Cop26 geht zu Ende: Wo ist der gemeinsame Nenner?
In den letzten Stunden der Weltklimakonferenz in Glasgow wird noch eifrig um Formulierungen der Abschlusserklärung gerungen. So geht es um die Beschleunigung des Kohleausstiegs und die bedeutende Frage, bis wann die klimaschädlichen Emissionen auf netto Null sinken müssen. Doch auch am Rande der ganz großen Beschlüsse entdecken Europas Medien einige wichtige Fortschritte.
Bankwesen kann Schwung in die Sache bringen
Erfolgversprechend findet El Confidencial mehrere Nachrichten bezüglich des Finanzsektors:
„Erstens hat er sich dazu verpflichtet, seine Nettoemissionen bis 2050 auf Null zu reduzieren. Zweitens will die Europäische Kommission die Banken verpflichten, Nachhaltigkeitsfaktoren in ihr Risikomanagement einzubeziehen. ... Drittens hat die Europäische Zentralbank (EZB) erklärt, den Klimawandel in ihre Aufsichtstätigkeit und Geldpolitik einzubeziehen. ... Sofern sie erfolgreich sind, könnten alle drei Initiativen dazu beitragen, den Klimawandel in Entscheidungen über Kreditvergabe, Investitionen und makroökonomische Stabilität einzubeziehen. ... Das Finanzwesen ist ein Schlüsselfaktor im Kampf gegen den Klimawandel, der die politische Initiative verstärken, nicht ersetzen sollte.“
Nun können die Verhandlungen wirklich beginnen
Weil es konkrete Zusagen aus China, Indien und USA gab, kann Cop26 ungeachtet des Schlussdokuments als wichtiges Datum betrachtet werden, findet Upsala Nya Tidning:
„Vonseiten der Umweltverbände wird die Kritik wie üblich vernichtend sein. Es wird viel zu wenig und viel zu spät getan, um definitiv das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, aber auch für viel bescheidenere Ziele. Doch wer sich nur darauf konzentriert, dass es noch ein langer Weg ist, der übersieht, dass man wenigstens endlich aufgebrochen ist. Fast 30 Jahre nach dem ersten globalen Klimagipfel gibt es ein gemeinsames Bild der Problematik. Damit können die eigentlichen Verhandlungen beginnen.“
Jetzt brauchen wir einen Plan
Was für die Umsetzung der Beschlüsse alles geschehen muss, zählt Trends-Tendances auf:
„Die große Dekarbonisierung der Welt kann nicht ohne einen umfassenden Gesamtplan erreicht werden. Dies setzt die Schaffung von Anreizen voraus, um dekarbonisierte Herstellungsverfahren zu fördern. Es bedeutet aber auch, die Wirtschaftshilfen von Grund auf umzustellen, um die Unternehmen zu unterstützen, die sich nicht allein dekarbonisieren können. Zudem muss die nötige Infrastruktur geschaffen werden (Ladestellen, Elektro-Hubs, etc.) und die Gesamtheit des öffentlichen Raums neu gedacht werden, damit neue Einrichtungen entstehen und die unverzichtbaren land- und forstwirtschaftlichen Flächen erhalten bleiben.“
Die Wahrheit offen kommunizieren
Die Vereinbarungen von Cop26 dürfen uns nicht falsche Sicherheit suggerieren, warnt Irish Independent:
„Es besteht die sehr reale Gefahr, dass jeder auf der Konferenz erzielte Fortschritt so wahrgenommen wird, als hätten wir die nötigen Klimaschutzmaßnahmen nun unter Kontrolle. Wir müssen aber realistischere Zukunftsperspektiven fördern und ein besseres Verständnis der Folgen, die uns bevorstehen, wenn wir nicht schnell genug handeln. Auch wird wahrscheinlich die Wut wachsen, sobald das Ausmaß dessen klar wird, was uns künftig abverlangt wird. Wir brauchen mehr Ehrlichkeit und Demut von unseren aktuellen und früheren Entscheidungsträgern. Eine Emissionsreduktion um 51 Prozent bis 2030, das ist nicht 'ein bisschen grüner'. Das ist eine vollständige Transformation.“
Proteste allein verändern herzlich wenig
Letztlich kommt es auf die weiteren Verhandlungen mit China und Indien an, erinnert Observador:
„Der Kampf gegen die globale Umweltverschmutzung bleibt wirkungslos, wenn sich China und Indien nicht aktiv daran beteiligen. Aber die Regierungen der beiden asiatischen Mächte werden natürlich der Verringerung der Armut ihrer Bevölkerung Vorrang einräumen, auch wenn dies eine Zunahme der Umweltverschmutzung bedeutet. Es ist sicher nett, an Gretas Seite zu stehen. ... Was jedoch zählt, sind die echten, harten Verhandlungen mit den Präsidenten Chinas und Indiens. Solange das nicht geschieht, können die Gretas dieser Welt in den Straßen der europäischen Städte schreien, aber beim Kampf gegen die globale Umweltverschmutzung wird sich nichts ändern.“
Einigung trotz neuem Kaltem Krieg
China und die USA gaben am Mittwoch bekannt, eine Vereinbarung für besseren Klimaschutz getroffen zu haben. Corriere della Sera freut sich:
„Und am Ende sprachen die Chinesen doch. Überraschenderweise trat der Chefunterhändler von Xi Jinping gestern Nachmittag aus dem Schatten und verkündete eine 'Gemeinsame Erklärung mit den Vereinigten Staaten zur Stärkung des Klimaschutzes', die Verpflichtungen zur Verringerung der Methanemissionen, zum Schutz der Wälder und zum schrittweisen Ausstieg aus der Kohle beinhaltet. Angesichts des Kalten Krieges, der zwischen den beiden Supermächten über den Pazifik weht, eine fast historische Einigung, die beweist, dass die Klimagespräche nicht denselben Weg nehmen wie die globale Geostrategie.“
Zukunft des Klimas wird nicht im Westen entschieden
Die geplanten Investitionen in grüne Technologien müssen unbedingt an den richtigen Standorten landen, warnt Cornel Ban, Professor an der Copenhagen Business School, in Libertatea:
„Ein Großteil des Geldes sollte in für Investoren hochriskante Bereiche fließen, wie zum Beispiel in die Verbreitung von grünem Wasserstoff aus Wind- oder Solarenergie, natürliche oder künstliche CO2-Rückhaltung, moderne Batterien. ... Die Gefahr besteht, dass dieses Geld dorthin geht, wo das Verhältnis zwischen Risiko und Rendite am besten ist, also in reiche und relativ reiche Länder. ... Die Dynamik der Demografie beim heutigen Konsumwachstum zeigt, dass die Emissionen in Entwicklungsländern explodieren werden und die Zukunft des Planeten dabei eigentlich dort entschieden wird.“