Asyl: EU-Gipfel ringt um gemeinsame Haltung
Bei ihrem Gipfel in Brüssel wollen die 27 Staats- und Regierungschefs der EU eine gemeinsame Linie in der Migrationspolitik finden. Bislang streiten die Länder darüber, wie sinnvoll verschärfte Maßnahmen wie Grenzkontrollen und die Auslagerung von Asylverfahren sowie die Alleingänge einzelner Mitgliedsstaaten sind. Auch Kommentatoren argumentieren sehr unterschiedlich.
Momentum nutzen, um einen Schritt weiterzukommen
Die Kleine Zeitung pocht auf Einigkeit:
„Die Reaktion der EU-Länder ist so, wie sie immer ist: ein heilloses Durcheinander, ein erbärmliches Bild. … Das Momentum, in der Asylfrage nun tatsächlich einen großen Schritt weiterzukommen, ist so groß wie nie. Die Kunst ist, reguläre von irregulärer Migration zu trennen, nicht den Populisten das Feld zu überlassen, die am liebsten alles kippen würden, und einen effizienten Ausweg aus der fehlgeleiteten Asylpolitik zu finden. Je mehr Einzelgänge es gibt, desto schwieriger wird das. Die Grenzsperren in halb Europa sind, auch wenn sie oft nur auf dem Papier bestehen, Ausdruck von Hilflosigkeit. Das Asylproblem wird dem Nachbarn über den Zaun geworfen, statt eine gemeinsame Lösung zu finden.“
Nachzügler auf Kurs bringen
Die EU braucht in der Flüchtlingspolitik eine einheitliche Linie, drängt Le Figaro:
„Die Italienerin Giorgia Meloni ist dabei, sich als Vorbild durchzusetzen: Deutsche, Franzosen, Schweden und sogar der britische Labour-Premier Keir Starmer beobachten mit Interesse den Start ihres Albanien-Experiments: die Eröffnung von Aufnahmezentren, um dort Asylanträge zu prüfen. … Nur der spanische Sozialist Pedro Sánchez stellt noch eine Ausnahme dar. Doch wie lange noch? Die Ankünfte illegaler Einwanderer, die in Italien innerhalb eines Jahres um 60 Prozent zurückgegangen sind, haben bei ihm ebenso stark zugenommen. Das sollte die EU dazu veranlassen, ihre Schwäche zu überwinden: die Schwierigkeit, gemeinsam voranzuschreiten, um effizient zu sein.“
Harter Grenzschutz ist nicht unmenschlich
Für die Welt bewegen sich die Dinge endlich in die richtige Richtung:
„EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen kündigte eine Offensive an, um die Herkunftsländer stärker zur Rücknahme der Migranten zu bewegen. Parallel beobachten die EU-Staaten die Initiative von Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni sehr genau, Asylverfahren nach Albanien zu verlagern. Dort kommen aktuell die ersten Migranten an. Zehn Jahre nach der Flüchtlingskrise beginnt die EU zu verstehen, dass harter Grenzschutz und konsequente Asylverfahren nicht unmenschlich sind. Im Gegenteil: Sie sind der Weg, jenen Menschen Schutz zu gewähren, die ihn wirklich benötigen. Nur dann ist es möglich, die Akzeptanz für das Recht auf Asyl zu erhalten.“
Die Fakten zeigen eine ganz andere Realität
Es gibt keine Migrationskrise, betont El País:
„Es gibt keine Dringlichkeit oder Ausnahmesituation: Laut Frontex-Daten ist der Zustrom irregulärer Migranten in der EU leicht rückläufig. ... Die Zahlen erzählen eine Geschichte, aber das politische Narrativ geht in die andere Richtung, vorgegeben von den extrem rechten Parteien. ... Europa hat alles andere als eine Migrationskrise, aber der politische Wind dreht sich und der harte Diskurs gewinnt an Boden, trotz der Tatsache, dass Europa Migranten braucht wie Nahrung. ... Früher haben wir über Rechte und wirtschaftliche Gründe diskutiert, jetzt geht es in der Migrationsdebatte um Sicherheit. ... Offene Grenzen sind nicht mehr ein Symbol für Freiheit, sondern für Unsicherheit.“
Eine Verzweiflungstat
Europa handelt aus Panik, befürchtet La Vanguardia:
„Schengen ist tödlich verwundet. Internierungslager sind eine Verzweiflungstat. ... Die Angst vor Migranten hat zum Aufstieg extrem rechter Parteien in Finnland, Schweden, Dänemark, Österreich, den Niederlanden, Frankreich und Spanien geführt. ... Europa ist in Panik geraten, weil es die Anwesenheit derjenigen, die neue Horizonte suchen, um Armut, Verfolgung und Kriegen zu entkommen, gefühlsmäßig nicht verarbeitet.“
Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg
Die Auslagerung von Asylverfahren ist keine Lösung, findet Irish Examiner:
„Investitionen in Maßnahmen, die einen effektiven Zugang zu Asyl und die würdige Aufnahme und Integration innerhalb der EU gewährleisten, würden hingegen einen Unterschied machen. ... Die humanitäre Krise in der Ukraine hat gezeigt, dass die Migrationsherausforderung der EU kein numerisches Problem ist. Die EU war in der Lage, mehr als vier Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen, weil der politische Wille dafür vorhanden ist.“