Bidens Konjunkturprogramm: Vorbild für Europa?
Joe Bidens Corona-Auffangmaßnahmen kosten 1,9 Billionen Dollar, nun soll ein Konjunkturpaket mit weiteren zwei Billionen Dollar Umfang folgen, mit Programmen für mehr Sozialstaat, Klimaschutz und die Sanierung maroder Infrastrukturen. Finanzieren will Biden dies durch die erste große Steuererhöhung in den USA seit 30 Jahren; vor allem Reiche und Betriebe sollen mehr zahlen.
Endlich Schluss mit knallharter Sparpolitik
Europa sollte sich von Bidens Plänen inspirieren lassen, findet To Vima:
„Biden ist nicht Roosevelt, aber er möchte die öffentlichen Ausgaben erhöhen, Geld in die Infrastruktur investieren, die Löhne der Arbeitnehmer und die Unternehmenssteuern erhöhen. Mit anderen Worten: Er denkt im Widerspruch zu dem, was uns in Europa seit Jahren als wirtschaftliche 'Orthodoxie' präsentiert wird. Eine 'Orthodoxie', die ständige Sparmaßnahmen, Kürzungen bei den öffentlichen Ausgaben sowie die Behandlung von Löhnen nur als Kosten bedeutet, und die die Notwendigkeit sogar einer geringfügigen Umverteilung abwertet. ... Eine 'Orthodoxie', die im letzten Jahrzehnt viele Folgen hatte und zur destruktiven Logik der '[Spar-]Memoranden' führte.“
Das Geld-Verteilen muss die EU noch lernen
Auch Público hofft, dass sich Europa ein Beispiel an den USA nimmt:
„Europa mag mit seiner 'Panzerfaust' zufrieden sein, aber die amerikanische Reaktion auf die Krise ist ein 'Panzer', der viel effektiver zu sein scheint. ... Das Biden-Programm ist der europäischen 'Panzerfaust' insbesondere hinsichtlich der Umsetzung überlegen. Es gelingt ihm, das Geld an Familien und Unternehmen zu verteilen. In Europa hingegen liegt das Problem nicht in der Dimension, sondern in der praktischen Umsetzung des Programms. Die 750 Milliarden Euro werden im Rahmen von Vorschriften eingesetzt, die ihre Verwendung einschränken. Das beste Beispiel sind die 350 Milliarden Euro des Programms Next Generation EU, die in Form eines Darlehens zur Verfügung stehen, das von den Mitgliedstaaten nicht genutzt wird.“
Neue Rezession ist programmiert
Die Wachstumsstimulation von Bidens Hilfsprogramm wird durch das Finanzierungsmodell gefährdet, mahnt Ökonom Éric Chaney in Telos:
„Die Anhebung der Steuersätze könnte je nach Sektor zu einem Gewinnrückgang in Höhe von fünf bis zehn Prozent führen. ... [Das] kann nur eine negative Auswirkung auf ihre Investitionen und Innovationsfähigkeit haben. Das ist selbstverständlich nicht das gewünschte Ziel des Plans. … Die politische Ausrichtung des Konjunkturpakets und dessen Finanzierung durch die Unternehmen könnte die positive Langzeitwirkung reduzieren. Die Rezession von 1937-1938 - vier Jahre nach Beginn des New Deals -, die einige auf die verfrühten Haushaltskürzungen zurückführen, andere jedoch mit dem exzessiven Kontroll- und Regulierungseifer der Roosevelt-Administration verbinden, scheint längst vergessen zu sein.“
Eine kleine Revolution
Lange unterschätzt, setzt Joe Biden als Präsident kräftige Akzente, ist Politiken beeindruckt:
„Biden hat es nicht nur geschafft, die Corona-Impfungen noch schneller und effektiver zu veranlassen als versprochen - er ist zudem im Begriff, in der US-Politik eine kleine Revolution zu starten. Erst lotste er ein historisch großes Stimulanzpaket durch den Kongress, und in der [vergangenen] Woche kam dann sein Infrastruktur-Plan: ein gigantisches Projekt zum Wiederaufbau des verschlissenen US-Transportsektors, finanziert durch höhere Körperschaftssteuern und Steuererhöhungen für die Reichsten. ... Wo Reagan den Staat zum Feind machte, erinnert Biden die Amerikaner daran, dass der Staat oft die Lösung ist. ... Schon jetzt zeigt Biden, dass er weit mehr werden kann als eine Zwischenlösung. Führt er seinen Kampf fort, dann wird er als Präsident stärkere Akzente setzen als Obama oder Clinton.“
Der Keynesianismus ist wieder da
Biden besinnt sich auf ein Modell, das schon einmal funktioniert hat, freut sich die linke Avgi:
„Die beiden Unterstützungspakete für die Wirtschaft, Arbeitnehmer, Unternehmen, Infrastruktur sowie zentrale und bundesstaatliche Dienstleistungen weisen alle Merkmale des New Deal der Zwischenkriegszeit auf, und zwar in viel größeren Dimensionen. … Bidens Plan hat jegliche postmoderne Schminke weggeworfen und sich auf einen klassischen Keynesianismus besonnen, wobei der Staat der ultimative Arbeitgeber, aber auch Bankier, Auftragnehmer, Lieferant, Hersteller und Kunde ist. … Biden hält ein Versprechen ein, das Trump nicht gehalten hat: Er versucht, Amerika wieder großartig zu machen.“
Gift für Republikaner
Bidens Corona-Hilfspaket ist noch längst nicht in trockenen Tüchern, gibt Kauppalehti zu bedenken:
„Zur Finanzierung der Pakete will Biden die Steuern für Unternehmen und Reiche deutlich erhöhen. Die Körperschaftssteuer steigt von 21 Prozent auf 28 Prozent. Geplant ist außerdem eine Minimalsteuer, um Unternehmen, die von Steuerparadiesen und anderen Steuerschlupflöchern profitieren, in den Griff zu bekommen. In seiner Rede nannte Biden speziell Konzerne wie Amazon, die fast keine Steuern in den USA zahlen. Eine andere Frage ist, ob Bidens Vorschläge durch den Kongress kommen. Steuererhöhungen sind für die Republikaner Gift. Radikal sind sie auch für viele moderate Demokraten, und die demokratische Mehrheit im Kongress ist ziemlich dünn.“