Welche Wirtschaftspolitik macht Trump?
Das Rätselraten, wie Donalds Trumps Politik letztlich aussehen wird, betrifft auch die Wirtschaft. Im Wahlkampf versprach dieser Steuersenkungen, Deregulierungen, weniger Freihandel und mehr Investitionen im Inland. Kommentatoren wittern einen neuen Protektionismus der USA und fragen sich, ob das Ende der Niedrigzinspolitik seine angekündigten Investitionen durchkreuzt.
Trumps gefährliches Spiel mit den Schulden
Im Hinblick auf die von ihm angekündigte Wirtschaftspolitik wird der designierte US-Präsident Donald Trump häufig mit Ronald Reagan verglichen. Doch damals setzte die Periode der Zinssenkung ein, die jetzt zu Ende geht, warnt De Standaard:
„Seit Monaten wenn nicht gar Jahren belauern Anleger und Zentralbanker einander und suchen die Antwort: Wann können Wirtschaft und Börsen wieder aus eigener Kraft laufen? ... Die Zeit scheint jetzt, gleichzeitig mit Trump gekommen zu sein. Doch ein grundlegender Wandel kann nie reibungslos verlaufen. Trump will die Betonmischer laufen lassen und die Steuern senken. Seine Karriere als Geschäftsmann beruht auf aggressiver Schuldenfinanzierung. ... Aber der Schuldenberg, den die öffentliche Hand und Unternehmen jahrelang im Tausch gegen niedrige Zinsen angehäuft haben, wird schnell zur Belastung, wenn das anziehende Wachstum die Zinsen hochtreibt. Trump tut, was niemand wagte: Den schlafenden Riesen wachrütteln. Dass die Zinsen steigen, ist unvermeidlich. Ob damit aber auch das Wachstum zurückkehrt, muss sich erst noch zeigen.“
Nicht protektionistischer Versuchung unterliegen
Die von Trump angekündigte Ausweisung von Einwanderern und die von ihm versprochenen protektionistischen Maßnahmen werden den USA ebenso wie dem Rest der Welt schaden, fürchtet The Malta Independent:
„Nach seiner Amtseinführung als 45. US-Präsident am 20. Januar wird an Trump der Appell gerichtet werden, seine Wahlversprechen umzusetzen. ... Er hat eine kräftige Steuersenkung und Infrastrukturprojekte angekündigt. Außerdem hat er versprochen, Handelsabkommen umzugestalten, die seiner Meinung nach nicht mit den Interessen der USA vereinbar sind. Das betrifft in erster Linie das Abkommen mit China. ... Wenn die USA der Versuchung erliegen, protektionistische Politik zu machen, dann könnte das eine schlechte Nachricht für den Rest der Welt sein. Und wenn die USA Millionen illegaler Einwanderer ausweisen, könnte das den Wohlstand des Landes verringern.“
Arme Volkswirtschaften könnten zusammenbrechen
Dass eine protektionistische Politik der USA insbesondere die Länder der Südhalbkugel ärmer machen würde, glaubt Agata Czarnacka auf ihrem Blog bei Polityka:
„Die USA haben schon immer auf die Wirtschaft geachtet, wenn sie ihre internationalen Beziehungen gepflegt haben. Viele Volkswirtschaften auf der ganzen Welt sind somit vom Export in die Vereinigten Staaten abhängig. Dazu gehören insbesondere die Ökonomien auf der Südhalbkugel. Ein Beispiel für die Güter, die sie in die USA liefern, sind landwirtschaftliche Produkte. Wenn die Vereinigten Staaten nun diese Geschäfte beenden oder die Bedingungen dafür ändern, dann könnte dies für diese Volkswirtschaften sogar den Zusammenbruch bedeuten. Davon dürften sie sich nur schwer wieder erholen.“
Unternehmen können sich auf Gewinne freuen
