Nichts als Krisen: Was kann Europa tun?
Klimakrise, Pandemie und Ukraine-Krieg verschlechtern die globale Wirtschaftslage laut dem Internationalen Währungsfonds IWF zunehmend: Preissteigerungen, vor allem bei Energie und Lebensmitteln, belasten die Bürger und drosseln die Produktion, die bereits unter gestörten Lieferketten leidet. Ärmeren Ländern droht Hunger. Europas Regierungen wollen mit verschiedenen Strategien ihre Bürger entlasten.
Klug auf den Preisanstieg reagieren
Die portugiesische Regierung unterstützt zu Recht nur die am stärksten durch Preissteigerungen gefährdeten Haushalte, schreibt Observador:
„Ob dies die Wirtschaft auch widerstandsfähiger gegen Angebotsschocks macht, bleibt abzuwarten. … Der Versuchung, Geld zu verteilen oder gar die Regeln für die Preiserhöhung zu brechen, sollte man noch stärker als in weniger verschuldeten Ländern widerstehen, weil wir einem möglichen Finanzsturm stärker ausgesetzt sein würden. Wir müssen diesen Preisanstieg nutzen, um öffentliche Defizite und die Verschuldung zu reduzieren.“
Österreichisches Modell könnte Schule machen
Der Falter lobt die von der Wiener Regierung geplante Strompreisbremse:
„Das ... Modell, die Teuerung durch Gratis-Energiekontingente abzufedern, könnte EU-weit Schule machen. ... Statt wie beim 'Deckeln' oder 'Kappen' Wohlhabende mit den größten Autos und den größten Wohnungen am meisten zu unterstützen, unterstützt es 'finanziell Schwache', indem es ihnen ermöglichen will, ein bestimmtes Kontingent ihres Stroms gratis zu beziehen, weil der Staat diesen Teil ihrer Rechnung übernimmt. Das Modell hat mehrere Vorteile: Auch die, die ein Gratiskontingent erhalten, müssten den darüber hinausgehenden Verbrauch bezahlen, wodurch weiter Energie gespart würde, während Deckelung den gegenteiligen Effekt haben kann.“
Hilfsmaßnahmen schaden der Energiewende
Frankreichs Parlament hat nach langen Debatten das Kaufkraft-Gesetz verabschiedet, das zusätzliche 30 Milliarden Euro Unterstützung für die Bürger vorsieht. Es ergänzt die bereits in Kraft getretene Energiepreisbremse und den Tankrabatt. Le Monde sieht die Maßnahmen kritisch:
„Nach einem Wahlkampf, der sich fast ausschließlich um die Kaufkraft gedreht hat, ist es verständlich, dass die Oppositionskräfte versuchen, sich gegenseitig bei diesem Thema zu überbieten. Die Schwierigkeiten, mit denen die Menschen auf dem Land zu kämpfen haben, sind unbestreitbar. ... Ebenso wie die Probleme von Geringverdienern, die unterstützt werden müssen. Aber der Klimaschutz ist eine zu ernste Angelegenheit, als dass man sie so vernachlässigen sollte. Je länger Kraftstoff gefördert wird, desto schwieriger wird es, die Gewohnheiten zu ändern.“
Ohne Gerechtigkeit geht es nicht
Eine Systemwende ist unausweichlich, mahnt Kolumnist Mark Lievisse Adriaanse in NRC Handelsblad:
„Es geht wirtschaftlich nicht so sehr um mehr oder weniger, sondern um anders. Menschen sind bereit, für ein höheres Ziel zu leiden (Frieden in der Ukraine; Klimawandel bekämpfen), aber nicht endlos und nicht unverhältnismäßig. Ein Gesellschaftsvertrag um Wohlstandsverlust ist nur gerecht und haltbar, wenn derjenige, der viel hat, auch mehr verliert. ... Eine ungerechte Proletarisierung der Mittelklasse, befeuert durch steigende Preise und eine Politik, die keinen Dialog führt über die Gute Gesellschaft, ist eine politische Zeitbombe. Das ist die Frage dieser Zeit: Wie werden die Lasten der Klimakrise und der kippenden Weltordnung verteilt? “