Waffenruhe in Gaza: Echte Chance auf Frieden?

Ab Sonntag soll im Gaza-Streifen eine Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas gelten. In der ersten von drei Phasen sollen nach und nach 33 israelische Geiseln und Hunderte palästinensische Gefangene freikommen. Die Medien beleuchten die Tragfähigkeit der Vereinbarung für einen nachhaltigen Frieden in der Region – wie auch den Einfluss des zukünftigen US-Präsidenten Donald Trump auf die Verhandlungen.

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Der Standard (AT) /

Positive Dynamik aufrechterhalten

Der Standard zeigt sich erleichtert:

„Endlich darf wenigstens ein Teil der am 7. Oktober 2023 verschleppten Geiseln zurückkehren. Endlich dürfen hunderttausende Menschen die überfüllten Flüchtlingslager im Süden des Gazastreifens verlassen. Endlich können sich die Menschen im Norden des Gebietes bewegen, ohne Todesängste auszustehen. … Jetzt heißt es: Durchhalten. Einen Deal zu unterzeichnen – und selbst das steht noch bevor – ist das eine. Ihn am Leben zu erhalten, auch über die ersten zwei Wochen hinaus, ist die wahre Herausforderung. Was nun unbedingt notwendig ist: Den Druck, der diese Einigung möglich machte, auch in den nächsten Monaten aufrechtzuerhalten. Die Welt sollte sich dabei nicht nur auf Donald Trump verlassen.“

El Mundo (ES) /

Ein Schritt nach vorn

El Mundo sieht große Chancen und Herausforderungen:

„Der Pakt ist aus humanitärer Sicht ein klarer Fortschritt. ... Aus geopolitischer Sicht ist er ein – wenn auch fragiler – Schritt hin zur notwendigen Stabilisierung des Nahen Ostens. ... Die Waffenruhe ermöglicht es Netanjahu und Trump, die Beziehungen zwischen Israel und den arabischen Ländern zu normalisieren. ... Israel hat seine Abschreckungsfähigkeit wiederhergestellt und die Hamas und die Hisbollah zerschlagen, während sich der Status quo im Nahen Osten zum Nachteil des Iran verändert hat. Die Welle von Schlägen gegen die 'Achse des Widerstands' hat das Ajatollah-Regime nachhaltig geschwächt. ... Netanjahu wiederum wird dem Druck der Hardliner in seinem Kabinett widerstehen müssen. ... Die Herausforderungen sind enorm.“

Liberal (GR) /

Komplexe politische Faktoren

Es wird nicht leicht sein, die Waffenruhe umzusetzen, prognostiziert Liberal:

„Der aktuelle Entwurf des Abkommens zu einer Waffenruhe im Gazastreifen basiert auf dem von Biden Ende Mai bekannt gegebenen Plan. ...Die Umsetzung des Abkommens und insbesondere die zweite und dritte entscheidende Phase des Abkommens werden der Trump-Administration 'überlassen', wobei die Tragfähigkeit des Abkommens von den laufenden Verhandlungen mit der Hamas und komplexen politischen Faktoren innerhalb Israels abhängt. Die Hamas wird die letzten Geiseln nicht 'einfach' aufgeben (die Freilassung wird schrittweise erfolgen, was für die Familien der Geiseln beunruhigend ist), und Netanjahu agiert auch in einem schwierigen innenpolitischen Umfeld unter den Einwänden seiner rechtsextremen Partner.“

Politiken (DK) /

Westen muss Wiederaufbau mitfinanzieren

Nach der Waffenruhe zwischen Israel und Hamas sieht Politiken den Westen in der Pflicht:

„Wir standen während des gesamten Krieges an der Seite Israels und unterstützten sein Recht auf Selbstverteidigung. Nun sollten wir natürlich auch dazu beitragen, die Rechnung für die Zerstörung zu bezahlen. Und dann verhindern, dass sich die Tragödie wiederholt. Denn während der unmittelbare Kriegsgrund unbestreitbar der verwerfliche Terroranschlag der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 war, liegt die zugrunde liegende Erklärung darin, dass nicht schon vor langer Zeit ein palästinensischer Staat errichtet wurde. Dänemark trägt als vorübergehendes Mitglied des UN-Sicherheitsrats und als [kommender] EU-Ratspräsident im Laufe dieses Jahres eine große Verantwortung dafür, dass dies geschieht.“

The Daily Telegraph (GB) /

Triumph der Narrenfreiheit

Trumps Unberechenbarkeit dürfte viel zur Waffenruhe beigetragen haben, glaubt The Daily Telegraph:

„Das ist eine Bestätigung der 'Mad Man'-Theorie bei internationalen Beziehungen. Sie deutet darauf hin, dass Trumps Fokus auf nationale und persönliche Interessen Pattsituationen auflösen kann. ... Trump ist ohne Zweifel pro-israelisch, aber auch pro-Trump, weshalb er vor seiner Amtseinführung die Waffenruhe wollte. ... Biden war wegen seiner historischen Zuneigung zu Israel gefesselt. ... Trump, ein Narzisst mit Narrenfreiheit, erweckt hingegen den Eindruck, dass er sich sogar von Verbündeten abwenden könnte. ... Möglicherweise hat man sich in diesem Fall geeinigt, weil beide Seiten wissen, wie skrupellos und willkürlich der neue Präsident sein kann. “

Corriere della Sera (IT) /

Trump macht Hamas gefügig

Ganz unverständlich ist der Stolz des designierten US-Präsidenten nicht, findet Corriere della Sera:

„Trump beansprucht das Verdienst für die Waffenruhe im Gazastreifen für sich. Fünf Tage vor seinem Amtsantritt stellt er das Abkommen als einen Erfolg seiner Außenpolitik dar. ... Trump hatte der palästinensischen Führung mit einem Ultimatum und einer Frist gedroht: Er verlangte die Freilassung der Geiseln bis zum 20. Januar, andernfalls würde 'die Hölle los sein'. Es ist wahrscheinlich, dass das Einfluss hatte. Es wäre nicht das erste Mal, dass islamische Extremisten gegenüber einem Republikaner gefügiger sind. Nach der Revolution Khomeinis hielten die Iraner amerikanische Diplomaten 444 Tage lang als Geiseln fest und ruinierten damit den Demokraten Carter, um sie nach dem Wahlsieg des Republikaners Reagan freizulassen“

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