Berliner Mietendeckel: ein Modell für ganz Europa?
In Berlin werden die Mieten fünf Jahre lang auf dem heutigen Niveau eingefroren. Der sogenannte Mietendeckel, den die rot-rot-grüne Landesregierung in der vergangenen Woche beschloss, ist in Deutschland stark umstritten. In anderen Ländern diskutieren Journalisten, ob man dem Berliner Beispiel folgen sollte.
Die Provinz stärken
Respekt schlägt für Tschechien vorerst andere Maßnahmen vor:
„Wohnen ist ein Thema, das die Demokratie gefährden kann. Deshalb müssen hier Staat und Kommunen zusammenarbeiten. Gäbe es beispielsweise zwischen Prag und Kladno oder Prag und Ústí nad Labem perfekte Zugverbindungen, könnten viele Menschen in die günstigeren Wohnstädte umziehen. Letztere würden ihre Anziehungskraft noch erhöhen, wenn man dort investieren würde in Bildung, Gesundheitswesen und andere Dienstleistungen, die Sache des Staats sind. ... Derweil kann man immer noch sehen, wie das Berliner Experiment ausgeht.“
Mindestlohn erhöhen
Auch für Ziarul Financiar drängen sich andere Wege auf, um die Wohnungskrise zu lösen:
„So sollten wir über das Thema Lebenshaltungskosten versus Gehälter sprechen. Der Moment für diese Diskussion ist gekommen, im Namen derjenigen jungen Leute, die Rumänien verlassen wollen. ... Wenn wir eine nachhaltige Gesellschaft aufbauen wollen, sollte die Regierung aufmerksam sein für den Druck, der auf den Schultern der Arbeitnehmer lastet. … Wir müssen ein Gleichgewicht zwischen Menschen und Unternehmen finden und sollten einen wirklichen Dialog über soziale Ungleichheit und Wohlstand für die Massen beginnen. Und sicher, die weitere Erhöhung des Mindestlohnes [derzeit rund 440 Euro brutto] wäre eine Lösung, um die Ungleichheit zu bekämpfen.“
Diese Lösung sollte tabu sein
Echo24 sieht das Problem zu teuren Wohnraums auch in Prag, warnt aber mit Blick auf die Geschichte vor Berliner Experimenten:
„Wegen der geringen Kaufkraft der Bevölkerung ist Prag ein fast extremes Beispiel für teures Wohnen in Europa. Die künftig geltende Berliner Höchstmiete von 9,80 Euro pro Quadratmeter liegt um ein Drittel unter der durchschnittlichen Marktmiete in Prag. ... Für 55 Prozent der jungen Prager ist das heute das größte Problem. Daraus folgt, dass die tschechische Jugend in Sachen Wohnen für linke Theorien viel anfälliger ist. Glücklicherweise lässt sich die Prager Kommune nicht von Berlin inspirieren. Gut so, angesichts der tristen Erfahrungen mit geregelten sozialistischen Mieten.“
Ein Vorbild für Budapest
Obwohl die Wohnstruktur sich anders als in Berlin entwickelt hat, können von dem Mietendeckel auch die frisch gewählten linken Stadtverwaltungen Ungarns etwas lernen, meint das Nachrichtenportal Mérce:
„Das Gesetz, das etwa 1,5 Millionen Haushalte begünstigt, scheint aus Budapester Sicht eine erwähnenswerte Entwicklung zu sein: auf einen starken gesellschaftlichen Druck hin konnte eine linke Stadtverwaltung gegen die Kapitalinteressen, die vom Wohnraum der städtischen Bevölkerung profitieren, vorgehen. Man muss abwarten, ob das reicht und ob diese Gesetzgebung die radikaleren Initiativen [wie die Forderung nach Enteignung der Eigentümer] bremsen wird.“