Merkels Krisentreffen mit Putin in Berlin
Erstmals seit 2012 hat Russlands Präsident Putin Bundeskanzlerin Merkel in Berlin besucht. Gemeinsam mit den französischen und ukrainischen Präsidenten einigten sie sich auf einen Maßnahmenplan für die Ostukraine. Merkel kritisierte Russlands Vorgehen im Syrien-Krieg als "unmenschlich". Ohne strategische Vision bleiben Europas Regierende zahnlos gegenüber Putin, bemängeln Beobachter.
Putin lässt sich von Europa nichts vormachen
Ohne strategische Vision kann Europa keine erfolgreichen Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten führen, erklärt Le Figaro:
„Zwar treibt es Wladimir Putin mit seinen Interessen und seinen Kampffliegern sehr weit, doch beweist er auch unleugbare strategische Fähigkeiten. Bislang hat er stets gewusst, wie weit er gehen darf. Er bricht die Verbindungen nicht ab, spielt aber mit den Meinungsverschiedenheiten zwischen den Regierungen. Und sorgt innerhalb der Staaten für Chaos im Wahlkampf. Die Europäer spielen auf Zeit. Härtere Sanktionen? Weniger Sanktionen? Eine endlose Debatte. So kann der französische Außenminister nur an die 'politische und moralische Stärke' seiner Amtskollegen appellieren. Putin lässt sich davon allerdings nicht beeindrucken, da er genau darin den wunden Punkt Europas ausgemacht hat. ... Wollen die Europäer wirksame Gespräche mit ihm führen, müssen sie zu zwei Dingen zurückfinden: zu einer strategischen Vision und zum Glauben an ihre Werte.“
Sinnloses Gipfeltreffen
Ernüchtert fragt sich Delo, wozu solche Treffen überhaupt stattfinden:
„Da man schon vor dem Treffen nicht nur in Moskau, sondern auch in Berlin vorsorglich darauf hingewiesen hat, dass beim Treffen kein ernsthafter Forstschritt zu erwarten sei, fragt sich so mancher, warum sich die Staats-und Regierungschefs dann überhaupt treffen. Es gibt mindestens einen guten Grund: So lange über Frieden gesprochen wird, gibt es weniger Zeit an Krieg zu denken. Doch der Erfolg derartiger Gespräche ist ungewiss; zumindest so lange bis nicht auch alle internationalen Akteure in die Verhandlungen einbezogen werden.“
Gespräche mit Russland sind unerlässlich
Das Treffen von Merkel und Putin ist ein Hoffnungsschimmer, freut sich der Tages-Anzeiger:
„Es ist gut, dass in Berlin wenigstens wieder geredet wird. Und es ist gut, dass die Einladung zum Dialog von Merkel stammt. Denn Putin weiss, dass er mit der Kanzlerin zwar reden und feilschen kann, dass sie aber ihre eigenen Grundsätze nicht preisgeben wird. Denn Dialog mit Russland kann nicht heissen, dem Kreml alles zu geben, was er will. Die Annexion der Krim, die Einmischung in der Ukraine und das eigenmächtige Vorgehen in Syrien darf der Westen nicht einfach hinnehmen. Doch man kann wie Merkel versuchen, Auswege aus der Sackgasse zu finden und etwa Erleichterungen für die geplagte Zivilbevölkerung zu erwirken. Bisher hat der Westen im Umgang mit Russland vor allem auf Sanktionen gesetzt, derzeit werden sogar neue Strafmassnahmen diskutiert. Doch mehr als zwei Jahre nach deren Verhängung muss man zum Schluss kommen, dass sie nicht die erhoffte Wirkung zeigen.“
Kriegsverbrecher gehören vor Gericht
Merkel will beim Treffen mit Putin auch den Krieg in Syrien thematisieren. Nur reden und ermahnen bringen aber nichts, findet der Journalist Cristian Unteanu auf seinem Blog bei Adevărul:
„Was macht die internationale Gemeinschaft? Sie empört sich, sie ist entsetzt, sie verurteilt. Sie schreibt Berichte. Sie verteilt diplomatische Botschaften. Vergeblich, absolut vergeblich. Sie hat keine andere Wahl, als auf harte Sanktionen gegen Russland zurückzugreifen. Sie muss die aktuellen Sanktionen verlängern, oder gar ausbauen. Und um eine Sache ergänzen: um die Anklage wegen Kriegsverbrechen gegen das Damaskus-Regime und dessen Alliierte, allen voran Russland, so wie es am Montag auch die Außenminister bei ihrem Treffen in Luxemburg festgelegt haben. Wann, wo und wie beginnt das internationale Strafverfahren für die Schuldigen? Denn wenn auch jetzt nichts unternommen wird, wird der Präzedenzfall - vorsätzlich und exzessiv Gewalt anzuwenden - wiederholt.“