80 Jahre D-Day: Gedenken in Kriegs- und Krisenzeiten
Am 6. Juni 1944 landeten alliierte Truppen an verschiedenen Stellen der Küste der Normandie. Die Alliierten eröffneten damit eine zweite Hauptfront im Krieg gegen Nazi-Deutschland und konnten dessen Linien einige Wochen später durchbrechen, was entscheidend zum Sieg über die Achsenmächte beitrug. Zum Jubiläum reisen Staatsgäste und Zeitzeugen aus aller Welt an. Kommentatoren ziehen Parallelen zwischen damals und heute.
Der Keim des heutigen Europas
Mit ihrer Landung in der Normandie läuteten die Alliierten die Befreiung des Kontinents von der Nazi-Herrschaft ein, betont La Stampa:
„In diesem Sinne kann der D-Day auch als das Gründungsereignis des neuen Europas betrachtet werden. Nie wieder Nationalsozialismus (und Faschismus): das war der kategorische Imperativ, auf dem das europapolitische Projekt aufbaute. ... Aus diesem Schlüsselkonzept ergab sich das Bekenntnis zu den 'universellen Menschenrechten', die Ablehnung des Krieges, die Anerkennung der Notwendigkeit, dass die Nationalstaaten auf wesentliche Teile ihrer 'Souveränität' zugunsten einer supranationalen Einrichtung verzichten, die dazu berufen ist, Konflikte, die sich aus dem Egoismus der einzelnen Staaten ergeben, friedlich beizulegen.“
Frieden ist nie garantiert
Die Erinnerung an den D-Day muss wach gehalten werden, fordert The Daily Telegraph:
„Wenn sich die Staats- und Regierungschefs der Alliierten und ihre ehemaligen Feinde heute in Frankreich versammeln, wird es einen nennenswerten Abwesenden geben: Wladimir Putin, der zur Gedenkfeier 2014 kam, wurde wegen des Krieges in der Ukraine nicht eingeladen – eine Erinnerung daran, dass der Frieden in Europa nie garantiert ist. ... Jüngere Menschen mögen meinen, dass dies alles für die heutige Welt nicht mehr von großer Bedeutung ist. ... Eine kürzlich durchgeführte Umfrage ergab, dass die Hälfte der 18- bis 34-Jährigen nicht weiß, was am D-Day geschah ... Aber selbst wenn die letzten Veteranen des D-Day aus dem Leben scheiden, müssen wir uns daran erinnern, was sie erreicht haben.“
Lehren von damals nicht vergessen
Hört auf letzten Überlebenden, mahnt Le Temps:
„Rechtsextremismus und Populismus sind im Aufwind. ... Der Angriffskrieg ist zurück in Europa. ... . Und dann ist da noch der Aufstieg des Autoritarismus überall auf der Welt. All das weckt Erinnerungen bei den letzten Zeugen des Krieges. So lang es noch möglich ist, müssen wir zuhören, was sich vor 80 Jahren in Europa zugetragen hat. Und wir müssen den jungen Europäern (d.h. allen, die unter 80 sind) in Erinnerung rufen, was es bedeutet, unter dem Joch des Faschismus, unter dem Klirren der Waffen zu leben. Denn es besteht die Gefahr, dass die Lehren dieser Zeit, als selbst die Eltern von Emmanuel Macron noch nicht geboren waren, in Vergessenheit geraten. ... Schenken wir diesen Gedenkfeiern größte Aufmerksamkeit, ebenso die Staatschefs, die hoffentlich nicht nur dabei sind, um sie politisch zu instrumentalisieren.“
So ist Tyrannei zu besiegen
Die Feierlichkeiten sind für Jyllands-Posten Anlass, auf die Lage der Ukraine zu schauen:
„Natürlich muss die Ukraine mit den Fähigkeiten ausgestattet werden, die die gespendeten Waffen hergeben, solange dies im Rahmen des Völkerrechts geschieht. ... Bezeichnenderweise sind die Meldungen, dass westliche Waffen von der Ukraine aus [für Angriffe auf russischem Territorium] eingesetzt werden können, im Vorfeld des D-Day eingegangen. ... Dieses Jahr ist es 80 Jahre her, aber die gewagte Operation gilt weiterhin als Vorbild und Beispiel dafür, dass es sowohl Mut als auch Willen erfordert, einen tyrannischen Despoten zu brechen. “
Normandie-Schlacht ein Klacks gegen drohenden Atomkrieg
Die Bedrohung der europäischen Friedensordnung kommt heute aus dem Osten, schreibt Visão:
„Achtzig Jahre später stehen wir vor einer außerordentlich mächtigen und tödlichen Bedrohung aus Moskau, das alles daran setzt, den Einsatz von Atomwaffen zu normalisieren und akzeptabel zu machen. ... Diese verrückte Idee, die von militärischen und zivilen Analysten, die von Putin respektiert werden, offen vertreten wird, will die Ukraine und ihre Nato-Verbündeten angesichts einer nuklearen Apokalypse in die Knie zwingen. ... Dieses Narrativ ist extrem gefährlich. ... Die Schlacht in der Normandie – mit Tausenden von Toten, der heute gedacht wird – wäre winzig im Vergleich zu dem, was bei einem nuklearen Schlagabtausch passieren könnte.“