Bringt die Feuerpause Frieden für den Libanon?

Israel und die Hisbollah haben sich mit US-Vermittlung auf eine Waffenruhe geeinigt – zunächst für 60 Tage. Beide Seiten müssen nun ihre Einheiten aus dem Südlibanon zurückziehen, die Sicherung des Grenzgebiets sollen die UN-Mission Unifil und die libanesische Armee übernehmen. Europas Medien kommentieren die Vereinbarung mit Erleichterung, aber auch gehöriger Skepsis.

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Ilta-Sanomat (FI) /

Rettung in letzter Minute

Auch wenn der Waffenstillstand erst einmal nur eine Atempause ist, so ist er doch wichtig, betont Ilta-Sanomat:

„Für den Libanon kommt der Waffenstillstand in letzter Minute. Wenn kein Abkommen zustande kommt oder es nicht hält, könnte der Libanon als Staat zusammenbrechen. ... Der Waffenstillstand ist eine vorübergehende Lösung, denn er wird 60 Tage dauern, wie im Vorfeld des Abkommens bekannt wurde. Pessimistische Beobachter sehen darin eine Atempause. Aber auch das ist gut. Die Not geht weiter. Hunderttausende Libanesen, die in provisorischen Unterkünften, Zelten und sogar auf der Straße wohnen, leben immer noch in den Trümmern. Es ist ein hartes Schicksal in der Kälte und dem Regen des kommenden Winters.“

Frankfurter Allgemeine Zeitung (DE) /

Ohne Iran keine langfristige Lösung

Ein Abkommen mit der Hisbollah reicht nicht, meint die Frankfurter Allgemeine Zeitung:

„Auf dem Papier hatte Israel schon von der UN-Resolution 1701 versichert bekommen, dass sich die Hizbullah aus seinem Grenzgebiet fernhalten muss. Die Schiitenmiliz scherte das nicht. Sie brachte unter den Augen der UN-Beobachter völlig ungeniert ihr Raketenarsenal in Stellung. ... [E]ine langfristige Lösung? Die wäre nur in Teheran möglich. Doch dort wird man auf den regionalen Machthebel, den das Regime durch Schattenarmeen wie die Hizbullah hat, kaum freiwillig verzichten.“

La Stampa (IT) /

Trümmer, Gewinner und Verlierer

La Stampa nimmt den Deal genauer unter die Lupe:

„Beirut atmet auf, Gaza versinkt im Abgrund. Der Waffenstillstand zwischen Israel und Libanon hinterlässt Trümmer, Gewinner und Verlierer. Es siegt die Linie von Donald Trump, der Benjamin Netanjahu aufgefordert hatte, den Krieg vor [seiner Amtseinführung] am 20. Januar zu beenden. 'König Bibi' wird seine Belohnung erhalten: grünes Licht für neue Siedlungen im Westjordanland, deren Umfang von seinen Fähigkeiten als Verhandlungsführer und Manipulator abhängen wird. ... Die Hisbollah wird sich nach Norden, hinter den Fluss Litani, zurückziehen müssen. Aber sie behält einen Rest ihres Raketenarsenals und bewahrt ihr Prestige in der politischen Balance des Libanon.“

eldiario.es (ES) /

Israel nur vordergründig versöhnlich

Für eldiario.es ist die Einigung vorrangig ein Abschiedsgeschenk an US-Präsident Biden:

„Die jetzige Vereinbarung ähnelt der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats von 2006, die keinen Frieden gebracht hat. ... Für Israel ist klar, dass es momentan keinen endgültigen Sieg erringen kann. ... [Seine Einwilligung] hat auch mit Joe Biden zu tun. Der US-Präsident will seine Amtszeit mit einem positiven Ergebnis abschließen und übt anhaltenden Druck auf Benjamin Netanjahu aus. ... Dieser weiß, dass es in seinem Interesse ist, versöhnlich zu erscheinen, um sich die Unterstützung der USA zu sichern. Sonst könnte Biden zum Abschied dem UN-Sicherheitsrat eine Resolution erlauben, die Israels Fähigkeit einschränkt, auf zukünftige Entwicklungen im Libanon zu reagieren.“

The Economist (GB) /

Ein Krieg weniger – aber hilft das Gaza?

Der Waffenstillstand ist eine der wenigen guten Nachrichten im Weltgeschehen, so The Economist:

„Ein regionaler Krieg, der unaufhaltsam zu wachsen schien, wird nun kleiner werden. Amerikanische Regierungsvertreter sagten immer, dass die Krise im Libanon durch ein Abkommen im Gaza-Streifen beigelegt werden könnte. Jetzt hoffen sie stattdessen darauf, dass das Libanon-Abkommen zur Lösung des Gaza-Konflikts beiträgt. ... Mehr als ein Jahr lang bestand die Hisbollah darauf, den Kampf gegen Israel nicht einzustellen, solange Israel im Gaza-Streifen kämpft. Israel hat nun die Verknüpfung der beiden Fronten aufgehoben. Das wird den immensen Druck von seiner bereits überlasteten Armee nehmen. Die Beendigung des einen Krieges könnte es Netanjahu aber einfacher machen, den anderen fortzusetzen.“