Die Slowakei wählt: Noch ein Rechtsruck in Europa?
Am morgigen Samstag wählt die Slowakei ein neues Parlament. Der Regierungspartei Smer hat der Skandal um den Mord am Journalisten Ján Kuciak deutlich zugesetzt. Profitiert haben Rechtsradikale und Populisten, darunter die konservative Protestpartei Oľano ("Ordinary People"), die in jüngsten Umfragen gar am besten abschneidet. Europas Presse lotet die Folgen der vermuteten Stimmverteilung aus.
Protestwahl kann vom Regen in die Traufe führen
Die Slowaken sollten bei der Wahl am Samstag nicht die Fehler der Tschechen wiederholen, warnt der Prager Autor Luboš Palata in einem Gastkommentar in Sme:
„Vor sieben Jahren wollten wir Tschechen die korrupten 'traditionellen' Parteien loswerden. Wir haben mit Andrej Babiš einen Milliardär mit einem unglaublich großen Interessenkonflikt gewählt, einen Mann, der die Demokratie nicht versteht, ja, der sie hasst. Er verwaltet und finanziert seine Partei wie eine seiner Tochtergesellschaften. Die Parteimitglieder sind bestenfalls seine Angestellten. Babiš schien die Lösung unserer tschechischen Krise zu sein - aber wir kamen vom Regen in die Traufe. ... Natürlich braucht die Slowakei eine sehr grundlegende Veränderung. Aber eine bloße Veränderung führt noch nicht zu einer Verbesserung.“
Anstand und Teilhabe sind jetzt das Wichtigste
Sollte die gesammelte liberale Opposition die Wahlen gewinnen, könnte ihr Regierungsprogramm ganz einfach aussehen, meint Sme:
„Es geht nicht um etwas extrem Komplexes oder die Quadratur des Kreises. Es geht um ein Programm der vollständigen Erneuerung nach der Ära Fico, um die Garantie einer demokratischen Entwicklung, um Rechtsstaatlichkeit für alle, Freiheit, Anstand und Solidarität. Um den Schutz der Minderheiten und um Gewaltenteilung. Um einen Staat, der nicht für Oligarchen und ihre Netzwerke zur bisherigen Regierungspartei Smer da ist, sondern für die Bürger. Erst ein solches Kabinett kann eine entscheidende Wende bewirken. Das ist nicht trivial und nicht wenig angesichts des derzeitigen Desasters. Wenn man sich Fico und Konsorten oder die Nachbarn Orbán, Kaczyński und Babiš ansieht, wäre das für die Slowakei ein erstaunlicher Erfolg.“
Rechtsradikale womöglich Smers einzige Chance
Eine Zusammenarbeit von Sozialdemokraten und Rechtsradikalen ist nach den Wahlen am Sonntag nicht mehr ausgeschlossen, fürchtet der Publizist Jurij Pantschenko in Ukrajinska Prawda:
„Für [sozialpolitische] Änderungen wollten Abgeordnete der rechtsradikalen L'SNS gemeinsam mit der bisherigen Regierungspartei Smer stimmen. ... Und den Führer der L'SNS, Marian Kotleba, kann man mit Fug und Recht einen Faschisten nennen. ... Bei der aktuellen Konstellation könnte die Bildung einer Koalition mit ultrarechten Parteien die einzige Chance für die Smer-Partei sein, ihre Macht zu behalten. ... Eine Koalition mit der Partei von Kotleba wäre eine echte Katastrophe. Diese Partei agiert mit offen fremdenfeindlichen Parolen.“
Es droht ein Riss im Visegrád-Bündnis
Die Wahl gefährdet die Einheit der vier Visegrád-Staaten, warnt WPolityce.pl:
„Aus polnischer Sicht ist das Wahlergebnis unseres südlichen Nachbarn aus einem Grund besonders wichtig. Für einige politische Kommentatoren, insbesondere im Westen, gilt die Slowakei als schwächstes Glied der Visegrád-Gruppe. Einige Parteien dort halten Abstand zu den V4, insbesondere zu den aktuellen Regierungen in Warschau und Budapest. Das Wahlergebnis bringt den bestehenden Zusammenhalt unseres mitteleuropäischen Bündnisses in Gefahr. Hoffentlich passiert das nicht. Das Beispiel Kroatiens, das nach den letzten Präsidentschaftswahlen nicht mehr als Lokomotive der Drei-Meere-Initiative auftritt, dürfte uns eine Warnung sein.“