Was erwartet TikTok in den USA?
Das US-Repräsentantenhaus hat für einen Gesetzentwurf gestimmt, der die Zukunft der Social-Media-App TikTok infrage stellt. Um in den USA weiter zu existieren, müsste die Kurzvideo-Plattform dort den Eigentümer wechseln, da der Mutter-Konzern Bytedance als ein an die Weisungen der chinesischen KP gebundenes Unternehmen betrachtet wird. Als Nächstes wird sich der US-Senat mit dem Gesetz beschäftigen, wo die Zustimmung weniger sicher ist.
Ohne dieses Geschöpf wären wir besser dran
Avvenire wäre TikTok gern los:
„Welch Neid auf die USA, die TikTok vielleicht bald los sind! Die Gründe für das am Mittwoch im US-Repräsentantenhaus verabschiedete Gesetz betreffen die nationale Sicherheit: Die Parlamentarier trauen einer App nicht, die wie jedes chinesische Unternehmen Daten an die Kommunistische Partei weitergeben könnte. ... Aber es besteht der begründete Verdacht, dass die Anschuldigungen gegen TikTok fadenscheinig sind und dass Amerika vor allem den kalifornischen Riesen – Instagram, Facebook oder YouTube – helfen will, einen gefürchteten Rivalen loszuwerden. Jedenfalls ist die Verbindung zur chinesischen Regierung nur eines der Merkmale, die TikTok zu einem unappetitlichen Geschöpf machen, ohne das wir wahrscheinlich besser dran wären.“
Auch in anderen Bereichen aufwachen
Die USA brauchen noch ganz andere dringende Maßnahmen, mahnt The Times:
„Die von TikTok ausgehende Bedrohung ist nicht zu unterschätzen, die Bedenken scheinen berechtigt. Man stelle sich vor, eine von der Sowjetunion unterstützte Organisation hätte im ersten Kalten Krieg ein Unternehmen betrieben, das ähnlich tief in das Leben der Amerikaner eingriff. ... Man kann sich aber nur schwer der Schlussfolgerung erwehren, dass es in diesem Kalten Krieg der Umgang mit sozialen Medien ist – auf ganz verschiedene Art –, worauf sich die US-Politiker am besten verstehen. Eine ganz andere Sache sind hingegen harte Entscheidungen über höhere Steuern oder eine Kürzung der Sozialausgaben, wodurch das schwächelnde Militär gestützt werden könnte.“
Europa muss sich ebenfalls schützen
Dass nicht nur Washington, sondern auch Brüssel TikTok im Auge behalten muss, merkt La Croix an:
„Auf unserer Seite des Atlantiks ist der Konflikt zwar stiller, aber TikTok muss auch hier Rechenschaft ablegen. Die EU hat nämlich ein Gesetz verabschiedet, das die großen Plattformen dazu verpflichtet, die von ihnen verbreiteten Inhalte zu kontrollieren. ... Der Verbraucherschutz gehört zu den ihr von den Mitgliedsstaaten zugewiesenen Kompetenzbereichen. Aber die politischen Souveränitätsfragen sind genauso real wie in den USA. TikTok und andere soziale Netzwerke wie X oder Facebook sind Räume, in die feindliche Mächte eindringen, um die Meinungen, das Verhalten und die Wahlentscheidungen der Nutzer zu beeinflussen. Daher ist höchste Wachsamkeit geboten. Demokratien müssen sich schützen.“
Trumps Kehrtwende hat finanzielle Gründe
Warum der Ex-Präsident gegen ein TikTok-Verbot ist, erklärt France Inter:
„Eine Überraschung in diesem Fall war jedoch die Haltung von Donald Trump. Der ehemalige Präsident hatte während seiner Amtszeit vergeblich versucht, TikTok zu verbieten. Nun hat er jedoch eine plötzliche Kehrtwende hingelegt und sich gegen das Verbot ausgesprochen. Die Erklärung dafür ist einfach: Einer der großen finanziellen Unterstützer seiner Kampagne – und Trump braucht dringend Geld –, Milliardär Jeff Yass, besitzt 15 Prozent des Bytedance-Kapitals. Das entspricht 20 Milliarden US-Dollar und ist genug, um Donald Trumps Meinung zu ändern, sehr zum Missfallen seiner Anhänger im Kongress.“