Empörung über Trumps Einreiseverbot
Einige US-Technologiekonzerne schließen sich einer Klage gegen den von Trump verhängten Einreisestopp an. Der US-Präsident hatte am Samstag ein Dekret unterzeichnet, das Bürgern aus Iran, Irak, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien und Jemen die Einreise für 90 Tage untersagt. Warum ausgerechnet diese Staaten, fragt sich die Presse.
Nur irrelevante Länder betroffen
Trump hat jene sieben Länder bewusst ausgewählt, sind sie doch für die USA strategisch unwichtig, meint die Tageszeitung Magyar Nemzet:
„Obwohl Trump laut einzelnen Medien sein Dekret ohne Absprache mit Juristen erlassen hat, wäre es ein Fehler zu behaupten, dass er nicht bewusst gehandelt hat. Es wurden nämlich ausschließlich Staaten ausgewählt, die in geopolitischer Hinsicht keinerlei Einfluss auf die USA haben. Obwohl die Terrorgefahr als Hauptbegründung für das Einreiseverbot dient, dürfen etwa Bürger Saudi-Arabiens, einem eminent wichtigen Partner der USA im Nahen Osten, nach Amerika einreisen. Zur Erinnerung: Die Terroranschläge an 9/11 wurden mehrheitlich von saudischen Bürgern verübt. Ebenso dürfen Staatsbürger Ägyptens, wo es gleichfalls viele Terrornester gibt, ohne weiteres in die USA einreisen, gilt doch Kairo seit jeher als einer der wichtigsten Verbündeten Washingtons.“
Schizophrene Außenpolitik
Die zwiespältige Haltung Trumps gegenüber islamischen Staaten ruft in Le Figaro böse Erinnerungen wach:
„Die Entscheidung, es auf syrische, irakische und iranische Staatsbürger abzusehen, stimmt nachdenklich, wenn man sich bewusst macht, dass die USA diese drei Nationen dringend benötigen, um den IS zu vernichten. Dass Saudi-Arabien und Pakistan ausgenommen sind, veranlasst dazu, eine Rückkehr zur Schizophrenie der Jahre von [Ex-Vizepräsident] Cheney und [Ex-Verteidigungsminister] Rumsfeld [2001-2006] zu befürchten: auf der einen Seite der Krieg gegen die dschihadistischen Organisationen, auf der anderen die wirtschaftlich-militärische Partnerschaft mit deren finanziellen Förderern. ... Die Entscheidung, die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen, der Anruf bei der nach Unabhängigkeit strebenden taiwanesischen Regierung, die brutale Abkühlung der Beziehungen zu Kanada und Mexiko deuten darauf hin, dass Trump die Folgen seines Handelns nicht vollständig abschätzt.“
EU beweist Unfähigkeit und Schwäche
Die EU muss sich vehement gegen das Einreiseverbot stellen, fordert NRC Handelsblad:
„Der Präsident der USA, der Führer der westlichen Welt, hat auf brutale Art einen Unterschied gemacht zwischen den Menschen eines bestimmten Glaubens und den anderen. Das ist ein Verstoß gegen die Universale Menschenrechtserklärung aus dem Jahre 1948, die die USA unterzeichnet haben. ... Die Entwicklungen unter Trump gehen schnell. Sehr schnell. Für viele Verbündete zu schnell. Die zunächst zurückhaltenden und vorsichtigen Reaktionen aus europäischen Ländern auf die Visumsmaßnahmen von Trump waren kein Ausdruck einer festentschlossenen Standhaftigkeit. Die Europäische Union hatte bis Sonntag als Gesamtheit noch nichts von sich hören lassen. Die von Trump kritisierte Unfähigkeit der EU hätte nicht besser demonstriert werden können.“
Boykott wäre nicht zielführend
Donald Trump ist der gewählte Präsident einer großen Nation, daher haben Europas Politiker gar keine andere Wahl, als sich mit ihm zu arrangieren, meint hingegen The Irish Independent:
„Die Realpolitik in den internationalen Beziehungen gebietet, dass wir uns mit Staatsführern und Regierungen einigen, denen wir ablehnend gegenüberstehen oder mit denen wir nicht übereinstimmen. Auf Basis dessen sind an die irische Regierung und den Premier gerichtete Aufrufe, den neuen US-Präsidenten Donald Trump zu meiden, nicht sehr realistisch. Bei diesen Aufrufen wird die Tatsache übersehen, dass Trump - ganz gleich, was man über ihn denkt - nun der demokratisch gewählte politische Führer eines großen Landes ist. ... Doch das bedeutet nicht, dass wir nicht offen unsere Meinung sagen sollten, insbesondere bei Fragen der Justiz und der Menschenrechte.“
