selbst und schwedische Ziele im Ausland jedoch verschont von dschihadistischen Terroranschlägen. Dies scheint sich nun zu ändern. Dem Terrorattentat in Brüssel könnten weitere folgen.“
Schnelle Rückführung radikalisierter Migranten
La Libre Belgique fordert ein härteres Durchgreifen gegen Radikalismus und irreguläre Migration:
„Die Region Brüssel muss schnell ein pragmatisches, entschlossenes und effizientes Integrationsprogramm einrichten. Zudem muss eine Person, die abgeschoben werden soll, unter Achtung unseres Rechtsstaats auch wirklich abgeschoben werden. Die belgischen und französischen Behörden dürfen sich nicht darauf beschränken, 'Karteikarten' über Radikalisierte zu erstellen. Unsere Nachrichtendienste müssen die Mittel bekommen, sie zu verfolgen, zu verhören und abzuschieben, wenn sie sich illegal hier aufhalten. Außerdem müssen die Brutstätten des Radikalismus neutralisiert werden, angefangen bei den Gefängnissen, aus denen manche Fanatiker noch entschlossener herauskommen.“
Diese Stadt ist außer Kontrolle
Brüssel hat ein Problem - nicht nur mit Terroristen, mahnt Jutarnji list:
„Obwohl es keine Terrorakte sind, sind Morde keine Seltenheit auf Brüssels Straßen. Abrechnungen unter Mafiosi finden dort häufig statt, vor allem in Vierteln wie Anderlecht. Die Polizei hat illegal Eingewanderte, deren Asylantrag in Belgien abgelehnt wurde, nicht unter Kontrolle und eine Verbesserung durch Abschiebungen erfolgt nicht. ... Dieser Angriff ist eine Mahnung, wie verwundbar Brüssel weiterhin ist, wenn es um die Gefahr des Terrorismus geht. Das zeigt sich am deutlichsten an den Bildern davon, wie die schwedischen Fans nicht nur aus dem Stadion begleitet werden, sondern aus ganz Belgien, als ob man sie aus einem Kriegsgebiet evakuieren müsste.“
Nicht mit Nahost-Eskalation vermischen
Polityka rät zu besonderer Umsicht bei der Einordnung:
„Auch wenn es sich bereits um den zweiten tödlichen Anschlag auf unserem Kontinent binnen einer Woche handelt, der mutmaßlich von einem radikalen Islamisten verübt wurde, sollte er mit Vorsicht kommentiert werden - vor allem im Hinblick auf den anhaltenden Konflikt zwischen Israel und der Hamas. Die EU versucht verzweifelt, ihr Profil auf der internationalen Bühne zu schärfen. ... Umso wichtiger ist es, konkrete Reaktionen nicht vorschnell mit Ereignissen im Rahmen völlig unterschiedlicher gesellschaftlicher Phänomene und Prozesse in Verbindung zu bringen.“