Berlin: 13.000 gegen Waffen für die Ukraine
Während am Wochenende in vielen Städten Europas Demonstrationen in Solidarität mit der Ukraine stattfanden, versammelten sich in Berlin - neben anderen Kundgebungen - auch rund 13.000 Menschen, um ein Stopp von Waffenlieferungen für Kyjiw und sofortige Verhandlungen zu fordern. Zum "Aufstand für Frieden" hatten Frauenrechtlerin Alice Schwarzer und Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht aufgerufen.
Kompromiss besser als gegenseitige Zerstörung
Kolumnistin Eilis O'Hanlon kann im Irish Independent die Argumente der Demonstrierenden nachvollziehen:
„Die früheren britischen Premierminister Boris Johnson und Liz Truss forderten unisono, dass Großbritannien Kampfflugzeuge der britischen Luftwaffe zur direkten Unterstützung der Ukraine entsendet. Es ist schwer vorstellbar, wie dies nicht als eine Kriegserklärung an Russland interpretiert werden könnte. ... Ist es wirklich so erschreckend, zu dem Schluss zu kommen, dass es besser sein könnte, eine Verhandlungslösung zu erreichen, die die russische Aggression bis zu einem bestimmten Grad belohnt, als eine garantierte gegenseitige Zerstörung zu riskieren, insbesondere wenn die Kriegsziele des Westens so schwer zu durchschauen sind?“
Aggression darf sich nicht lohnen
Keine Waffen an die Ukraine mehr zu liefern würde Russland keineswegs befriedigen, meint Der Standard:
„Wenn die Ukraine vom Westen nach dem Ausbleiben von Waffenlieferungen zu Verhandlungen gezwungen wird, wird sie sich zumindest den russischen Territorialforderungen nach der Krim und vier Provinzen beugen müssen. Was käme nach einem solchen Kriegsende? Es könnte sein, dass Russland sich langfristig mit den Gebietsgewinnen zufriedengibt und sich wieder in die europäische Friedensordnung einfügt. Dieses Szenario ist aus heutiger Sicht sehr unwahrscheinlich. Eher ist anzunehmen, dass Russland, wenn es sich wieder stark genug fühlt, … eine geschwächte Ukraine erneut angreift, überwältigt und annektiert. … Ein echter Frieden wird erst möglich, wenn Russland zur Erkenntnis kommt, dass Aggression nicht lohnt.“
Wagenknecht sieht AfD als Arbeiterpartei
Gazeta Wyborcza sieht erste Anzeichen für eine politische Querfront in Deutschland:
„Wagenknechts Forderungen und Rhetorik sind identisch mit denen der Rechtsextremen von der AfD. ... Für die ehemalige Vorsitzende der Linken scheint die Teilnahme vieler Anhänger der extremen Rechten auf der Demonstration kein Problem zu sein. Wie sie schon oft betonte, sei die AfD eine Arbeiterpartei, die in der Lage sei, die Enttäuschten für sich zu gewinnen. In diesem Sinne konkurriert sie mit der Linken um die gleiche Wählerschaft.“
Vorsicht mit Friedensrhetorik
Lidové noviny erklärt, warum die Tschechen mit ihren Erfahrungen vom gewaltsam beendeten Prager Frühling 1968 Friedensdemonstrationen kritisch sehen:
„Frieden ist einer der begehrtesten Wünsche. Vor allem in einer Region, die zwei Weltkriege erlebt hat. Aber gleichzeitig – in derselben Region, die zwei Totalitarismen erlebt hat – kann Frieden auch zu den manipulativen Wörtern gehören. ... 1985 schrieb (der damalige Dissident) Václav Havel in einem Aufsatz, das Wort 'Frieden' sei in unseren Breitengraden seines Inhalts beraubt worden. ... Die von Havel beschriebene Zurückhaltung gegenüber Friedensaktivisten gilt nach wie vor. Zumindest für die Generationen, die in Form der sowjetischen Invasion einen wirksamen Impfstoff erhalten haben.“