Erdoğan kündigt Syrien-Gipfel an
Der türkische Präsident hat vergangenen Samstag ein Treffen am 5. März angekündigt, auf dem er mit Russland, Deutschland und Frankreich über die Lage in der umkämpften syrischen Provinz Idlib sprechen will. Er fordert von Berlin und Paris, aber auch Moskau konkrete Maßnahmen, um eine humanitäre Katastrophe in Idlib zu verhindern. Ob und wie das noch gelingen kann, fragt sich auch Europas Presse.
Ankara braucht politische Unterstützung
Für die taz steht Erdoğan mit dem Rücken zur Wand:
„Die Assad-Truppen treiben immer mehr Menschen in die Flucht. ... Erdoğan [muss] nun unbedingt dafür sorgen, dass es eine Schutzzone für die Flüchtlinge auf der syrischen Seite der Grenze gibt. Doch dafür müssen Putin und letztendlich auch dessen Verbündeter Assad dem Ansinnen zustimmen, wenigstens einen kleinen Teil von Idlib als Massenflüchtlingslager unangetastet zu lassen. Militärisch kann Erdoğan diese Zustimmung trotz allen Säbelrasselns nicht erzwingen. Er müsste sich in letzter Konsequenz mit dem russischen Militär anlegen, und das wäre politischer und militärischer Selbstmord. Deshalb braucht der türkische Präsident jetzt ganz dringend politische Unterstützung.“
Europa muss mehr Druck machen
Die EU sollte ihre wirtschaftliche Macht nutzen, um ein Ende der Kämpfe in Idlib zu erzwingen, fordert The Irish Times:
„Die Türkei und Russland haben es als Hauptakteure in der Hand, die Krise zu beenden. Doch bisher haben sie gezeigt, dass ihnen das Wohlergehen der drei Millionen Zivilisten in Idlib weniger wichtig ist als ihre eigenen strategischen Interessen. ... Die europäischen Mächte haben auch Einfluss, denn sie sind in der Lage, schlagkräftige Sanktionen zu verhängen. Von diesen würde sich Russland ja gerne befreien. Außerdem wird die EU am Wiederaufbau Syriens beteiligt werden müssen. Nachdem die USA die Bühne verlassen haben, muss Europa aufstehen, sich der Türkei und Russland stellen und die Zivilbevölkerung von Idlib in deren Stunde der größten Not verteidigen.“
Die Türkei hat diesen Krieg bereits verloren
Der Preis für Ankaras Militäreinsatz in Idlib steht in keinem Verhältnis mehr zur tatsächlichen Situation, klagt das Internetportal Artı Gerçek:
„Die türkischen Soldaten kämpfen auf syrischem Boden Schulter an Schulter mit dschihadistischen Banden, ohne zu wissen, für was oder wen, und warten quasi auf den Tod. ... Die Forderung des [türkischen Präsidenten-] Palastes, Russland solle den syrischen Kräften ihre Unterstützung entziehen, wurde zurückgewiesen. Der Kreml wird Damaskus' Operationen wohl weiterhin unterstützen. ... An diesem Punkt gewinnt an Bedeutung, dass Ankara in Syrien eine Kriegspartei ist, und als solche zählt es zu den Verlierern. Weil alle Ressourcen des Landes mobilisiert werden, verschärft sich mit den Kriegsausgaben die Wirtschaftskrise, und junge Menschen geraten in einem bedeutungslosen Krieg ins Visier.“