Waldbrände in Kalifornien: Was muss sich ändern?

Die verheerenden Brände im Großraum Los Angeles sind weiterhin nur teilweise unter Kontrolle: Mindestens 24 Menschen sind gestorben, Hunderttausende wurden evakuiert, Tausende Häuser zerstört. Die Feuerwehr spricht von "einer der zerstörerischsten Naturkatastrophen" in der Geschichte der kalifornischen Metropole. Kommentatoren sehen verschiedene Ursachen, gefährliche Narrative und etliche nötige Konsequenzen.

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De Volkskrant (NL) /

Woke ist wieder einmal der Sündenbock

Rechtsaußen nutzt die Brände für ein altbekanntes Ablenkungsmanöver, klagt De Volkskrant:

„Die Stimmungsmache wird weltweit kopiert, so wie auch die ganze reaktionäre Bewegung globalistisch ist. Also titelte auch [die niederländische Boulevardzeitung] De Telegraaf am Donnerstag fröhlich: 'Woke-Politik für progressiven Bürgermeister wichtiger als das Füllen der Löschtanks.' ... Kein Wort über den Klimawandel. Damit sind die Brände, so tragisch sie auch sind, eine ausgezeichnete Warnung vor etwas, was wir häufiger erleben werden. Wenn Woke die Schuld in die Schuhe geschoben wird, steckt wahrscheinlich etwas anderes dahinter, das aber so laut wie möglich geleugnet, ignoriert oder bagatellisiert werden muss. “

Upsala Nya Tidning (SE) /

Betroffene Reiche könnten Trump zum Umdenken bewegen

Dass die Brände am Ende sogar gut fürs Klima sein könnten, hofft Upsala Nya Tidning:

„Es wird erwartet, dass Donald Trump die USA bald zum zweiten Mal zum Ausstieg aus dem Pariser Abkommen auffordern wird. Tom Hanks, Paris Hilton und Billy Crystal werden ihn wohl kaum vom Gegenteil überzeugen können, schwankt das Verhältnis zwischen Trump und Hollywood doch meist zwischen kühl und eiskalt. Doch auch befreundeten Milliardären fällt es zunehmend schwerer, sich gegen die Waldbrände in Kalifornien und die Hurrikane in Florida zu wehren. Die Aufmerksamkeit, die die jüngsten Brände erregen, könnte für das Klima tatsächlich die beste Nachricht seit Langem sein.“

The Independent (GB) /

Menschen können nicht überall leben

The Independent ist nicht überrascht vom Ausmaß der Brände:

„Wenn wir in Hochwassergebieten bauen, werden Grundstücke überschwemmt. Wenn wir in Erdbebengebieten bauen, wird es Zerstörungen geben. Wenn wir Hänge bebauen, die mit Gestrüpp bewachsen und anfällig für Trockenheit und starke Winde sind, wird es Brände geben. Welchen Teil davon verstehen wir nicht? Und wissen Sie was? Da haben wir noch nicht einmal den Klimawandel erwähnt. Kalifornien war der Waldbrandstaat der USA, lange bevor es auf der Erde wärmer wurde. Die steigenden Temperaturen haben die Wahrscheinlichkeit von weiteren Feuersbrünsten erhöht, aber die Voraussetzungen für das sich in Los Angeles abspielende Grauen waren bereits vorhanden.“

taz, die tageszeitung (DE) /

Verantwortlich sind wir alle

Solche Katastrophen sind vermeidbar, stellt die taz klar:

„Es gibt Schuldige und die gehören klar benannt. Zu den Treiber_innen der Klimakrise gehören die Superreichen mit ihren ausufernden Lebensstilen. Aber natürlich auch (fossile) Unternehmen, die ihren Profit auf Kosten der Erde machen. Und die Politik, die dem keinen Einhalt gebietet. Doch so richtig aus der Affäre ziehen, darf sich niemand: Denn die Politiker_innen werden gewählt, die Produkte der Unternehmen konsumiert. Verantwortlich, dass die Klimakrise sich nicht weiter zuspitzt, sind wir alle.“

Il Manifesto (IT) /

Grenze der Nachhaltigkeit ist erreicht

Il Manifesto kritisiert den zunehmenden anthropogenen Druck in ökologisch risikoreichen Gebieten:

„Diesmal kein Erdbeben, sondern ein katastrophales Ereignis, das die unausweichliche Frage nach der Nachhaltigkeit einer Entwicklung aufwirft, die auf unbegrenztem Wachstum in einem fragilen Gebiet beruht. Die Grenzen dieser Nachhaltigkeit scheinen unter dem Druck eines extremen Klimas erreicht zu sein. Die Tausenden von Menschen, die in den letzten Tagen ihre Häuser verloren haben, und die mehr als 100.000, die evakuiert wurden, können in diesem Sinn als Klimaflüchtlinge betrachtet werden.“

El País (ES) /

Lernen statt ausschlachten

El País hofft, dass die Politik aus der Katastrophe die richtigen Schlüsse zieht:

„Ein Problem ist die abstoßende politische Nutzung der Tragödie durch die Rechte. ... Die Republikaner sind besessen von Kaliforniens Umweltpolitik, bereits in der ersten Amtszeit von Donald Trump wurde sie zum Zankapfel. ... Tatsache ist, dass Kalifornien trotz all seiner Probleme in den USA führend ist, was das Bewusstsein für den Klimawandel angeht, auch aufgrund der Heftigkeit, mit der es darunter leidet. Inmitten des Schreckens und der Trauer bleibt die Hoffnung, dass die Lehren aus dieser Katastrophe dazu dienen werden, in den kommenden schwierigen Jahren noch entschiedener [gegen die Folgen des Klimawandels] vorzugehen.“

Libération (FR) /

Die politische Katastrophe folgt auf dem Fuße

Die Natur rächt sich auch an den Reichen und Schönen, betont Dov Alfon, Chefredakteur von Libération:

„Diese Naturkatastrophe kündigt zugleich eine politische Katastrophe an: den Amtsantritt von Donald Trump, der sofort den demokratischen Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, beschuldigte, Wasser, das für die Kalifornier bestimmt war, zugunsten eines vom Aussterben bedrohten Fisches umgeleitet zu haben – dabei bezieht er sich auf einen neuen Managementplan für den Colorado River, der in keinerlei Zusammenhang mit der Bekämpfung der Brände steht. … Das Feuer in Hollywood zeigt nur, dass weder Reichtum noch Schönheit oder Berühmtheit uns vor der Natur retten können, die sich für unsere Untätigkeit rächt.“