Macrons Annäherung an Russland
Emmanuel Macron hat eine neue Russlandpolitik der EU angemahnt und möchte das russische Angebot eines Moratoriums für Mittelstreckenraketen prüfen. Die Nato hatte dies bisher abgelehnt. Kommentatoren sind überhaupt nicht begeistert vom Vorstoß des französischen Präsidenten.
Paris spaltet Nato und EU
Macron vollzieht einen bündnispolitischen Amoklauf, schimpft der Deutschlandfunk:
„Macron will offensichtlich ohne Rücksicht auf seine Partner in Nato und Europäischer Union das Verhältnis zu Putin normalisieren, ohne dass dieser auch nur ein einziges Zugeständnis gemacht hat. Es ist an Putin, seine internationale Glaubwürdigkeit wieder herzustellen, nachdem er sie durch seine aggressive Außen- und Sicherheitspolitik massiv beschädigt hat. Es ist richtig, dass Kanzlerin Merkel darauf hingewiesen hat, dass eine Verteidigung Europas ohne die Nato nicht möglich ist, und die skandinavischen und osteuropäischen Staaten stimmen dem vehement zu. Ihnen ist die forcierte Annäherung Macrons an Putin ein Graus. So spaltet die Außenpolitik Macrons die Nato und die Europäische Union.“
Neue Distanz zu den USA
Macrons Nähe zu Russland beunruhigt Ukrajinska Prawda ebenso wie die Distanz zu den USA:
„Bisher waren sich alle Nato-Mitglieder einig: Putin beendete den [INF-] Vertrag, denn es war Moskau, das sich nicht mehr an ihn hielt. Und so befürworteten alle Nato-Mitglieder die Entscheidung der USA, aus einem Vertrag, der nicht eingehalten wird, auszusteigen. Aber jetzt hat der Präsident von Frankreich seine Meinung geändert. Zwar ist er auch der Auffassung, dass Russland gegen diesen Vertrag verstoßen habe, beschuldigte dann aber Trump der gedankenlosen Zerstörung des Abkommens.“
Angst an der Ostflanke
Für Gândul ist nun Trump gefragt, um die Gemüter zu beruhigen:
„Wie werden die baltischen Staaten und Polen auf die Erklärung Macrons reagieren? Wird Rumänien, das ebenso direkt betroffen ist, einen Standpunkt haben? Es bleibt abzuwarten, welche Zusicherungen der US-Präsident Polen, Rumänien und den baltischen Staaten bei einem Arbeitsessen machen wird und ob es dem Anführer im Weißen Haus gelingt, die Ängste, die der französische Präsident an der Ostflanke mit seinen Behauptungen entfacht hat, abzuschwächen.“
Merkels schwacher Abgang
Der Streit zwischen Macron und Merkel wird auf internationaler Ebene ausgetragen, dabei ist das Drama ein innerdeutsches, glaubt Berlin-Korrespondentin Tonia Mastrobuoni in La Repubblica:
„Natürlich ist die derzeitige Scheidung zwischen zwei strategischen Partnern wie Paris und Berlin ein Drama für den gesamten Kontinent. Doch vor allem - und noch schlimmer - macht Macrons starkes Auftreten die verheerende Lähmung der vierten und letzten Regierungszeit Merkels deutlich. Eben jener Regierungsperiode, die im Zeichen des Vermächtnis stehen sollte, des Erbes für Europa, und welche sich nun auf dieser Ebene als die am wenigsten ehrgeizige erweist. Merkel wird von einer durch innere Fehden zerrissenen CDU und von einer epochalen Identitätskrise gelähmt, die ihre designierte Erbin Annegret Kramp-Karrenbauer zu stürzen droht.“