EZB: Ist diese Zinserhöhung die letzte?
Zum zehnten Mal seit Juli vergangenen Jahres hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins erhöht. Von der Anhebung um 0,25 Prozentpunkte auf 4,5 Prozent erhofft sich die Bank einen Rückgang der Inflation, die derzeit in der Eurozone bei 5,3 Prozent liegt. Kommentatoren fragen sich, ob das Mittel, das die Verbraucher entlasten soll, wirkt und welche Nebenwirkungen es hat.
Glaubwürdigkeit untermauert
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung begrüßt die EZB-Entscheidung:
„Die Inflation in der Eurozone ist zu hoch. Auch wenn sich die Teuerung in die richtige Richtung – nach unten – bewegt, so ist mit den erwarteten 3,2 Prozent für 2024 die Zielmarke von rund 2 Prozent nicht in greifbarer Nähe. Preisstabilität ist das Mandat und damit die oberste Priorität der EZB. Inflationsbekämpfung ist kein Selbstzweck: Eine sinkende Inflation wird sowohl die Wirtschaft als auch die Verbraucher entlasten. Eine Pause hätte die EZB auf diesem Weg Glaubwürdigkeit gekostet.“
Belastung für die Wirtschaft
Ilta-Sanomat hofft, dass die Zinserhöhungen endlich Wirkung zeigen:
„Die plötzliche Flaute auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt, im Bausektor und zum Beispiel im Autohandel spiegelt die Brisanz der konjunkturellen Abkühlung wider und zeigt, dass ein leichter Abschwung in der Gesamtwirtschaft für einige Branchen einen dramatischen Rückschlag bedeuten kann. … Die EZB hat zwar zu Recht versucht, die übermäßig hohe Inflation einzudämmen, aber ihre kräftigen Zinserhöhungen sind zu einer zusätzlichen Belastung für die Wirtschaft geworden. Es ist nun zu hoffen, dass die straffe Zinspolitik der EZB Wirkung zeigt und die Inflation eindämmt - und dass die Zinserhöhungen enden, bevor sie irreparable Schäden für die verschuldeten Haushalte, Unternehmen und die Wirtschaft insgesamt anrichten.“
Die Angstspirale dreht sich weiter
Der Kurier warnt vor den Folgen der erneuten Zinserhöhung:
„Die neuerliche Erhöhung trifft Kreditnehmer mit variablen Verträgen. Die allermeisten werden diesen Schritt verkraften. Pro 100.000 Euro Kreditsumme werden 20 Euro monatlich mehr fällig. Doch die Angst, die damit verbreitet wird, stoppt ganze Branchen vor neuen Investitionen, lässt Wohnbauprojekte unverkauft leer stehen, die restriktiven Kreditvergabe-Richtlinien in Österreich erledigen den Rest. Ab geht es in die Rezession, dann dreht sich die Angstspirale noch schneller. Wirtschaft findet anhand von Zahlen und Fakten statt, aber negative Psychologie hat einen enormen Einfluss.“
Die letzten Akkorde der Anhebung
Neatkarīgā analysiert:
„Relativ positiv zu vermerken ist, dass dies höchstwahrscheinlich die letzte Aktion der EZB war, den Kreditnehmern Geld aus der Tasche zu ziehen, zumindest für die nächsten Jahre. ... Auch die EZB ist sich darüber im Klaren, dass sich ein weiterer Zinsanstieg zerstörerisch auf das Wirtschaftswachstum auswirken könnte. ... Nach Schätzungen der EZB wird die Wirtschaft der Eurozone nämlich in diesem Jahr [nur] um 0,7 Prozent, im nächsten Jahr um 1 Prozent und im darauffolgenden Jahr um 1,5 Prozent wachsen. Wie man sieht, ist jedoch aus Sicht der Zentralbank das Ziel einer jährlichen Inflation von 2 Prozent deutlich wichtiger als die Beschleunigung des Wirtschaftswachstums.“
Geldpolitik ist nicht das einzige Mittel
ABC sieht auch die Regierungen in der Pflicht:
„Eine klare Mehrheit im EZB-Direktorium sprach sich für eine weitere Straffung der Geldpolitik aus, da die Inflation weiterhin hoch ist. ... Analysten sind jedoch der Ansicht, dass sich die Zinserhöhungen der EZB wegen der sich abzeichnenden Verlangsamung der europäischen Wirtschaft ihrem Ende nähern. Jetzt sollte man argumentieren, dass die Geldpolitik nicht das einzige Instrument zur Bekämpfung der Inflationsgeißel ist. Die Regierungen können auch ihre Steuerpolitik mäßigen, die öffentlichen Ausgaben kürzen und Modernisierungsreformen einleiten, die den Wettbewerb auf den heimischen Märkten verstärken, um die Preise besser einzudämmen.“