Iranische Kampfdrohnen im Krieg gegen die Ukraine
Bei den Angriffen auf Kyjiw und andere ukrainische Städte setzt das russische Militär verstärkt sogenannte Kamikaze-Drohnen ein. Geliefert werden diese mit Sprengköpfen bestückten unbemannten Flugkörper wohl vom Iran, was Teheran allerdings bestreitet. Europas Presse diskutiert, welche Auswirkungen der Einsatz für den Kriegsverlauf haben könnte.
Teherans Hilfe wird endlich sein
Die Unterstützung wird dem Druck von allen Seiten nicht lange standhalten, liest man bei Spotmedia:
„Der Iran steckt in der Zwickmühle. Bei einem politischen Regime, das unter dem Druck von Protesten steht, von US-amerikanischen und europäischen Diplomaten ins Visier genommen wird und seitens Israel unterschwellige Drohungen erhält, ist schwer anzunehmen, dass es Russland weiterhin helfen wird. Und selbst wenn es das tut, werden die Transporte sporadisch sein und den immensen Bedarf Russlands nicht decken. Die ukrainischen Streitkräfte bereiten sich derweil auf die Lieferung und den Ausbau von Systemen vor, die iranische Drohnen abfangen können, so dass sie keine Gefahr mehr für die Bevölkerung darstellen.“
Ukraine hofft auf Israel
Jyllands-Posten rechnet mit einer Ausweitung des Konflikts:
„Die israelische Regierung hat sich bisher aus Sorge um die Sicherheit von Juden in Russland aus dem Konflikt herausgehalten. Doch Russlands Drohneneinsatz wird die iranischen Erfahrungen mit den todbringenden Waffen erweitern - daher könnte Israel mit Blick auf die eigene Sicherheit ebenfalls daran interessiert sein, mehr Erfahrungen mit Luftabwehrsystemen gegen die Drohnen zu sammeln, meint die Zeitung Jerusalem Post. Darauf hofft offenbar die Ukraine. Laut mehreren israelischen Medien will die ukrainische Regierung Israel neuerlich um Luftabwehrsysteme bitten.“
Reine Vergeltung ohne Einfluss auf Kriegsverlauf
Telegram.hr sieht im russischen Drohneneinsatz Parallelen zu Hitlers Taktik:
„'Unser Ziel ist es nicht, die ganze Ukraine zu zerstören', sprach der russische Präsident Wladimir Wladimirowitsch Putin und griff weiter die ukrainische Hauptstadt Kyjiw an. So wie einst über London Hitlers V1-Vergeltungbomben surrten, so greifen dieser Tage die Shahed-136-Selbstmörderdrohnen die ukrainische Hauptstadt an. ... Außer großen Schaden anzurichten, können die persischen Drohnen den Kriegsverlauf nicht wirklich beeinflussen. ... Doch ist die Bedrohung für die ukrainischen Zivilisten ernst.“
Geschlossen und schnell reagieren
Die Kooperation des Irans mit Russland muss im Keim erstickt werden, betont The Times:
„Ein russisch-iranischer industrieller Militärkomplex würde es Teheran erlauben, rasch die Vergrößerung seiner Drohnenstreitkräfte vom Band zu ermöglichen und sie an Milizen an der israelischen Grenze zu exportieren, was eine existenzielle Bedrohung für das Land wäre. Wie viele Nato-Mitglieder tauscht auch Israel Geheimdienstinformationen mit Kyjiw aus. Es könnte mehr tun. Amerika sollte zudem sein Nasams-Boden-Luft-Raketensystem anbieten, damit die Ukraine ihre Städte beschützen kann. Großbritannien verfügt wiederum über Amraam-Raketen, die die iranischen Kamikaze-Drohnen abschießen können.“
Iran wird eine Gegenleistung erhalten
La Repubblica befürchtet eine gefährliche Ausweitung des Konflikts:
„[Iran] hat den Russen seinen Drohnen-Bestand übergeben und bereitet sich darauf vor, auch ballistische Raketen zu übergeben. Der massive Waffentransfer von Teheran nach Moskau eröffnet jedoch eine weitere Front der Besorgnis: Was ist die Gegenleistung, die dem Regime der Ayatollahs versprochen wurde? .... In westlichen Geheimdienstkreisen kursiert eine Hypothese: Moskau könnte Teheran die Technologie für Hyperschallraketen anbieten. Das wäre eine direkte Bedrohung Israels.“
Israel bricht mit Neutralität
Iranische Drohnen sind für Tel Aviv ein Grund zum Umdenken, glaubt Gazeta Wyborcza:
„Die Beteiligung Irans beunruhigt den Westen. .... Auch Israel befürchtet, dass die Ukraine zu einem Testgelände wird, auf dem der Iran seine Militärtechnologie perfektionieren und später gegen Israel einsetzen wird. Mit derselben Ausrüstung wie Russland bewaffnet der Iran unter anderem die Hisbollah-Milizen im Libanon, die bereits Drohnen gegen Israel eingesetzt haben. Als die Informationen über iranische Raketenlieferungen bekannt wurden, entschloss sich Tel Aviv offenbar, mit seiner Neutralitätspolitik gegenüber der russischen Aggression gegen die Ukraine zu brechen.“
Keine Verhandlungen mehr mit Ayatollahs!
El Mundo fordert noch mehr Druck auf Teheran:
„Das Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen in dem Land war für Europa Grund genug, eine schärfere Warnung an den Iran auszusprechen. Diese dürfte nur dann zum Tragen kommen, wenn Teheran eine Beteiligung am Ukraine-Krieg nachgewiesen wird. Denn dann würde es gegen die Resolution des Sicherheitsrats verstoßen, die 2015 den Weg für einen Nuklearpakt ebnete, der gerade neu verhandelt wird. Es ist an der Zeit, dass der Westen jeglichen Dialog mit dem Regime der Ayatollahs einfriert und [weitere Verhandlungen] an die Einhaltung der Menschenrechte und die Beendigung der Beteiligung an Putins Krieg knüpft.“
Wenig Wille zu wirklichen Sanktionen
Dass die EU mit ihren Strafmaßnahmen wegen der Menschenrechtsverbrechen im Iran bislang nur das absolute Minimum unternimmt, kritisiert die taz:
„Weder wurden die berüchtigten Revolutionsgarden auf die EU-Terrorliste gesetzt, noch wurden Sanktionen gegen die höchsten Machthaber im Regime verhängt. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn gab am Rande der EU-Außenminister*innenkonferenz sogar zu, dass man nur 'ein paar Individuen' sanktioniert habe. Harte Sanktionen sollen dann kommen, wenn sich bestätigen sollte, dass das iranische Regime Russland bei seinem Krieg gegen die Ukraine militärisch hilft. Man sieht also: Es würde gehen. ... Aber die verfolgten Menschen in Iran, die für Menschenrechte und Freiheit protestieren, reichen der EU nicht, um zu wollen. Sie werden weiter verfolgt und getötet.“