Ende des Ukraine-Gastransits: Transnistrien friert
Seit dem Jahreswechsel fließt kein russisches Gas mehr durch ukrainische Pipelines nach Europa. Kyjiw hatte es abgelehnt, über eine Verlängerung des Transitabkommens zu verhandeln. Die untereinander mit Pipelines vernetzten EU-Staaten können dies ausgleichen. Schwer betroffen ist jedoch das von Moldau abtrünnige Transnistrien. Dort sind Haushalte und Industrie nun ohne Gas, auch der Strom wird zeitweise abgeschaltet.
Überfällige Entscheidung
Gaslieferungen aus Russland an EU-Staaten waren ein Widerspruch zu deren Unterstützung der Ukraine, meint The Independent:
„Es ist kaum nachvollziehbar, dass fast drei Jahre nach der Invasion der Ukraine durch Russland immer noch russisches Gas in mehrere EU-Länder, darunter Österreich und die Slowakei, geleitet wurde und dass – trotz aller Sanktionen, die von den Verbündeten der Ukraine verhängt wurden, um der russischen Wirtschaft zu schaden – die Vorkriegsverträge von allen Seiten eingehalten wurden, als wäre nichts geschehen. ... Dass das Gas noch bis zum frühen Morgen des 1. Januar 2025 in die EU floss, drohte die insgesamt solide Unterstützung der Europäischen Union für die Ukraine zu untergraben.“
Moskaus Erdgaswaffe ist stumpf geworden
Delfi sieht in der Entwicklung eine doppelte Niederlage Moskaus – sowohl im 'Gaskrieg' als auch im Regionalkonflikt um Transnistrien:
„Russlands jahrzehntelanger Gaskrieg in Europa endete mit der Selbstzerstörung des Aggressors. Die letzten fünf Milliarden Euro jährlich aus Europa wurden Russland entzogen. Europa ist wärmer und gemütlicher denn je, während Moskaus Vasall Transnistrien seit Tagen friert. ... Von 'Heiliger Putin, rette uns!' bis 'Europa, gib uns zu essen!' bleiben Transnistrien nur noch Wochen. Bald wird die moldauische Polizei es friedlich dorthin zurückführen, von wo es einst von General Lebeds Panzern losgerissen wurde. Jeder Krieg geht einmal zu Ende. ... Russland bleibt nichts anderes mehr, als die europäischen Seekabel zu sabotieren.“
Kreml will sich als Retter präsentieren
Agora.md befürchtet hingegen, dass Russland auch in Zukunft Gaslieferungen als Mittel einsetzen wird, um den Transnistrien-Konflikt am Köcheln zu halten:
„Die jüngsten Erklärungen von Kremlsprecher Dmitri Peskow deuten darauf hin, dass Russland in ungefähr einem Monat [über die Türkei] wieder Gas nach Transnistrien liefern könnte, dann, wenn der Winter noch spürbarer ist (und die Preise natürlich auch), um damit Chișinău politisch zu schaden und die Region Transnistrien weiterhin instabil zu halten. … Der Kreml könnte dann versuchen, sich als 'Retter' Transnistriens zu profilieren und damit sein Image aufzubessern. Mehr noch: Tiraspol könnte auf diese Weise noch mehr auf seine selbst erklärte Unabhängigkeit bestehen.“
Ein finanzieller Sieg
Die Angelegenheit ist ein ernsthafter finanzieller Schlag für den Kreml, resümiert Energieexperte Mychajlo Hontschar in Espreso:
„Kyjiw hat dem Ansturm der trojanischen Pferde des Kremls in der EU standgehalten, ist nicht auf Täuschungsmanöver hereingefallen und hat Moskau letzten Endes dazu gezwungen, seine Gasexporte nach Europa über die Ukraine einzustellen. ... Dadurch wird der Aggressor jährlich sechs bis sechseinhalb Milliarden US-Dollar an Einnahmen aus Gasexporten verlieren, die eine der Quellen für die Finanzierung des Kriegs sind.“
Ukrainische Pipelines im Visier
Glavkom befürchtet nun russische Angriffe auf die ukrainische Gasinfrastruktur:
„Aus der Sicht des Feindes liegt darin eine gewisse Logik: 'Wenn unser Gas nicht mehr durch die Pipeline fließt, dann soll gar keins mehr dort durchfließen.' Russland hat keine Skrupel, nicht nur militärische, sondern auch zivile Infrastruktur zu zerstören. Und 'das Rohr' ist ein wichtiger Aktivposten. Die Ziele werden in erster Linie Gasmessstationen sein, deren Zerstörung die kommerzielle Nutzung der ukrainischen Pipeline erheblich erschweren oder sogar unmöglich machen würde.“