US-Wahl: Muss sich Biden zurückziehen?

Nach seinem schwachen Auftritt im TV-Duell mit Donald Trump werden die Rufe nach einem Rückzug Joe Bidens aus dem US-Präsidentschaftsrennen lauter. In aktuellen Umfragen liegt der Amtsinhaber sechs bis acht Prozentpunkte hinter Trump zurück. Das Weiße Haus teilte am Mittwoch mit, Biden werde seine Kandidatur "auf keinen Fall" zurückziehen. Die Debatte in Europas Presse kann das Dementi aber nicht ersticken.

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La Stampa (IT) /

Besser spät als nie

Eigentlich bleibt Biden gar nichts anderes mehr übrig, erklärt La Stampa:

„Amerika feiert heute seinen Unabhängigkeitstag. Für seinen Präsidenten ist es ein vierter Juli der Konfrontation mit der Realität. Nicht mit der Herausforderung durch Donald Trump. ... Sondern mit seinen Anhängern, die nicht mehr glauben, dass er die Wahl gewinnen kann. Seine Freunde fordern ihn auf, zurückzutreten; seine Feinde hoffen, dass er im Rennen bleibt. Mehr noch als die ungünstigen Umfragen, die sich bis in fünf Monaten ändern können, zwingt ihn dieser Stimmungsumschwung, sich zu fragen, ob er den schmerzhaften Rückzug des Staatsmannes machen soll, wie Lyndon B. Johnson 1968, oder ob er im November den traurigen Epilog einer der besten US-Präsidentschaften der letzten Jahrzehnte in Kauf nehmen will.“

Expresso (PT) /

So würde Trump zum Garanten der Stabilität

Biden jetzt noch auszutauschen, wäre für die Demokraten ein enormes Risiko, schreibt Expresso:

„Eine Ablösung ist technisch möglich, aber sie hängt nicht nur von Bidens Willen ab, sondern wäre auch ein derartiger Bruch, dass sie kaum möglich wäre, ohne auch Brüche innerhalb der Demokraten zu provozieren, die die politische Legitimität der Wahl gefährden könnten. Das ist keine Kleinigkeit, wenn man gegen einen Kandidaten kämpft, der bereit ist, die Legitimität der Wahl an sich in Frage zu stellen. Und es würde eines erreichen: Trump in ein Symbol der Stabilität zu verwandeln. Die Frage ist, warum die Demokraten nicht früher erkannt haben, dass die Wiederwahl eines sehr schwachen 81-jährigen Mannes ein brutales Risiko darstellt. “

Lidové noviny (CZ) /

Michelle Obama könnte die Rettung sein

Angesichts der Debatte über Biden ist es an der Zeit, über eine neue Dynastie nachzudenken, meint Lidové noviny:

„Roosevelt, Bush, Clinton - solche Namen stehen bisher dafür. Jetzt, da ihr Kandidat Joe Biden in einer Präsidentschaftsdebatte eine desaströse Niederlage erlitten hat, suchen verzweifelte Demokraten nach einem idealen Ersatz. Kommt die Rettung von den Obamas? Wird Michelle Obama trotz ihre lebenslangen Hasses auf die Politik überredet, an den Wahlen teilzunehmen? Eine Chance auf Erfolg hätte sie auf jeden Fall. “

Iltalehti (FI) /

Frau Vizepräsidentin, übernehmen Sie!

Harris hätte gute Chancen gegen Trump, glaubt Iltalehti:

„Abgesehen von den Wahlkampfgeldern gibt es mehrere Argumente, die für Harris sprechen. Sie könnte mit Bidens Errungenschaften Wahlkampf machen und als gute Rednerin wäre sie in der Lage, Bidens Erfolge zu artikulieren und deutlich zu machen, wie sie sich im Alltag der US-Amerikaner auswirken. Als ehemalige Staatsanwältin könnte Harris Trumps Schwachpunkt, nämlich seine strafrechtliche Verurteilung, direkt angreifen. Sie könnte Trump auch in der Abtreibungsfrage und bei den Frauenrechten treffen, was Biden in der Debatte nicht gelungen ist, obwohl jeder weiß, dass das die Achillesferse von Trump und den Republikanern ist. Umfragen zeigen, dass die Amerikaner bereit wären, für jemand anderes als Biden oder Trump zu stimmen.“