Labour-Chef will mehr Kooperation mit EU
Großbritanniens Oppositionsführer Keir Starmer will das Brexit-Handelsabkommen zwischen London und Brüssel im Falle eines Labour-Wahlsieges nachverhandeln. Er wolle einen besseren Deal erreichen, sagte Starmer. Bei Besuchen in Den Haag und Paris zeigte er sich zudem offen für Vereinbarungen mit der EU zur Migrationspolitik. Sinnvolle Vorstöße oder Luftnummer?
Rückkehr in Zollunion würde sich lohnen
The Guardian empfiehlt einen großen Schritt auf die EU zu:
„Die Wiedereröffnung des barrierefreien Handels mit Europa muss mit dem Abbau der bereits überbordenden Grenzbürokratie einhergehen. Es darf nicht sein, dass an Hunderten kleinen Abkommen gearbeitet wird, die erst nach Jahren beschlossen werden. Die Rückkehr in die Zollunion sollte einfach sein. ... Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für nebulöse Abstraktionen zum Thema Souveränität. Wenn Staaten miteinander handeln, muss es stets einen Kompromiss zwischen Eigenständigkeit und Wohlstand geben. Die Rückkehr zu einem weichen Brexit wird mit Schmerzen und Kompromissen verbunden sein, sie kann sich aber nur lohnen.“
Richtiger Richtungswechsel
Starmers Wunsch nach mehr Kooperation mit der EU wird auf Widerstand stoßen, prognostiziert The Irish Times:
„Einen Vorgeschmack auf das, was ihn erwartet, hat er letzte Woche bekommen, als ihm rechte Medien vorwarfen, er habe mit seinem Besuch in Den Haag das Land in Sachen Migration verraten. Solche Anfeindungen werden mit näher rückender Wahl nur mehr werden. Aber er erkennt sicher, dass nach Jahrzehnten der Abkehr von Europa die Zeit für einen Richtungswechsel gekommen ist. Es ist im wahren Interesse seines Landes, den langsamen und schmerzhaften Wiederaufbau der Beziehungen und des Vertrauens zwischen der EU und Großbritannien einzuleiten. Die traurige Realität ist, dass dieser Prozess wahrscheinlich nicht nur Jahre, sondern Jahrzehnte dauern wird.“
Das ist ein Hirngespinst
The Daily Telegraph kann dem Vorstoß nichts abgewinnen:
„Wenn Starmer glaubt, dass er ein neues Abkommen mit Brüssel abschließen kann, ohne im Gegenzug viel aufzugeben, dann läuft er Gefahr, als naiv dazustehen. ... Zu glauben, dass die EU Zugeständnisse machen wird, nur weil sie erfreut ist, das Labour wieder an der Macht ist, ist ein Hirngespinst. ... Starmer müsste Brüssel wieder in nationale Entscheidungsprozesse einbeziehen, allerdings ohne dass Großbritannien dort am Tisch sitzt. Er hat angedeutet, dass er einer paneuropäischen Migrationsvereinbarung zustimmen könnte, die das Vereinigte Königreich zu einer von der EU festgelegten Aufnahmequote verpflichtet. ... Sollte Starmer diesen Weg einschlagen, könnte er sich schnell mit verdüsterten Wahlaussichten konfrontiert sehen.“