Handelsstreit mit den USA: Weitere Zölle drohen
Die EU-Kommission hat prompt auf das Inkrafttreten der US-Zölle von 25 Prozent auf Einfuhren von Stahl und Aluminium aus Europa reagiert: Sie will ab April Zölle auf US-Waren wie Bourbon-Whiskey, Jeans, Motorräder, Boote und Erdnussbutter im Wert von 26 Milliarden Euro erheben. US-Präsident Trump drohte nach der Entscheidung wiederum damit, Wein und Champagner aus der EU mit Zöllen von bis zu 200 Prozent zu belegen.
Europa kann sich das nicht leisten
Die EU-Staaten müssen bei einem andauernden Zollstreit mit erheblichen Nachteilen rechnen, warnt Naftemporiki:
„Das 'Opfer' eines verlorenen Handelskriegs wird nicht nur die europäische Wirtschaft sein, sondern die EU selbst – gespalten durch interne Konflikte, die sich noch verschärfen werden, wenn die Spirale von Zöllen und Gegenzöllen weitergeht. ... Schulen, Universitäten, Forschung, Gesundheitsversorgung, aber auch Investitionen in die Realwirtschaft werden dem zum Opfer fallen. Denn – so sagt man uns – die Ausgaben für den Sozialstaat und die Unterstützung der Unternehmen können die finanzielle Stabilität gefährden. Wobei diese 'legendäre' Stabilität kein Problem mehr darstellt, wenn die Ausgaben für die Rüstung verwendet werden.“
Schnell auf neue Abkommen setzen
Die Zeit dürfte gegen Trump spielen, meint das Tageblatt:
„Schon jetzt mehren sich die Rezessionssorgen in den USA wegen seiner erratischen Politik. Die US-Börse ist auf Talfahrt. Viele Amerikaner sind jedoch auf hohe Kurse angewiesen, vor allem für ihre Alterssicherung. ... Trump muss wachsenden Widerstand gegen seine Politik befürchten. Die EU hat hingegen mehr Zeit. Denn vorerst werden die US-Zölle auf europäischen Stahl und Aluminium mit einem Minus im Promillebereich noch kaum negative Auswirkungen auf die EU-Wirtschaftsleistung haben ... . Allerdings werden die US-Zölle zu Mengenumleitungen nach Europa führen, was die Stahlpreise mittelfristig nach unten drücken wird. Die EU sollte die Zeit schnell für neue Handelsabkommen mit anderen Regionen nutzen.“
Versöhnliches Angebot machen
Gas- und Waffenkäufe der EU könnten die Lage deeskalieren, glaubt Ilta-Sanomat:
„Die EU könnte ein Angebot machen, bei dem beide Seiten gewinnen und ein Handelsabkommen zustande kommt. Ein versöhnliches Angebot könnte sich aus den eigenen Bedürfnissen der EU-Staaten ergeben, wie zum Beispiel aus der Notwendigkeit, die Einfuhren von Flüssigerdgas zu erhöhen und mehr Verteidigungsgüter zu kaufen. Die USA verkaufen beides. Eine Erhöhung der Gas- und Waffenkäufe der EU in den USA würde den Handelsüberschuss der EU und das Defizit der USA verringern – und genau eine solche Erhöhung der Verteidigungsausgaben hat Trump von den Nato-Mitgliedern der EU gefordert und auch selbst versprochen.“
Als Nächstes gegen US-Dienstleistungen
Wie es im Zollkrieg weitergehen könnte, skizziert das Handelsblatt:
„[D]er nächste Schlag aus Washington ist bereits angekündigt. Trump will weitere Zölle auf EU-Produkte verhängen – diesmal inklusive Autos. Das Volumen ist so groß, dass klassische Gegenzölle kaum noch ohne Schaden für EU-Unternehmen möglich sein werden. In Brüssel wird deshalb eine neue Strategie erwogen: Maßnahmen gegen US-Dienstleistungen. Das wäre ein kluger Schritt, denn die EU ist der mit Abstand wichtigste Markt für US-Exporte – nicht nur für Waren, sondern auch für Dienstleistungen. Und besonders schmerzhaft wäre er für Trumps wirtschaftsnahe Freunde: die großen US-Tech-Konzerne, die von Europa als zentralem Absatzmarkt abhängig sind.“
Die ökonomische Realität arbeitet gegen Trump
De Morgen sieht Parallelen zur Großen Depression in den 1930er Jahren – und die Chance, Ähnliches zu vermeiden:
„Die Geschichte muss sich nicht wiederholen. Wenn die katastrophalen Folgen von Trumps Politik deutlich werden, vor allem auch auf den Bankkonten seiner mächtigen Sponsoren, wird der Druck groß genug werden, zu korrigieren. Die wirtschaftliche Realität wird die größte politische Opposition gegen die Regierung Trump. ... Vorher muss es aber noch schlechter gehen, und vielen Menschen in allen Lagen viel Wohlstand kosten. Auch in Europa. ... Doch es gibt vorsichtige Hoffnung. Diesmal sind unsere politischen Führer offenbar gut wachgerüttelt. Keinen Moment zu früh und hoffentlich auch noch nicht zu spät.“
Mit grünem Protektionismus dagegenhalten
Die EU braucht eine neue Wirtschaftsstrategie, fordert der sozialdemokratische EU-Abgeordnete Jean-Marc Germain in einem Gastbeitrag in Libération:
„Die EU muss ihre Handelspolitik überdenken. ... Das bedeutet die Rückverlagerung aller möglichen Produktionszweige und eine CO₂-arme Reindustrialisierung des Kontinents. Die Zeit ist gekommen, die globalen Handelsströme neu zu ordnen! ... Machen wir aus einem Übel – den rücksichtslosen Entscheidungen Trumps – eine Chance: Setzen wir in Europa, dem zweitgrößten Markt der Welt, auf Made in Europe und Buy European, um unsere grüne Industrie auszubauen, Arbeitsplätze zu schaffen und unsere Sicherheit sowie unser Sozialmodell zu gewährleisten.“