Unternehmen dürfen nicht schweigen
Die Wirtschaftsvertreter sollten sich trauen, gegen das Einreiseverbot zu protestieren, fordert die Frankfurter Allgemeine Zeitung:
„Noch in der vergangenen Woche herrschte eitel Sonnenschein, als Top-Manager sich mit Trump trafen und hinterher voll des Lobes waren. ... Jetzt gehen einige Unternehmen doch aus der Deckung und sprechen sich gegen das Dekret aus, manche behutsam, andere wie die Chefs von Facebook und Netflix in sehr deutlichen Worten. ... Vertreter traditioneller Industrien mischen sich bisher nicht ein. Dabei könnte zum Beispiel auch der Autohersteller Ford mit Sitz in einem muslimisch geprägten Vorort von Detroit Stellung beziehen. Ford und andere Unternehmen haben natürlich schon zu spüren bekommen, was es heißt, zur Zielscheibe von Trump zu werden. Aber führt Schweigen zu besserer Politik? Das Silicon Valley hat den Anfang gemacht, andere Unternehmer sollten folgen.“
Warum das Silicon Valley sich erhebt
Dass Unternehmen aus dem Silicon Valley sich dem Protest gegen das Einreiseverbot angeschlossen haben, sollte Trump zu denken geben, meint Il Sole 24 Ore:
„Trump wäre gut beraten, dem Rechnung zu tragen. Denn hier geht es nicht um Handel, Zölle oder das Schaffen von Arbeitsplätzen im Inland. ... Hier steht der zentrale Wert amerikanischer Unternehmen auf dem Spiel: Die Angestellten eines multinationalen Konzerns sind sicher Bürger ihres Herkunftslandes, doch sie sind auch und vor allem stolze Bürger eines großen Unternehmens, das erklärtermaßen nicht diskriminiert, Leistungsprinzip und Chancengleichheit verspricht, und die Identität des Unternehmens über alles stellt. ... Trumps Diskriminierung sieben islamischer Staaten unterwandert die Basis der großen Philosophie, auf der nicht nur die amerikanischen Unternehmen stehen, sondern ganz Amerika seinen Ruf aufgebaut hat, ein weltoffenes Land zu sein.“
Trump führt das Werk seines Vorgängers fort
Für Kristeligt Dagbladet sind die USA schon längst kein offenes Einwanderungsland mehr:
„Dass das Einreiseverbot an sich kein radikaler Bruch mit der angeblichen amerikanischen Offenheit gegenüber Fremden ist, zeigt die Bilanz der Amtszeit von Barack Obama. Ginge es nach dem Ex-Präsidenten, der in diesen Tagen den Heiligenstatus erhielt, würden die USA dieses Jahr 110.000 Flüchtlinge aufnehmen. Das entspräche einem Viertel der Menschen, die Dänemark 2016 aufgenommen hat - einem Jahr, in dem das Land von verschiedenen Seiten für Grenzkontrollen, das Schmuckgesetz und neue strengere Regelungen des Ausländerrechts beschimpft wurde. Um ein unverzerrtes Bild zu zeigen, muss man auch die Tatsache erwähnen, dass Barack Obama im Laufe seiner Amtszeit alle Rekorde gebrochen hat, was die Abschiebung von in den USA unerwünschten Menschen betrifft. ... Trump wurde unter anderem gewählt, weil er angekündigt hat, drei Millionen Einwanderer abzuschieben. Er hat noch einen langen Weg vor sich, aber sein Debut macht deutlich, dass er es ernst meint.“
Der Widerstand wird siegen
Trumps Einreiseverbot hat eine Massenbewegung ins Leben gerufen, die sich für Freiheit und Chancengleichheit einsetzt, freut sich 24 Chasa:
„Der heftige Widerstand gegen Trumps Dekrete zeigt, dass die USA nicht wegen des Iphones oder Coca-Cola ein großartiges Land sind, sondern wegen der Freiheit, die sie jedem Bürger gewähren. Ihr wirtschaftlicher Erfolg wurzelt in der Freiheit und nicht umgekehrt. Die USA sind ein Einwanderungsland, in dem jeder die Chance bekommt als Gleichberechtigter dazu zu gehören. ... Trump hat sich gegen dieses Grundprinzip der USA gestellt und somit gegen seine eigenen Bürger. … Darum lautet von jetzt an die Frage nicht, wer am Ende gewinnen wird, sondern wann Trump unterliegen wird. Indem Trump diejenigen Menschen mobilisiert, die die Verletzung der amerikanischen Grundwerte nicht zulassen wollen, wird er Amerika tatsächlich wieder großartig machen, wenn auch nicht auf die Art und Weise, wie er sich das vorgestellt hat.“
