Rassismus-Vorwürfe gegen Kölner Polizei
Als Reaktion auf die Silvesternacht vor einem Jahr hat die Polizei in Köln in der Nacht zum 1. Januar gezielt Hunderte Männer überprüft, die in den Augen der Beamten nordafrikanisch aussahen. Dies hat Kritik mehrerer Politiker hervorgerufen und eine Debatte um mögliches Racial Profiling ausgelöst. Dass Deutschland das Thema so stark diskutiert, finden auch Kommentatoren aus dem Ausland interessant.
Differenziert über Rassismus reden
Für einen differenzierten Blick auf die Polizeiarbeit plädiert Kolumnistin Margarete Stokowski auf Spiegel Online:
„Zwischen 'Die Polizei besteht ausschließlich aus Heldinnen und Helden' und 'Die Polizei ist rassistisch und verdächtigt unschuldige Nordafrikaner' gibt es noch die Möglichkeit, dass die Kölner Polizei es erfolgreich geschafft hat, die Menge von Verbrechen weitaus niedriger zu halten als im letzten Jahr, aber gleichzeitig möglicherweise zumindest in Einzelfällen auch ein Problem mit Rassismus hat. ... Falls es Rassismus bei der Polizei gibt, dann äußert er sich - wie beim Rest der Gesellschaft - nicht allein in einer falschen Wortwahl, die man bloß korrigieren müsste, sondern ist tief verankert und möglicherweise auch unbewusst. Es gibt nicht erst seit Silvester Berichte, die nahelegen, dass in Deutschland etwas stattfindet, das für Betroffene ziemlich klar nach Racial Profiling aussieht, aber von der Polizei natürlich nicht so benannt wird, weil es verboten ist. Wir wären dann jetzt wohl so weit, darüber zu reden.“
Nicht alles gefallen lassen
Die Debatte über den Polizeieinsatz in der Kölner Silvesternacht deutet für Delo einen Umbruch in Deutschland an:
„Das bisherige menschenfreundliche Behandeln von Vergehen - der Versuch, die Täter zu verstehen und ihnen zu helfen - knickt in Deutschland ein unter der Last der eingeführten Gewalttäter aus kulturell und religiös anderen Welten. Auf eine Weise ist das traurig, waren die Erben des schrecklichen Naziregimes bisher gerade deshalb besser, weil sie ihre repressiven Organe hinterfragt haben. Doch besteht siebzig Jahre später das Problem in der Anwesenheit anderer 'Kulturen', deshalb sind neue Definitionen von Sicherheit notwendig. ... Deutschland und der Rest Europas können den Großteil dessen erhalten, was sie menschlicher und zivilisierter macht, keinesfalls jedoch dürfen sie zulassen, dass ihrer Wohltätigkeit ins Gesicht gespuckt wird.“
Deutschland leidet unter Gehirnwäsche
Politiker wie die Chefin der deutschen Grünen, Simone Peter, öffnen dem Terrorismus Tür und Tor, ereifert sich Kommentator Zsolt Bayer in der nationalistischen Tageszeitung Magyar Hírlap:
„Peter wirft der Polizei in Köln tatsächlich Rassismus vor! Sie sollte lieber den Mund halten! Ich klage Simone Peter und alle gleichgesinnten Schurken an! Sind doch sie die Hauptverantwortlichen für den heutigen infernalischen Zustand Europas. ... Simone Peter und Konsorten ermutigen und schützen die Apostel des Terrors. Sie opfern Menschenleben auf dem Altar der inzwischen völlig unbedeutenden 'Menschenrechte'. ... Ich werfe diesen Schurken vor, durch ihre öffentlichen Amokläufe die Arbeit der Ordnungshüter zu behindern. Die europäischen Gesellschaften - vor allem die deutsche Gesellschaft, die die größte Gehirnwäsche erfahren hat - sollten aus ihrem Dornröschenschlaf endlich aufwachen!“
Die gute Nachricht wurde sogleich vergessen
Verärgert über die Debatte, die der Polizeieinsatz in der Kölner Silvesternacht ausgelöst hat, zeigt sich die Wiener Zeitung:
