Visegrád-Gipfel in Prag: Droht die Spaltung?
In den letzten Jahren war es vorrangig Viktor Orbán, der mit seiner russlandfreundlichen Haltung in der Visegrád-Gruppe gegenüber Polen, der Slowakei und Tschechien für Unmut sorgte. Nun hat er im slowakischen Premier Robert Fico einen neuen Mitstreiter gefunden. Gleichzeitig sind Polen und Tschechien seit Donald Tusks Wahlsieg noch enger zusammengerückt.
Der Zusammenhalt ist nur noch künstlich
Sme sieht Visegrád als gescheitert an:
„Die Bühneninszenierung des Prager Briefings der Regierungschefs für die Presse war die kälteste seit vielen Jahren. Sie wirkte wie der feierliche Hinweis, dass da eine regionale Gruppe ohne elementare Übereinstimmung und mit tiefen Meinungsverschiedenheiten in der derzeit wichtigsten Sache besteht – nur noch künstlich, aus Trägheit und Gewohnheit, aber nicht nachhaltig und dauerhaft. Es ist unmöglich, das Thema Ukraine zu umgehen. Hier tut sich eine enorme Wertelücke zwischen der einen und der anderen V2 auf. Tusk und Fiala würden heute – selbst wenn sie es wollten – in der EU keine Partner finden, die wertemäßig weiter von ihnen entfernt sind als Orbán und Fico.“
Wenn jemand geht, dann Orbán und Fico
Polen und Tschechien werden trotz aller Meinungsverschiedenheiten vorerst weiter am Format festhalten, wie Respekt konstatiert:
„Natürlich ist es möglich, das gemeinsame Forum demonstrativ zu verlassen, und damit zu zeigen, wie sehr man sich von Orbán und Fico unterscheidet. Gleichzeitig gibt es für diese Momente ein Sprichwort: Wer den Besprechungsraum verlässt, muss eines Tages dorthin zurückkehren. Und deshalb ist es besser, mit beiden Männern Putins hart, offen und ohne die übliche diplomatische Vorsicht zu sprechen - wie es sowohl Fiala als auch Tusk in der nicht-öffentlichen Sitzung in Prag taten. Wenn jemand geht, dann die Premiers Orbán und Fico, wenn sie solche direkten Verhandlungen nicht ertragen können.“
Die V4 werden weiter gebraucht
Polityka glaubt an die Zukunft der Visegrád-Gruppe:
„Die Zusammenarbeit der V4 wird weitergehen, sich aber auch im Rahmen der EU und im Geiste der ersten Erklärung von 1991 fortentwickeln, deren liberale und pro-westliche Losungen heute Orbán, Fico oder Vertretern der ehemaligen PiS-Regierung nicht über die Lippen kämen. Polen sollte dieses Format geschickt nutzen, indem es dessen Potenzial in den EU-Strukturen wahrnimmt und es für die EU-Erweiterung um weitere Nachbarländer einsetzt. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass die Politik kein Machtvakuum duldet. Wenn wir das Feld aufgeben, wird es von der Konkurrenz, die nicht unbedingt besser ist, begierig besetzt. Es lohnt sich also, die V4 zu verändern, denn unsere Fundamente sind stark.“
Orbán passt nicht in die ECR
Der Gipfel hat die Lage Ungarns in der EU nicht verbessert, meint Népszava:
„Obwohl Viktor Orbán sagt, dass der Fidesz im nächsten EU-Parlament der Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformisten (ECR) beitreten will, könnten die Ereignisse der letzten Tage die Türen für die ungarische Regierungspartei endgültig verschlossen haben. ... Nicht einmal in einer rechtsradikalen Gruppierung würde eine Partei Platz finden, deren Premier sich weigert, Putin auf dem Visegrád-Gipfel als Kriegsverbrecher zu bezeichnen. ... Erst recht wollen die Abgeordneten der ODS-Partei des tschechischen Premiers Petr Fiala nach der schlechten Stimmung auf dem V4-Gipfel und den Äußerungen Orbáns in Prag nichts davon hören, in der gleichen Parteienfamilie wie diese ungarische politische Kraft zu sein.“