Mark Rutte übernimmt als Nato-Generalsekretär
Führungswechsel bei der Nato: Nach zehn Jahren im Amt hat der Norweger Jens Stoltenberg den Posten des Generalsekretärs der Militärallianz an Mark Rutte übergeben. Was erwartet die Presse von dem früheren niederländischen Ministerpräsidenten in seiner neuen Funktion?
Er allein ist nicht maßgeblich
Die Ukraine kann aufgrund von Ruttes Ernennung keinen Durchbruch auf ihrem Weg in die Nato erwarten, erläutert Politologe Wolodymyr Wolja in Unian:
„Die ersten Erklärungen von Mark Rutte in seinem neuen Amt lassen darauf schließen, dass seine Rhetorik zur Unterstützung der Ukraine nicht schwächer als die von Jens Stoltenberg sein wird. ... Allerdings darf man auch nichts allzu Radikales erwarten. Schließlich sollten die Worte eines Nato-Generalsekretärs nicht über seine Befugnisse hinausgehen. Und der Generalsekretär ist nicht dazu befugt, die Politik des Nordatlantischen Bündnisses im Alleingang zu gestalten. Diese Politik wird von den Mitgliedstaaten durch gemeinsame Konsultationen und Abstimmungen bestimmt.“
Leider kein Russlandversteher
Politologe Wladimir Olentschenko beschreibt in der regierungsnahen Iswestija die russische Sicht auf den Antritt Ruttes:
„Als Politiker, der die Interessen der Niederlande vertrat, ist er eigentlich immer negativ aufgefallen. In den meisten Fällen könnte man sogar sagen, durch Aggressivität. Aber bisher hat er aus der Position des Führers eines europäischen Landes gesprochen, eines relativ kleinen noch dazu, das auf internationaler Bühne nur begrenzte Möglichkeiten hat. ... Die Tatsache, dass der neue Generalsekretär am 1. Oktober ukrainische Angriffe mit westlichen Langstreckenwaffen tief nach Russland hinein unterstützt hat, gibt wenig Anlass zur Hoffnung, dass sich die Beziehungen ... zu bessern beginnen.“
Pragmatiker am rechten Platz
De Standaard denkt, dass Rutte der richtige Mann für die großen Herausforderungen des Brüsseler Postens ist:
„Er verfügt über alle dafür nötigen Eigenschaften. Als echter Pragmatiker ist er sehr gut in der Lage, seine Vorgehensweise den Umständen anzupassen. Das ist die Strategie, die ihm so lange an der Spitze der niederländischen Regierung nutzte. Zweitens ist Rutte jedermanns Freund. Er hat eine flotte Persönlichkeit und kann mit allen. Und drittens kommt Rutte aus den Niederlanden, einem der am stärksten atlantisch ausgerichteten Länder Europas. Der vorrangige Vorwurf, den Rutte in seinen Den Haager Zeit entkräften musste, war ein Mangel an strategischer Vision.“
EU bekommt eine neue Rolle
Welche Erwartungen mit dem Neuen verknüpft sind, beschäftigt Spotmedia:
„In den Gängen des riesigen Nato-Gebäudes in Brüssel wird erwartet, dass nach dem Abgang von Jens Stoltenberg ein neuer Führungsstil Einzug hält, der nach einem Jahrzehnt 'norwegischer' Verwaltung, nun ein 'bisschen integrativer' ist, heißt es von einem Nato-Diplomaten. Mark Rutte ist ein bekannter Gast auf den Fluren der Nato und der EU, nachdem er 14 Jahre lang niederländischer Regierungschef war. Besonders gespannt ist man auf seinen Koordinierungsstil zwischen Nato und EU, da sich die EU immer stärker in Sicherheitsfragen engagiert. Sollte Donald Trump ins Weiße Haus zurückkehren, zählen die europäischen Verbündeten auf sein Verhandlungsgeschick, um die Einheit im Bündnis zusammenzuhalten.“