So geht Gewaltenteilung
Dass Richter in den USA entschieden haben, dass von dem Dekret betroffene Muslime trotzdem in die USA einreisen dürfen, lobt Hürriyet:
„Da habt ihr die Gewaltenteilung! Trump hat einen Erlass verabschiedet, der sagt: 'Muslime kommen nicht in mein Land.' Aber da waren Richter. Die haben gesagt, so ein Erlass geht nicht, den zerreißen wir und werfen ihn weg. Ergebnis? Das, was die Richter gesagt haben, wird gemacht. An alle, die sich die Nase reiben beim Thema, was wohl Gewaltenteilung heißt: Jetzt habt ihr gesehen, was es ist!“
Wahlversprechen zählen mehr als Gesetze
Warum Trump das umstrittene Dekret unterzeichnete, beschäftigt Il Sole 24 Ore:
„Gab es etwa einen Notstand, der die Unterzeichnung des Dekrets des Einreiseverbots unabdinglich machte? Gab es eine Terrorattacke? Gab es Mahnungen der Geheimdienste, die von einer immanenten Gefahr aus den diskriminierten Ländern sprachen? ... Nichts dergleichen. Es handelt sich nur um ein Wahlversprechen, das sich auf ein Gesetz von 1952 beruft, das dem Präsidenten bei mutmaßlicher Gefährdung der Nation die Befugnis erteilt, ganzen Gruppen von Ausländern einer bestimmten Nationalität die Einreise zu verbieten. Dieses Gesetz wurde als diskriminierend und inakzeptabel eingestuft und 1965 wieder aufgehoben. Dennoch bezieht sich Trump weiter darauf, um seinen Erlass zu rechtfertigen. Ein Erlass, der dem Zeitgeist widerspricht und wider die amerikanische Tradition ist, so wie wir sie seit der Zeit der Gründerväter kennen.“
Präsident schürt Hass
Das Einreiseverbot wird nicht die Sicherheit, wohl aber den Hass verstärken, meint Zeit Online:
„Technisch ist die Anordnung zwar kein grundsätzlicher Bann aufgrund von Religionszugehörigkeit, doch das vorläufige Einreiseverbot ... wird sicher nicht nur in diesen Ländern so empfunden. Damit ist die grundlegende Motivation, aus der Trump angeblich handelt, bereits ad absurdum geführt: Die USA sollen durch diesen Schritt sicherer werden, der Präsident sieht sein Dekret als geeignetes Mittel, um das Land vor Terroristen zu schützen. ... Er bedient die Angst seiner Anhänger vor dem Fremden, wie sie sich auch in den Gewaltakten gegen Muslime und andere Minderheiten in den USA schon während seines Wahlkampfs Bahn gebrochen hat. Es ist - wieder einmal - ein brutal kurzsichtiger Schritt, der wenig geeignet ist, seine angeblichen Ziele zu erfüllen. Der dafür umso mehr die Grundlage für neuen Hass schafft: in den USA selbst wie in der arabischen Welt.“
Muslime müssen endlich dem Terror abschwören
So lange Muslime Gewalttaten im Namen ihrer Religion begehen und das von anderen Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft nicht glaubhaft verurteilt wird, ist das Einreiseverbot gerechtfertigt, lobt hingegen The Daily Mail:
„Ob die Muslime es nun anerkennen wollen oder nicht, Extremisten begehen Gräueltaten im Namen Allahs. Sie tun das in Übereinstimmung mit ihrer Interpretation des Islam, indem sie sich an das halten, was sie als Vorgabe sehen. Was zu diesem Dekret geführt hat, sind nicht nur die Schuss-, Messer- und Sprengstoffattacken islamistischer Extremisten auf friedliche Bürger des Westens. Nein, es ist auch das jämmerliche Versagen der muslimischen Gemeinschaft, diese abscheulichen Taten zu verurteilen. Es verstört viele, dass nach jedem terroristischen Angriff auf Seiten der Familien und Gemeinschaften, in denen die Terroristen aufgewachsen sind, und auf Seiten der Moscheen, die diese besucht hatten, zu großen Teilen geschwiegen wird.“