Wie sollte die EU-Flüchtlingspolitik aussehen?
Viele Politiker warnen vor einer Ankunft von mehr Flüchtlingen aus Afghanistan. Ob tatsächlich viele Menschen kurzfristig nach Europa kommen werden, ist jedoch angesichts der Situation vor Ort und blockierter Fluchtrouten ungewiss. Die EU steht aber auch an ihren Grenzen zu Belarus, Marokko und der Türkei unter Druck. Kommentatoren skizzieren, was eine kohärente europäische Flüchtlingspolitik ausmachen sollte.
Nach innen öffnen, nach außen abschotten
In einem Beitrag für Gazeta Wyborcza unterstützt der Schriftsteller Szczepan Twardoch die Haltung der polnischen Oppositionspartei PO:
„Ich bin nicht glücklich über die Rückkehr von Donald Tusk in die polnische Politik, die das verfluchte PiS-PO-Duopol zementiert. Aber nichtsdestotrotz spricht Tusk in der Frage der Tragödie, die sich an der polnischen Ostgrenze abspielt, wie ein Politiker, der verstanden hat, dass Polens Mitgliedschaft in der EU nicht nur offene Grenzen bedeutet, die nach Meinung der hiesigen Enthusiasten des 'Europäertums' dazu dienen, mit Billigfliegern einen Städtetrip nach Lissabon zu unternehmen, sondern auch geschlossene Außengrenzen. Und es ist schwer, ihm hier zu widersprechen.“
Asyl und Arbeitssuche trennen
Die EU muss frühzeitiger und effizienter differenzieren zwischen Migranten, die Schutz suchen und jenen, die Arbeit suchen, fordert Iltalehti:
„Das zentrale Problem des derzeitigen Asylsystems ist, dass viele glauben, leichter in die EU zu kommen, wenn sie um Asyl bitten. Dieser 'Systemfehler' belastet insbesondere die EU-Randstaaten. Gleichzeitig blockiert es für viele arbeitswillige Migranten die Möglichkeit, zum Arbeiten nach Europa zu kommen. Die EU braucht schnellstmöglich ein klares und einheitliches Konzept, bei dem jene, die wirklich Schutz bedürfen, schon außerhalb der EU von anderen Ankommenden getrennt werden.“
Mit Freiwilligkeit kommt man nicht weit
Die EU hat sich selbst 2001 die sogenannte Massenzustrom-Richtlinie gegeben, die in der derzeitigen Situation angewandt werden könnte, erinnert La Stampa. Die Tageszeitung weiß aber auch, was die Hürden sind:
„Die Richtlinie dient dazu, einen möglichen Massenzustrom von Asylbewerbern zu bewältigen. … Sie sieht eine Harmonisierung der Verfahren in der gesamten EU vor, um bis zu drei Jahre internationalen Schutz, Zugang zu Wohnraum, Arbeit, Sozialhilfe, medizinische Versorgung und Bildung für Minderjährige zu gewährleisten. Die Lasten sollen zwischen den Mitgliedstaaten aufgeteilt werden, und für ihre Anwendung ist keine Einstimmigkeit erforderlich. Nur gibt es keine Aufnahmeverpflichtungen: Die Verteilung auf die Länder erfolgt nur auf freiwilliger Basis.“
Europa braucht mutige Vorbilder
Was notwendig ist, um die Aufnahme von Flüchtlingen zu meistern, beschreibt Jornal de Notícias:
„In der letzten Migrationskrise sind ein paar westliche Führungspersönlichkeiten, etwa Angela Merkel, mit gutem Beispiel vorangegangen und haben die Menschen aufgenommen, die an unsere Tür klopften. … In einer Zeit der Demagogie, in der die Gefahr des Rechtsextremismus hinter jeder Ecke lauert, brauchen wir starke Politiker mit dem Mut, den Kampagnen der Fehlinformationen über diejenigen, die ankommen, entgegenzutreten. Und sie brauchen die Fähigkeit, dieser Anti-Migrations-Rhetorik auszuweichen, die die Aufnahme von Geflüchteten verteufeln will.“