„Wenn es ein wirklich beunruhigendes Omen gibt, dass sich das unglückselige Jahr 2016 nahtlos fortsetzt, dann ist es exakt diese Diskussion. Denn die gute und tatsächlich relevante Nachricht, dass ansonsten alles friedlich blieb, war am Montag schon wieder vergessen. Nur schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten. Dabei versuchten die Behörden, den vorhersehbaren Geist der Empörung schnell wieder in die Flasche zurückzukriegen. Die Verwendung des Begriffs ['Nafri' für Nordafrikaner in einem Tweet der Kölner Polizei] wurde umgehend als Fehler bezeichnet und gleichzeitig der Vorwurf rassistischen Vorgehens, wie er von der Chefin der deutschen Grünen erhoben wurde, entschieden zurückgewiesen. Es ist naheliegend, dass, wenn fast alle Verdächtigen eines Delikts aus demselben Kulturkreis stammen, die Polizei auf solche Personen ein besonderes Auge wirft.“
Unter Schock verändert sich das Denken
Für Le Temps ist die Diskussion über den Polizeieinsatz und mögliches Racial Profiling ein Hinweis darauf, welche Debatten Europa bevorstehen:
„Man kann das Problem drehen und wenden, wie man will: Man muss sich daran gewöhnen, dass sich die Denkweisen verändern, die unsere offenen Gesellschaften geleitet haben, solange sie nicht unter dem Schock standen, dem sie nunmehr ausgesetzt sind. Auch muss man begreifen, dass die westlichen Bürger heute vielleicht Ordnung und Sicherheit einer Auffassung von uneingeschränkter Freiheit und Gleichheit vorziehen. Silvester 2017 in Köln gibt uns einen Vorgeschmack auf die Debatten, die uns erwarten und die sich zuspitzen werden, überall in Europa und auch in der Schweiz.“
Der Staat zeigt Flagge
Endlich hat der Staat effektiv durchgegriffen, um die Bürger vor Gewalttätern zu schützen, lobt Die Welt:
„Silvester 2016 war friedlicher als 2015. ... Friedlicher war es, weil der Staat endlich einmal unübersehbar Vorsorge bei der inneren Sicherheit getroffen hat. Er zeigte Präsenz. Er kontrollierte Jugendgruppen, weil diese sich verdächtig benahmen, nicht weil sie verdächtig aussahen. Der Staat tat in diesem Fall etwas, das er im Fall Anis Amri nicht getan hatte. Er stufte bloße Anzeichen latenter Aggressivität bereits als Indiz für eine mögliche Tatabsicht ein. Solche Jugendliche verwies er des Platzes, kontrollierte ihre Identität und behielt sie in manchen Fällen in Gewahrsam, bis diese Identität zweifelsfrei feststand. Wäre das bei Amri genauso geschehen, hätten die Opfer vom Breitscheidplatz ebenfalls 2016 Silvester feiern können.“
Polizei schert sich nicht um Unschuldsvermutung
Eine Vorverurteilung aufgrund von Hautfarbe und Herkunft erkennt die taz und macht der Polizei dies zum Vorwurf:
„So problematisch die Sonderbehandlung für die nordafrikanischen Migranten war: In diesem Jahr gab es dazu wenige Alternativen. Ein Szenario wie in der Silvesternacht 2015 musste verhindert werden, denn der Staat darf es nicht hinnehmen, dass öffentliche Orte zu Angsträumen werden. Die Polizei wäre überfordert gewesen, jeden Einzelnen individuell im Blick zu behalten. Also hat sie auf psychologische Abschreckung gesetzt, indem sie vorsorglich kontrollierte. Wichtig ist bei einem solchen Verfahren jedoch, die Unschuldsvermutung zu betonen. Genau dies hat Polizeipräsident Jürgen Mathies aber nicht getan. Er erklärte, man habe 150 Schwarzafrikaner im Bahnhofsumfeld beobachtet, ohne zu erwähnen, was diesen Menschen angelastet wurde. Damit erzeugt er den Eindruck, schon die Hautfarbe sei ein Vorwurf. Diesen Anschein muss die Polizei unbedingt vermeiden.“