Schwächelnder Autokonzern: Es brodelt bei VW

Europas größter Automobilhersteller Volkswagen schließt Standortschließungen und Stellenstreichungen auch in Deutschland nicht mehr aus. Die bisherigen Sparmaßnahmen könnten ein Abrutschen in rote Zahlen laut Vorstand nicht mehr verhindern. Betriebsräte und Gewerkschaften werfen dem Konzern Missmanagement vor: VW solle lieber auf konkurrenzfähigere Produkte setzen. Kommentatoren beleuchten verschiedene Ursachen der Misere.

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Kleine Zeitung (AT) /

Talfahrt trotz Gewinnsteigerung

Die Kleine Zeitung beleuchtet den Kern des Problems:

„Der Gewinn lag im Jahr 2023 mit 17,6 Milliarden Euro klar über dem Ergebnis von 2022. Andere würden von so einem Ergebnis eigentlich träumen. Wo liegt also das Problem? Es liegt viel, viel tiefer. Die Kernmarke VW kommt langsam in den roten Bereich, die Umsatzrendite ist unter drei Prozent auf 2,3 Prozent geschmolzen, die E-Mobilität, entfesselt durch und nach der Dieselaffäre, schwächelt. In China, dem wichtigsten Einzelmarkt, leidet man an der Kaufzurückhaltung und verliert an Gewinn.“

Neue Zürcher Zeitung (CH) /

Ineffiziente Produktion

Laut Neue Zürcher Zeitung macht die Konkurrenz vieles besser:

„Auch im externen Effizienzvergleich fällt VW ab: Während der globale Konkurrent Toyota im vergangenen Jahr mit 380 000 Mitarbeitern 11,2 Millionen Fahrzeuge verkaufte, benötigte Volkswagen 680 000 Mitarbeiter für 9,2 Millionen Einheiten. Das liegt nicht nur an Managementfehlern, sondern auch daran, dass der Konzern mit den sechs zentralen Werken und sieben weiteren Standorten in Deutschland zu teuer und mit zu vielen Mitarbeitern produziert, vor allem am Stammsitz in Wolfsburg. Dazu kommen Überkapazitäten, weshalb nun Werke zur Disposition stehen.“

Der Spiegel (DE) /

Die Autonation braucht eine neue Vision

Die VW-Malaise steht auch stellvertretend für Probleme des Industriestandorts Deutschland, meint der Spiegel:

„Die Arbeits- und Energiekosten sind höher als anderswo auf der Welt, selbst europäische Industriestandorte wie Italien oder Frankreich sind preiswerter. ... Bislang waren es vor allem Zulieferer wie Continental oder ZF, die ankündigten, hierzulande Stellen abzubauen und Fabriken dichtzumachen. Nun kommt die Krise mit voller Wucht bei VW an, dem größten Industriearbeitgeber des Landes. Die Konzernbosse in Wolfsburg sind mittlerweile offenbar aufgewacht. Aber ist es auch die Politik in Berlin? ... Die Autonation braucht eine Vision. Wohin will sie in den nächsten Jahren steuern? Welchen Mehrwert kann der Standort noch bieten? Auch die Bundesregierung ist dabei gefordert.“

wPolityce.pl (PL) /

Europa hält nicht mit

Auf Mängel in der gesamten Branche weist wPolityce hin:

„Die Probleme von VW sind nur ein Beispiel für die allgemeine Lage der Automobilindustrie in Europa. Sie ist schwierig, allein schon wegen der steigenden Energiekosten (auch angeheizt durch die russische Aggression gegen die Ukraine). Ein weiteres Problem ist die starke Konkurrenz aus Asien und den USA – insbesondere bei Elektroautos. Die europäischen Unternehmen sind trotz massiver Investitionen in die Umstrukturierung ihrer Produktion nicht in der Lage, kostengünstige Elektroautos auf den Markt zu bringen, die den Absatz ankurbeln könnten. Die Angst vor einer Überschwemmung des Marktes durch chinesische Unternehmen ist so groß, dass die EU-Kommission im Juli Strafzölle beschlossen hat.“

Večernji list (HR) /

Das sind die echten Probleme

Diese Krise ist viel bedeutsamer als zum Beispiel die Ergebnisse der Landtagswahlen, findet Večernji list:

„Die Nachricht vom wirtschaftlichen Beben und den negativen Veränderungen in der deutschen Automobilindustrie sind wichtiger als das Ergebnis einzelner Parteien bei Wahlen. ... Deutschland kann wieder mal Beispiel für uns sein. Wenn wir über einzelne Themen in Kroatien nachdenken, wie zum Beispiel die jugoslawische Flagge beim Konzert von Bijelo dugme oder den nationalistischen Symbolen bei Konzerten von Thompson, sollte man daran denken, dass parallel zu diesen Diskussionen das wahre Leben stattfindet. Für alle in Kroatien und Deutschland wäre es besser, wir reduzieren die politische Panik und erhöhen die wirtschaftliche.“