Corona-Krise: Gesundheit oder Wirtschaft?
Immer wieder stellt die Pandemie die Politik vor schwierige Entscheidungen: Wie viel Einschränkung ist zumutbar, ohne dass die Wirtschaft zusammenbricht? Und wie viel Lockerung, ohne zu viele Leben zu gefährden? Mit der Aussicht auf wirksame Impfstoffe stellen sich diese Fragen noch einmal neu. Kommentatoren sehen Wirtschaft und Gesundheit nicht als Gegensätze.
Manipulation mit angeblichen Bedürfnissen
Der Falter fragt sich, ob die Bedürfnisse, die der Bevölkerung zugeschrieben werden, tatsächlich existieren:
„Überall scheint's dieselbe Verteilung zu sein: aufseiten der Bevölkerung ein Drängen. Aufseiten der Politik bremsen, sperren, verbieten. ... Aber ist das wirklich so eindeutig? Wird hier nicht ein Drang unterstellt, ein nationaler Trieb gewissermaßen, der eine Wirtschaftsentscheidung legitimieren soll? ... Etwa der Wunsch, Ski zu fahren inmitten einer Pandemie. Ein Wunsch, der behauptet und geschürt wird. ... [D]ieses vorausgesetzte Drängen dient ja als Legitimation. Sie setzt unsere Irrationalität voraus und befördert sie im Namen einer ökonomischen Vernunft (die Betten müssen belegt, die Lifte befahren, das Essen verkauft werden). ... Wenn man eines in Pandemiezeiten lernt, so ist es, wie Manipulation funktioniert.“
Zwei Seiten einer Medaille
Wirtschaft und Gesundheit können nur gemeinsam gedacht werden, schreibt Jornal Económico:
„Es ist nicht möglich, das Gesundheitsproblem ohne die Wirtschaft zu lösen, so wie eine gesunde Wirtschaft eine gesunde Bevölkerung erfordert. Die Wirtschaft wird heute auch immer noch von Gesundheitsausgaben angetrieben, ein Trend, der mit zunehmendem Alter der Bevölkerung tendenziell zunehmen wird. Es ist wichtig, das nationale Gesundheitssystem zu stärken, denn es ist die Hauptstütze der Reaktion auf die Pandemie in einer der langlebigsten Volkswirtschaften der Welt. Diese Aufgabe wird jedoch umso schwieriger, je ausgeprägter der Zusammenbruch der Wirtschaftstätigkeit ist.“
Wir schlittern ins zweite Seuchenjahr
Selbst wenn es gesundheitlich nach oben gehen sollte, wird die Pandemie auch 2021 prägen, ist sich der Journalist Daniel Apostol in Jurnalul National sicher:
„Es ist schon jetzt klar, dass die Schwere und Dauer der Wirtschaftskrise vor allem vom Erfolg des Gesundheitsplans abhängt, und weniger von der Bereitschaft der Staaten, Geld in die Realwirtschaft zu pumpen. Dennoch bleibt die zweite und die dritte Pandemiewelle - und wer weiß, wie viele Wellen noch kommen werden - eine extreme Bedrohung für die bereits fragilen Ökonomien, selbst wenn ein flächendeckend verfügbarer Impfstoff sich als wirksam erweisen könnte. ... So bald werden wir das tiefste Tal der Weltwirtschaft der vergangenen 100 Jahre nicht verlassen. 2020 endet in wenigen Wochen, doch wissen wir nicht sicher, ob dann auch der Ausdruck 'Virusjahr' ausgedient hat.“
Impfen rettet auch Arbeitsplätze
Delo ist optimistisch, was Sloweniens Wirtschaft betrifft:
„Von Anfang Juli bis Ende September reagierte die slowenische Wirtschaft überdurchschnittlich gut auf die Lockerung der Covid-Maßnahmen und hob sich nach Angaben des Statistischen Amtes deutlich vom Talboden des zweiten Quartals ab. ... Neben der Erholung der Industrie, die vergleichsweise noch gut in Form ist, war die Lockerung bei den Dienstleistungen im Sommer insbesondere für Tourismus, Gastronomie und Handel eindeutig sehr vorteilhaft. ... Ein Impfstoff hätte mit geeigneten Pandemiebekämpfungsmaßnahmen nicht nur unschätzbare gesundheitliche Folgen, sondern auch positive Auswirkungen auf Wirtschaft, Soziales und öffentliche Finanzen. Ein Grund mehr, dass sich die Regierung schnellstmöglich mit einer funktionierenden, wirkungsvollen Impfstrategie für Bürger befasst, die neben Leben auch Arbeitsplätze schützen würde.“
Kapitalismus schützt vor Bankrott
Nicht Regierungsmaßnahmen, sondern die Mechanismen der freien Marktwirtschaft bewahren Bulgariens Wirtschaft vor dem Kollaps in der Corona-Krise, schreibt 24 Chasa:
„Dank der Flexibilität der Banken, die günstige Immobilienkredite anbieten, ist der Wohnungsmarkt im Jahr 2020 konstant geblieben und sogar etwas angestiegen. Das wiederum nährt die Baubranche und alle, die direkt oder indirekt darin beschäftigt sind. Die Menschen sehen ein, dass es besser ist, in Immobilien zu investieren, als das Geld unter der Matratze oder auf der Bank zu horten - nicht für irgendwelche spekulativen Geschäfte, sondern einfach, um sich eine Eigentumswohnung zu kaufen, jetzt, wo die Kredite günstig sind. Der smarte Kapitalismus funktioniert. Das sollten sich alle merken, die nicht daran glauben.“