Nato-Gipfel: Wie fällt das Fazit aus?
Der Umgang mit Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine stand im Mittelpunkt des am Donnerstag zu Ende gegangenen Nato-Gipfels. Kyjiw erhält innerhalb des nächsten Jahres 40 Milliarden Euro an Militärhilfe, darunter F-16-Kampfjets und fünf Luftabwehrsysteme. Russland wird neu als "größte und unmittelbarste Bedrohung" bezeichnet, China als dessen "entscheidender Beihelfer". Die Ukraine wird nicht formell eingeladen, ihr Weg in die Nato sei aber "unumkehrbar". Gemischtes Presseecho.
Freunde und Feinde viel klarer benannt
Yetkin Report ordnet ein:
„Wo man in früheren Erklärungen schrieb, man werde Russland 'aufmerksam verfolgen', wurde es nun als Bedrohung Nummer eins bezeichnet. Dies war auf einem Gipfel, bei dem man in einer gesonderten Sitzung die Solidarität mit der Ukraine erörterte und für das kommende Jahr finanzielle und militärische Hilfen im Wert von 40 Milliarden Euro vorsieht, unvermeidlich. China wurde vorgeworfen, Russland bei der Fortsetzung des Krieges in der Ukraine zu unterstützen. ... Zudem ist von einer Annäherung zwischen Russland und China die Rede (Nordkorea und Iran mit einbezogen), wobei man wohl aus Angst vor der Lage im Pazifik darauf verzichtete, China zum direkten Feind zu erklären. Die Türkei, das stärkste Nato-Land auf dem Südflügel des Bündnisses, steht genau im Mittelpunkt dieses Bildes.“
Ukraine ist fester Teil des Westens
Wie wichtig die Bezeichnung des Weges der Ukraine in die Nato als 'unumkehrbar' in der Abschlusserklärung ist, betont Ukrajinska Prawda:
„Es wäre keine Übertreibung zu sagen, dass die in Washington getroffene Entscheidung zu einem weiterem 'Point of no Return' bei der Integration der Ukraine in die Nato wurde. Dass die Ukraine eine Mitgliedschaft in der Allianz anstrebt, bedarf keines zusätzlichen Beweises. ... Für viele westliche Partner war das bisher dennoch keine Selbstverständlichkeit. Unter anderem in den USA glaubten viele Akteure, dass die Mitgliedschaft der Ukraine im Bündnis zu einer Art Verhandlungssache bei Gesprächen mit Putin zur Beendigung des Krieges werden sollte. ... Nun ist dieser Weg nahezu ausgeschlossen.“
Allianz stellt sich globaler auf
Die Ergebnisse würden auch bei einem etwaigen Regierungswechsel in Washington nicht einfach hinfällig, meint Politikanalyst Valentin Naumescu auf Contributors:
„Ich glaube vielmehr, dass die jetzt getroffenen Beschlüsse und anvisierten Strategien auch in der nächsten Amtszeit des US-Präsidenten Gültigkeit haben werden, mit vielleicht einigen zusätzlichen Änderungen und Vorbehalten. Durch das Engagement der Nato in Bezug auf die globale Sicherheit, die Verweise auf die Bedrohungen durch eine Expansion Chinas oder auf die strategische Allianz zwischen Russland und China ist es möglich, dass sogar Donald Trump zustimmen wird, dass die Nato ein nützliches Instrument für die strategischen Interessen der USA werden kann, nicht nur für die Europäer.“
Zu wenig Verbindliches
Der rumänische Dienst der Deutschen Welle ist nicht zufrieden mit den getroffenen Beschlüssen:
„Rumänien befindet sich komplett unter einem Raketenschutzschild der Nato, das Schwarze Meer wird von Nato-Radar und Flugzeugen überwacht, doch wurde kein Wort über die Notwendigkeit einer Alliierten-Flotte in diesem Meer verloren, das wieder von Moskau monopolisiert wird. Die Republik Moldau wird zwar in der Abschlusserklärung des Gipfels genannt, erhält aber keinerlei klare Zusicherungen, während der Ukraine nur das Geld fürs nächste Jahr zugesichert wird. Nichts ist sicher angesichts der starken politischen Veränderungen in den Nato-Staaten und der sich abzeichnenden Spaltungen.“
Die entscheidende Frage wurde ausgeklammert
Rüstungsgüter allein entscheiden den Krieg nicht, glaubt Ilta-Sanomat:
„Der Ukraine wurde weitere Militärhilfe zugesagt, und sie erhält nun endlich die lang ersehnten F-16-Kampfjets. Sie mögen der ukrainischen Luftverteidigung helfen, aber es ist klar, dass ein paar Kampfflugzeuge und ein paar Piloten mit Schnellkursen den Krieg nicht entscheiden oder Putin aufhalten können. Der Krieg wird an der Front mit Artillerie, Munition und Truppen entschieden werden. Wer genug Material und Soldaten hat, wird gewinnen. Und genau das ist die Frage, die die Nato und ihre Mitgliedsstaaten nicht beantworten wollen: Wann ist der Punkt gekommen, an dem der Westen gezwungen wäre, eigene Truppen in den Krieg zu schicken?“