Von Riad nach Tel Aviv: Trump besucht Nahost
Bei seinem Besuch in Israel und den Palästinensergebieten zum Abschluss seiner Nahost-Reise hat US-Präsident Donald Trump angekündigt, sich für den Frieden zwischen den Konfliktparteien einzusetzen. Europas Kommentatoren kritisieren, dass er dabei wenig konkrete Vorschläge machte und Streitpunkten aus dem Weg ging.
Ein völlig ideenloser Präsident
Abbas hat Trump gegenüber seine Forderung nach einem unabhängigen palästinensischen Staat bekräftigt. Vom US-Präsidenten hingegen war wenig Aussagekräftiges zu hören, meint Gândul:
„Donald Trump hat hartnäckig vermieden, auch nur eine der chronischen Streitfragen der israelisch-palästinensischen Beziehungen anzusprechen. Er hat sich noch nicht einmal getraut, den Ausdruck 'zwei Staaten' oder das Wort 'Siedlungen' auszusprechen, wie die israelische Presse bemerkt. Er hat alle zurückgelassen ohne auch nur eine vage Idee zu äußern, wie seiner Meinung nach eine Konfliktlösung aussehen und der Frieden erreicht werden könnte. Und das vor dem Hintergrund seiner Ankündigung, er werde die Sache schnell lösen. ... Es ist kaum vorherzusagen, was Trump zu Hause erwartet, und ob der 'kolossale Erfolg' dieser Rundreise seine Probleme mildern kann. Doch so wie man den israelischen Premier [Netanjahu] kennt, macht der schon Notfallpläne und stellt sich auf [US-Vizepräsident] Mike Pence als neuen Präsidenten ein.“
Kein Friedensplan in Sicht
Für De Volkskrant hat Trumps Reise keinerlei Aussicht auf Frieden gebracht:
„Der amerikanische Präsident erklärte, persönlich bei einem Abkommen helfen zu wollen. Unter der Bedingung, dass beide Parteien ehrlich den Frieden wollen und bereit sind, 'schwierige Entscheidungen' zu treffen. Das ist nicht viel. Nach Trumps zweitägigem Besuch in Israel und den palästinensischen Gebieten ist nichts von einem amerikanischen Friedensplan zu erkennen. Seine leidenschaftlichsten Worte widmete er dem Terrorismus und dem Iran.“
Vorwärts in die Vergangenheit
Das Handelsblatt glaubt nicht, dass Trump zum Dealmaker des Friedens für den Nahen Osten wird:
„Der US-Präsident kommt mit keiner neuen Strategie in die Krisenregion, sondern setzt auf die alte Koalition des Status quo. Obama wollte noch dem 'Arabischen Frühling' zum Durchbruch verhelfen, Trump richtet sich auf einen langen politischen Winter in der Region ein. … Seine Administration setzt auf die alten Allianzen - mit Autokraten in Saudi-Arabien und Ägypten auf der einen und dem rechten Likud-Block Netanjahus auf der anderen Seite. Das ist exakt jene Koalition des Status quo, die über viele Jahre hinweg einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten verhindert hat. Trump will mit seinem frühen Besuch in der Krisenregion ein Zeichen setzen. Wer genau hinschaut, sieht, dass dieses Zeichen zurück in die Vergangenheit weist.“
Unglaubwürdige Strategie
Die Nahostpolitik der USA bleibt auch unter Trump widersprüchlich, analysiert der Geopolitiker Hadrien Desuin in Causeur:
„Die Saudi-Araber und die Israelis waren angesichts der Verhandlungen über das iranische Atomprogramm sehr besorgt. Trump ebenso. Im Übrigen hat er dem 'gemäßigten' Rohani nicht zu seiner Wiederwahl gratuliert. Im Gegenteil. Für den Tag nach dessen Sieg hat er einen Besuch in Riad angesetzt. Dieser Zufall hat etwas Beunruhigendes. Die ersten Kontakte zwischen Kronprinz Salman und dem Präsidenten waren sehr gut. Und das werden sie sicher auch bleiben. ... Donald Trump setzt die schizophrene Politik der Vereinigten Staaten fort: Auf der einen Seite predigt er im Nahen Osten amerikanische Werte, auf der anderen beschwört er eine heilige militärisch-industrielle Allianz mit dem rückwärtsgewandtesten Regime der Region. Wer den Islam zur Mäßigung ermahnen will, macht seine erste Auslandsreise nicht nach Riad, in die weltweite Hauptstadt des Salafismus. Das ist nicht glaubwürdig.“
