Wie steht es um Putins Zukunft?
In der kasachischen Hauptstadt Astana finden aktuell gleich drei wichtige Gipfeltreffen mit Staatschefs aus Asien und der GUS statt, darunter auch Wladimir Putin. Kommentatoren sehen den Kremlchef zunehmend isoliert und fragen sich, ob es nicht besser wäre, ihn endlich abzusetzen.
Wie mit bin Laden verfahren
In Neatkarīgā fordert die stellvertretende Chefredakteurin Elita Veidemane, Putin zu beseitigen:
„Der Terrorist Bin Laden soll rund 3.000 Menschen auf dem Gewissen haben. Er wurde getötet. ... Der Kriegsverbrecher Putin hat seit 2014 bereits zehntausende Menschen in der Ukraine getötet. Warum wurde er noch nicht festgenommen und vernichtet? Wie lange wird sich der feige Westen noch mit den Leichen der ermordeten Ukrainer schützen? Wo sind die vom Westen versprochenen 'katastrophalen und schrecklichen Konsequenzen' geblieben? Wird sich der Westen auf 'Besorgnis und Angst' beschränken? Oder reißt er sich endlich zusammen und gibt dem verrückten Mörder und seiner ihn bedienenden Bande ordentlich auf die Zähne? “
Nachfolger könnte noch schlimmer sein
Ein Sturz Putins würde womöglich keine Verbesserung bringen, gibt The Independent zu bedenken:
„Es ist beachtenswert, dass die schärfste öffentliche Kritik am Krieg in Russland nicht von der liberalen Linken ausgeht, sondern von der nationalistischen Rechten. Das bedeutet, dass diejenigen, die von außen einen Sturz Putins fordern, vorsichtig sein sollten, was sie sich wünschen. Ein neuer Führer im Kreml könnte genau das Gegenteil der verträglichen Person sein, nach der sie sich sehnen. Das bedeutet natürlich nicht, dass ein neuer Führer nicht auch eine Kehrtwende mit nur minimalem Imageverlust einleiten und eine Chance für den Neustart der Beziehungen mit der Ukraine und dem Westen sein könnte. Vielleicht.“
Eine gefährliche Achillesferse
Radio Kommersant FM sieht Russland auch da auf dem absteigenden Ast, wo sein Einfluss bisher unbestritten war:
„Für den Kreml finden die Gipfelvorbereitungen vor alarmierendem Hintergrund statt. Gerade aus dem 'nahen Ausland' kamen in den letzten Tagen unangenehme Nachrichten. Am unerwartetsten war die (im letzten Moment) erfolgte Absage der OVKS-Kommando-Stabsübung durch Kirgisistan, wo sie stattfinden sollte. ... Die postsowjetischen Staaten haben es nicht eilig, [Russland] zur Hilfe zu kommen. In vielen Fällen fürchten sie westliche Sekundärsanktionen. ... Generell wird das 'nahe Ausland', in dem Moskaus Position bis vor kurzem unantastbar schien, zu Russlands Achillesferse.“
Indien wendet sich von Russland ab
In der Uno-Abstimmung zu den Annexionen Russlands in der Ukraine stand Indien nicht mehr hinter Putin, sondern enthielt sich. Dagens Nyheter sieht das Land auf einem vorsichtigen Weg Richtung Westen:
„[Premier] Narendra Modi ist zugegebenermaßen kein Anführer, der die Meinungsfreiheit und demokratische Werte übermäßig respektiert. Aber China wurde als Partner ausgeschlossen, und natürlich liegt die Zukunft des Landes auch nicht in Putins inzwischen völlig diskreditiertem Projekt: Indiens Reise in den Westen wird nicht geradlinig verlaufen, aber die Alternativen sind weitaus schlimmer.“
International zunehmend isoliert
Auch auf China und die Türkei kann Putin nicht mehr zählen, beobachtet der Publizist Iwan Jakowyna in NV:
„Die weltweite Instabilität, die mit diesem Krieg einhergeht, führt zu einer Inflation in Europa und in den USA. Man kauft weniger Waren, die in Indien, China und der Türkei produziert werden. ... Deshalb ist es für diese Länder sehr wichtig, dass der Krieg so schnell wie möglich beendet wird. Sie verlieren viel Geld. Es könnte zu einer Rezession kommen und in der Folge zu politischer Instabilität. Für Erdoğan stehen nächstes Jahr Wahlen an. In China hat eine Ära der wirtschaftlichen Stagnation begonnen. Und Wachstum ist für den Staat China von existentieller Bedeutung. ... Als Putin am 7. Oktober 70 Jahre alt wurde, gab es von China keine offizielle Gratulation.“
Die Sowjetunion war wenigstens berechenbar
The New Times meint:
„Russland unter Putin gilt als aussichtsloser Fall in Sachen gutnachbarschaftlicher Beziehungen, selbst auf dem Niveau der längst überwundenen Konfrontation zweier Systeme. Im Gegensatz zu den Sowjetführern erkennt Putin keine Regeln an. Das kollektive sowjetische Politbüro war im Vergleich zu den heutigen Führern ein Vorbild für zurückhaltendes und verantwortungsvolles Verhalten in Wort und Tat. ... Durch die 'Spezialoperation' verliert Russland die Reste seiner Soft Power. Das Land wird immer unattraktiver - auch für die eigenen Bürger, wie wir an der Zahl derer sehen, die es verlassen.“
Schneller Frieden geht nur mit ihm
To Vima glaubt an eine Exit-Option für Putin:
„Eine Aufhebung der Sanktionen gegen Russland wäre möglich, wenn sich Russland aus den seit seiner Invasion besetzten Gebieten zurückziehen würde, bis der dauerhafte Status der von Russland annektierten Territorien geklärt ist. ... Natürlich mag es für Putin schwierig sein, das Ende des Konflikts in dieser Form zu akzeptieren und als Sieg zu betrachten. Aber er kann mit Hilfe seiner Propaganda die öffentliche Meinung davon überzeugen, dass er die aggressiven und feindlichen Bestrebungen der westlichen Länder gegen Russland gestoppt und die Ukraine 'entnazifiziert' hat. ... Der Preis, den der Westen für diese strategische Lösung zu zahlen hat, wird darin bestehen, dass er Putin noch einige Zeit an der Macht akzeptieren muss.“
Er wird nicht aufgeben
Putin wird von seinen Plänen zur Eroberung größtmöglicher Teile der Ukraine nicht lassen, warnt Dnevnik:
„Er glaubt, dass die Zeit zu Gunsten Russlands arbeitet. Dass der Westen in einem längeren Krieg seine Einheit nicht bewahren kann und nicht in der Lage sein wird, Kyjiw so zu unterstützen, wie er es jetzt tut. Ob er recht hat oder nicht, können wir nicht wissen, aber eines ist klar: Die USA und die EU sollten nicht aufhören, die Ukraine militärisch, wirtschaftlich und politisch zu unterstützen sowie Moskau mit Sanktionen unter Druck zu setzen. Im Moment liegt die Initiative noch auf ukrainischer Seite. Kijiw hat eine echte Chance, neue Gebiete zu befreien, und es liegt in unser aller gemeinsamem Interesse, diese Chance zu nutzen.“