Ukraine-Krise: Entscheidung über Krieg und Frieden

US-Präsident Biden und der russische Staatschef Putin haben grundsätzlich Bereitschaft für ein Gipfeltreffen signalisiert. Doch die Zeichen stehen vorerst weiter auf Eskalation. USA und Nato gehen davon aus, dass Russland bereit und entschlossen ist, die Ukraine einschließlich Kyjiw anzugreifen. Gelingt es Moskau, dem Westen Zugeständnisse abzuringen? Und was wären die Folgen? Das beschäftigt Europas Presse.

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Iswestija (RU) /

Putin könnte Zugeständnisse erzwingen

Die immanente Kriegsgefahr könnte dazu führen, dass beide Seiten sonst undenkbaren Kompromissen zustimmen, meint der Politologe Dmitri Suslow in Iswestija:

„Unter den Bedingungen einer harten militärisch-politischen Konfrontation sind die Kontrahenten gezwungen, gegenseitige rote Linien zu beachten - selbst wenn sie diese für illegitim halten - und müssen entsprechend ihre Politik korrigieren, um einen Krieg zu vermeiden. USA und Nato verzichten auf ihre Politik der 'offenen Tür' gegenüber der Ukraine nur dann, wenn die Nachteile dieser Politik deutlich deren Nutzen übertreffen. Und Russland ist den zu vernehmenden Erklärungen zufolge bereit, Sicherheitsgarantien für die Ukraine zu erörtern, wenn die Frage des Nato-Beitritts ein für allemal beiseite gelegt ist.“

Le Figaro (FR) /

Einknicken hätte langfristige Folgen

Die Ernsthaftigkeit des Westens steht auf dem Spiel, erinnert Le Figaro:

„Selbst wenn Putin sich damit zufrieden gibt, nur Krieg zu spielen, Angst heraufzubeschwören, um Kyjiw zum Nachgeben zu bewegen und die Grenzen der Nato aufzuzeigen, riskieren Europäer und Amerikaner in dieser Schachpartie ihre Glaubwürdigkeit. Je höher der militärische Druck, desto größer ist die Versuchung, mit dem Kreml-Chef eine Einigung zu finden. Jedoch stellt sich die Frage, was der Preis dafür wäre. Die Ukraine opfern, sie endgültig aus dem Bündnis ausschließen und in den Einflussbereich Moskaus zurückschicken? Fraglich, ob sich die Nato von einem so offensichtlichen Eingeständnis der Schwäche erholen würde.“

The Sunday Times (GB) /

Nichtstun schadet mehr

In der Debatte um Sanktionen gegen Russland fordert The Sunday Times Härte:

„Es ist an der Zeit, dass die Staats- und Regierungschefs der EU ihre Eigeninteressen zurückstellen. Westliche Länder, einschließlich Großbritannien, müssen akzeptieren, dass weitreichende Sanktionen gegen Russland auch uns weh tun können. Die Alternative ist schlimmer. ... Vor 84 Jahren versammelten sich europäische Staats- und Regierungschefs in München, um sich der Herausforderung durch einen anderen Diktator zu stellen. Sie konnten Nazideutschland nicht in Schach halten. Wladimir Putin steht knapp davor, zu handeln. Jetzt muss ihm ganz klar vermittelt werden, dass ein geeinter Westen die Keule extrem schmerzhafter Sanktionen schwingt.“

Berlingske (DK) /

Neue Arten von Sanktionen müssen her

Weil Russland Finanzsanktionen möglicherweise über Kryptowährungen oder durch eine Kooperation mit China abfedern könnte, sollte die EU ihre Optionen überarbeiten, mahnt Berlingske:

„Es besteht ein dringender Bedarf, sich mit der Sanktionspolitik zu befassen, und die EU hat daran gearbeitet. Die letzten Jahrzehnte haben bewiesen, dass viele von ihnen wirklich wertlos sind und im schlimmsten Fall auch das Land treffen, das die Sanktionen verhängt. Und wenn lokale Gesetze gezieltere Sanktionen verhindern, müssen sie geändert werden. Andernfalls verliert der Westen eine gute 'Waffe', die einen blutigen Krieg verhindern kann.“

Gordonua.com (UA) /

Evakuierung ist nichts als Propaganda

Die pro-russischen Separatisten in den besetzten Gebieten in der Ostukraine machen mit der Evakuierung von Zivilisten reine Propaganda, ärgert sich der Journalist Stanislaw Aseew auf gordonua.com und fordert eine Klarstellung von ukrainischer Seite:

„Ich bin davon überzeugt, dass der Präsident so schnell wie möglich auf allen nationalen Kanälen eine offizielle Erklärung abgeben und sagen sollte: Die Ukraine plant keine offensive Aktion auf dem Gebiet der ORDLO ['zeitweilig besetzte Gebiete der Ukraine' in Donezk und Luhansk] und es gibt auch keinen Grund für eine Evakuierung. Mehr noch: Die Kinder, die derzeit in Donezk in Busse verladen werden, sind in der Tat in Gefahr, aber nicht durch die Aktionen der Ukraine, sondern durch die Pläne Russlands, das nicht zögern würde, sie einer Verschärfung der Lage zu 'opfern'.“

Eco - Economia Online (PT) /

Niemand glaubt Russland

Russland hat jedes Vertrauen bereits vor Kriegsbeginn verspielt, schreibt Eco:

„Es ist klar, dass Russland der große Verlierer im Desinformationskrieg ist. ... Seine offiziellen Kanäle sind offensichtlich kompromittiert und Propagandadienste wie Russia Today und Sputnik, die ohnehin schon wenig Wert hatten, dürfen in vielen Ländern nicht einmal gesendet werden. Und selbst ihre Bemühungen in den sozialen Medien sind erfolglos, da die Plattformen aufmerksamer geworden sind und der von Washington und Experten geförderte Informationsfluss abweichende Meinungen übertönt. Die Wahrheit ist, dass, egal wie sehr Moskau versucht, eine wahrscheinliche Invasion mit einem vorherigen Angriff auf Russland zu rechtfertigen, niemand wird es glauben.“