Warum der Börsenschreck nach der Wahl Trumps ausgeblieben ist, erläutert Jornal de Negócios:
„Die Reaktion der Märkte auf den unerwarteten Sieg von Trump war eine der Überraschungen dieser Woche: Statt dem erwarteten Debakel sind die Aktienkurse, sowohl in den USA als auch in Europa, gestiegen. Der US-Börsenindex Dow Jones hat sogar einen neuen Spitzenwert erreicht. Der gemäßigte und versöhnliche Tenor von Trumps Siegesrede war einer der Gründe für die Stimmung unter den Anlegern. … Sie hat aber auch mit einigen Ankündigungen zu tun, die Trump zu seinem möglichen Wirtschaftsprogramm gemacht hatte: Er hat Steuererleichterungen und ein umfangreiches Investitionsprogramm in die Infrastruktur des Landes versprochen. Was bedeutet, dass Unternehmen in der Banken- und Industriebranche große Gewinne erwarten.“
Die Reichen werden noch reicher
Was kann Trump wirtschaftlich erreichen, fragt sich Dagens Nyheter und weiß nur eine konkrete Auswirkung seiner Wahl zu benennen:
„Die Steuern werden drastisch gesenkt, darüber ist sich Trump mit den Republikanern einig. Es ist offensichtlich, dass die großen Vorteile an die Wohlhabenden seiner eigenen Sorte gehen. ... Trump will wie die Demokraten die Infrastruktur ausbauen. Das kostet Geld, was die Republikaner nicht mögen. Vorstellbar ist, dass er ein genialer Vermittler ist, der mit wechselnden Mehrheiten im Kongress regiert. Doch bis jetzt wurde die politische Geschmeidigkeit, die dazu notwendig ist, nicht deutlich. Eines ist jedenfalls sicher. Diesmal können die Republikaner nicht die Demokraten verantwortlich machen, dass sich die Träume nicht erfüllt haben. Sie haben die Macht.“
Protektionismus ist utopisch
Die von Trump versprochene protektionistische Wirtschaftspolitik lässt sich nicht einfach so umsetzen, freut sich El País:
„Es gibt Gründe, verhalten optimistisch zu bleiben. Der hochbeschworene Protektionismus des Kandidaten, seine Angriffe auf die Globalisierung und seine Drohungen bezüglich Schutzzöllen und Handelsbarrieren sind schwer umsetzbare Ideen. Weder kann man sich aus bereits unterzeichneten Handels- oder Umweltabkommen einfach zurückziehen, noch gibt es innerhalb der Republikanischen Partei einen Konsens bezüglich dieser protektionistischen Neurose, die den neugewählten Präsidenten befallen hat. Allerdings ist offensichtlich, dass ein für Europa wichtiges Projekt - das Freihandelsabkommen TTIP - zumindest stark verzögert, wenn nicht sogar nahezu definitiv auf Eis gelegt wird.“
Trumps Versprechen werden ihm zum Verhängnis
Mit seinen wirtschaftlichen Wahlversprechen wird Trump die Interessen seiner verarmten Mittelschichtswähler nicht befriedigen können, analysiert La Stampa:
„Die Absage an internationale Handelsabkommen wird schwerlich dem Wachstum der Produktivität zuträglich sein und somit auch kaum den Lohn der Mittelschicht anheben. Im Gegenteil, weniger Handel mit dem Ausland könnte die Wettbewerbsfähigkeit und das Streben nach technologischer Erneuerung beeinträchtigen und somit das Land weiter verarmen lassen. ... Mit Steuersenkungen für Unternehmen könnte Trump hingegen bei der Mittelschicht erfolgreich sein. Doch weniger Steuereinnahmen müssen mit weniger Ausgaben kompensiert werden. Dies geht auf Kosten der öffentlichen Investitionen in Infrastruktur, von denen jedoch die Ankurbelung des Wachstums und der Produktivität im entscheidenden Maße abhängt.“