Der Besuch stinkt zum Himmel
Trump hat sich am Samstag in Riad zu einem traditionellen Schwerttanz mitreißen lassen. Dieses freundliche Bild kann jedoch nicht über den bitteren Beigeschmack des Waffenhandels im Wert von 110 Milliarden Dollar mit den Saudis hinwegtäuschen, meint Karar:
„Was passiert mit den Waffen? Gegen welchen Feind werden die Saudis diese und die bereits zuvor tonnenweise gekauften Waffen und Militärflugzeuge einsetzen? ... Ist der Politiker, der den Bürgern einiger islamischer Länder die Einreise nach Amerika verboten hatte, jetzt in das Land gekommen, in dem der Islam geboren wurde, um Geld zu sammeln und das Schwert zu schwingen? ... Wenn etwas stinkt, dann stinkt es. Waffen und Militärflugzeuge, die keine weitere Funktion haben, als die Waffenindustrie am Leben zu erhalten, und von denen man weiß, dass sie in Depots der Käuferländer der Verrottung ausgesetzt werden, können nicht verbergen, was da stinkt.“
Historisches Versöhnungsangebot
Als einen großen Schritt nach vorn lobt hingegen To Vima das Auftreten Trumps in Saudi-Arabien:
„Etwas Ähnliches ist bisher nicht geschehen. Trump hat die Führer von muslimischen und arabischen Staaten dazu eingeladen, im Kampf gegen den islamischen Terrorismus zu kooperieren und es nicht zuzulassen, dass durch den Terrorismus eine Feindschaft zwischen Nationen und Völkern entsteht. ... Sein Appell wurde von den Zuhörern bemerkenswert positiv aufgenommen, und der König von Saudi-Arabien wird seinem Land eine Schlüsselrolle in diesem Kampf geben. Die Verbindungen zwischen diesen Ländern und dem Westen scheinen in eine völlig neue Phase zu treten, was der einzige Weg ist, um die Dinge auszugleichen und die Voraussetzungen für eine wirksame Bekämpfung des islamischen Terrorismus im Westen zu schaffen. Selbst die noch nie dagewesenen Wirtschafts- und Rüstungsabkommen zwischen den beiden Ländern USA und Saudi-Arabien sind ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“
Allianz mit Hindernissen
Der Erfolg der in Riad geschmiedeten Kooperation hängt von mehreren Faktoren ab, analysiert die staatliche ägyptische Tageszeitung Al-Ahram:
„Erstens möchten wir wissen, inwieweit wir uns auf die Amerikaner verlassen können. Früher haben wir unsere Erwartungen allzu oft auf Sand gebaut. ... Zweitens: Die arabisch-islamisch-amerikanische Allianz oder Zusammenarbeit sollte Prioritäten setzen. Wenn wir darüber sprechen, den Terrorismus zu bekämpfen, dann geht das nicht ohne die endgültige Lösung des Palästinakonflikts. ... Sind die USA bereit, Druck auf Israel auszuüben und mit dem Konflikt neutral umzugehen? Ebenso wie die USA den Iran als Gefahr für die Sicherheit und Stabilität im Nahen Osten betrachten, sollten sie einsehen, dass Israel keine geringere Bedrohung darstellt. ... Drittens: Es wird Zeit, dass die Araber und Muslime Druckmittel in den internationalen Beziehungen ins Spiel bringen. Sie sind sicher nicht schwach und sollten nicht immerzu nur die Pläne der einflussreichen und mächtigen Länder umsetzen.“
Gefährlicher Waffendeal
Durch das Waffengeschäft der USA mit der Golfmonarchie könnten die Konflikte im Nahen Osten gefährlich angeheizt werden, kritisiert Adevărul:
