Corona: Wer zahlt die Rechnung?
In den meisten Ländern Europas hat die Politik Notfallprogramme in der einen oder anderen Form aufgelegt, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise abzumildern. Aber wird für alle Menschen das Mögliche getan, und funktionieren die Programme? Kommentatoren sind skeptisch.
Kultur und Medien beispringen
Welche Bedeutung einige Branchen für die Bürger haben, spiegelt sich leider nicht in den staatlichen Hilfsprogrammen, bedauert Journal Económico:
„Da Kultur der höchste Ausdruck eines gemeinsamen nationalen Lebens ist, muss sie mit dem gleichen Engagement wie der Rest der Wirtschaft erhalten werden. Ironischerweise sind es Kulturschaffende, die uns in der Zeit der Isolation am meisten begleitet haben. ... Im Grunde ist es ein bisschen wie mit den Medien: Die Regierung und andere Behörden, einschließlich der Gesundheitsbehörden, sind darauf angewiesen und vertrauen darauf, dass die Medien den Bürgern wichtige Informationen liefern. ... Sie lassen jedoch zu, dass der Sektor allmählich zerfällt und werfen Rettungsbojen von 15 Millionen zu, die ihn gerade so über Wasser halten, während der Sturm, den wir erleben, uns mit noch nie dagewesenen Wellen trifft.“
Ein Viertel der Beschäftigten alleingelassen
In Österreich fühlen sich Kleinstunternehmen im Stich gelassen. Der Falter kann verstehen, warum:
„Von zwei Milliarden Euro hat die Wirtschaftskammer (WKO), die den Härtefallfonds für die Regierung abwickelt, bisher aus der ersten Phase 121 Millionen Euro freigegeben. Über die Auszahlung aus der seit 20. April laufenden Phase II schweigt sie sich aus. Unklar bleibt, warum überhaupt die WKO die Anträge abarbeitet. … Doch die Lobbyanstalt als Abwickler ist nicht das größte Problem des Fonds, sondern die mickrigen Summen in Höhe eines Maximalbetrags von 6000 Euro für drei Monate. Zum einen. Und dass nicht einmal diese Mittel da ankamen, wo sie gebraucht worden wären. ... [M]it den EPU und Kleinstunternehmen lässt Türkis-Grün ... rund 490.000 Betriebe ... allein auf stürmischer See. Diese Gruppe beschäftigt immerhin ein Viertel aller Menschen und erwirtschaftet knapp ein Fünftel der Wertschöpfung.“
Mehrwertsteuersenkung für Gaststätten ist sinnlos
Die bulgarische Regierung hat eine Senkung der Mehrwertsteuer für Gaststätten von 20 auf 9 Prozent angekündigt. Sega zweifelt, dass diese Maßnahme etwas bringt:
„Wenn die Idee dahinter ist, den Konsum anzukurbeln, wird sie wohl kaum aufgehen. Zum einen, weil die Kapazität der Restaurants schon aufgrund der Abstandsregeln geringer sein wird. … Zum anderen, weil die Verbraucher auch in Zukunft Orte mit vielen Menschen meiden werden, aus Angst sich anzustecken. Entscheidend sind hier nicht die Preise, sondern das Sicherheitsgefühl der Verbraucher. … Wenn die Idee ist, die Betreiber finanziell zu unterstützen, wird das ebenso wenig funktionieren, weil die Mehrwertsteuer eine Verbrauchssteuer ist und sich nicht direkt auf den Gewinn der Betreiber auswirkt.“
Die Pandemie setzt Frauen besonders zu
Wirtschaftsexpertin Greta Ilekytė warnt auf Alfa vor den Folgen des Lockdowns für Frauen:
„Im Angesicht der Pandemie ist die wirtschaftliche Lage der Frauen viel schlechter als die der Männer. ... Seit Anfang März ist [in Litauen] die Arbeitslosigkeit unter den Frauen etwa um ein Fünftel gestiegen, unter den Männern um 14 Prozent. … Aber die dunkle Seite der Quarantäne zeigt sich den Frauen nicht nur durch den Verlust von Einnahmen. Litauens Polizei registriert bei den Fällen häuslicher Gewalt einen Anstieg von etwa 20 Prozent. Der Staat sollte daher bei den Maßnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft nicht nur auf Geringverdiener Rücksicht nehmen, sondern sich eingestehen, dass Männer und Frauen unterschiedliche Maßnahmen brauchen, damit der durch die Pandemie ausgelöste Sturm bewältigt werden kann.“
Nicht im gleichen Boot, nur im gleichen Sturm
Die Armen werden in der Corona-Krise im Stich gelassen, beklagt die sozialdemokratische Abgeordnete Tamara Funiciello in ihrer Kolumne in der SonntagsZeitung:
„Es sind beschämende Bilder: Zweieinhalbtausend Menschen harren stundelang in einer Warteschlange von über einem Kilometer. Für einen Sack mit Grundnahrungsmitteln wie Nudeln, Reis und Öl. Letztes Wochenende. In Genf. ... Wo aber bleibt die 'Taskforce Armut'? ... Wir sitzen nicht alle im gleichen Boot – wir sind nur im gleichen Sturm. Einige wenige sitzen dabei auf Luxusschiffen, die es mühelos durch die hohen Wellen schaffen. Andere hingegen drängen sich auf Gummibötchen zusammen und riskieren unterzugehen. Wenn wir Schönwetter haben, dann ist es zwar unbequem auf den Gummibooten, aber es geht. Im Sturm merkt man jedoch, wer welches Boot hat.“