„Saudi-Arabien wird damit in den Händen der Amerikaner zum unangefochtenen Anführer der gesamten sunnitischen Welt, der sich nun an einem interkonfessionellen Krieg beteiligen könnte, um mit aller Macht und Gewalt gegen die traditionellen Feinde - die Schiiten - vorzugehen, deren aktueller Lebensraum vor allem im Iran ist. ... Doch ein Militärangriff gegen den Iran könnte dazu führen, dass bereits bestehende Grenzen neu gezogen werden. Würde das nicht alle internationalen Abkommen infrage stellen und vor allem die alten Garanten (die westlichen europäischen Mächte) aus der Gleichung entfernen? Und müsste nicht auch Russland seinen historischen Traum beerdigen, über den Iran Zugang zur strategischen Golfzone zu bekommen?“
Herablassende Rede
Mit der Rede des US-Präsidenten in Riad beschäftigt sich Irish Independent:
„Nachdem er die 'Fake-News' erfunden hatte, schenkte Amerikas durchgedrehter Präsident der muslimischen Welt eine Fake-Rede. Trump sagte, er wolle Saudi-Arabien nicht 'belehren' - und erklärte daraufhin den islamischen Predigern der Welt, was sie tun sollten, verurteilte den 'islamistischen Terrorismus', als wäre Gewalt ausschließlich ein muslimisches Phänomen und verkündete dann wie ein alttestamentarischer Prophet, dass er eine 'Schlacht zwischen Gut und Böse' kämpfe. Es gab keine Worte des Mitgefühls, der Barmherzigkeit und absolut kein Wort der Entschuldigung für seine rassistischen, anti-muslimischen Reden des letzten Jahres. Es ist noch unglaublicher, dass er zudem dem Iran - statt dem sogenannten IS - 'das Anheizen von konfessioneller Gewalt' vorwarf, einen Tag, nachdem dieses Land einen liberalen Reformer zum Präsidenten gewählt hat.“
EU muss sich um Iran kümmern
Nachdem sich US-Präsident Trump mit der gigantischen Waffenlieferung auf die Seite Saudi-Arabiens geschlagen hat, muss die EU den Ausgleich mit dem Iran suchen, glaubt der Tages-Anzeiger:
„Waren die USA unter Obama auf Ausgleich bedacht und vermieden es, sich in der politisch instrumentalisierten Auseinandersetzung zwischen Sunniten und Schiiten auf eine Seite zu schlagen, wollen Trump und seine Leute Iran isolieren und eindämmen. Europa muss in dieser Situation eine Mittlerrolle einnehmen, auch wenn ihm die harten Mittel der Macht fehlen. Das Festhalten am Atomabkommen mit Iran gehört genauso dazu, wie die Pflege der Beziehungen zu beiden Seiten des Golfs. Saudi-Arabien und Iran sind schwierige Partner, aber unverzichtbar für die Lösung der Konflikte in der Region. Nur wer ernsthaft mit beiden Seiten redet, leistet einen Beitrag, die wachsende Gefahr einer Konfrontation zu bannen.“
Hoffnung für Israel und Palästina
Mit Trump kommen wir im Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern vielleicht einer Lösung näher, hofft Ran Halévi, Historiker in der nationalen Forschungsorganisation CNRS, in Le Figaro:
„Es sieht so aus, als sei die Trump-Administration zum Handeln entschlossen. Sie weiß, dass ein definitives Abkommen nicht in Aussicht steht, obwohl alle Protagonisten die groben Linien seit Langem kennen. Aber sie will zumindest Umstände schaffen, die es ermöglichen, den Friedensprozess aus der explosiven Sackgasse zu manövrieren. Trump will anscheinend keine Strategie vorgeben, sondern erwartet, dass die Protagonisten beider Seiten ihm Vorschläge machen, dass sie sich in ihrem Handeln offen zeigen, und vor allem, dass sie wirklich den Willen an den Tag legen, die Dinge erfolgreich zu Ende zu bringen. ... Es ist nicht ausgeschlossen, dass dieser versatile und unvorhersehbare Mann einen historischen Durchbruch im tragischen Konflikt zwischen Israel und Palästina in die Wege leitet.“