Tiktok wieder online: Wie geht es weiter?
Die Video-App Tiktok ist in den USA für ihre Nutzer wieder erreichbar, nachdem sie sich selbst kurzzeitig den Stecker gezogen hatte. Sie ging online nach der Ankündigung von US-Präsident Trump, ein Verbot per Dekret auszusetzen. Hintergrund ist ein Gesetz, das den zum chinesischen Bytedance gehörenden Dienst als Sicherheitsrisiko einstuft und seinen Verkauf vorsieht. Kommentatoren reflektieren in einem größeren Zusammenhang.
Am besten gehen wir offline
Hotnews kommentiert:
„Donald Trump sagte noch vor seiner Amtseinführung, dass er ein Dekret erlassen wird, damit Tiktok in den USA wieder funktionieren kann. Tiktok ging daraufhin in den USA wieder online. Die Begründung ist nicht Meinungsfreiheit oder dass eine Regierung Menschen nicht vorschreiben sollte, welche Plattform sie nutzen. Es ist viel einfacher, sagte Trump, er wolle, dass Amerika 50 Prozent von Tiktok besitze, um die Daten 'zu schützen'. Was heißt: Auch wir wollen an Tiktok mitverdienen und noch wichtiger, wir wollen eure Konsum- und Lebensdaten haben, eure täglichen Vorlieben kennen. ... Wenn die Regierung sagt, sie wolle 'die Daten schützen', dann ist es besser, offline zu gehen, was natürlich unmöglich ist.“
Ein toxisches Informationsumfeld
Eldiario.es stellt klar, was Trump, Musk & Co. vorhaben:
„Während Donald Trumps Präsidentschaft wird sich die Kommunikationsökologie erheblich verändern. ... Infodemie, Informationsüberflutung, besondere mit Lügen, ist typisch für Techno-Feudalismus. ... Die Umsetzung der Maßnahmen, die den digitalen Wandel dieser Unternehmen begleitet, erfordert die psychologische und soziale Isolierung gesellschaftlicher Akteure. Dieses toxische Informationsumfeld begünstigt nicht nur Figuren wie Elon Musk, sondern funktioniert mit einem 'unsichtbaren Joch', mit dem nicht nur Reichtum angehäuft, sondern auch die wahrgenommene Realität verformt wird. ... Wir müssen handeln und nicht nur mit einem Tweet antworten.“
Chinas Einfluss ist ein Sicherheitsrisiko
Aftonbladet hofft, dass es in Europa zu einer harten Linie gegen Tech-Giganten kommt:
„Die USA setzen Tiktok aus berechtigten Gründen unter Druck. Chinesische Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, mit den Geheimdiensten ihres Landes zusammenzuarbeiten. ... Darüber hinaus könnte das Regime kontrollieren, welche Art von Inhalten angezeigt wird. Es ist leicht vorstellbar, wie diese Macht missbraucht werden könnte, um die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Oder um Wahlkampagnen und Informationsflüsse in Krisenzeiten zu beeinflussen. Der Westen kann die Kontrolle über seine Informationsinfrastruktur nicht an China abgeben. Das ist ein Sicherheitsrisiko. Deshalb müssen Schweden und die EU auch darauf hinwirken, dass die Tech-Giganten die festgelegten Regeln einhalten. “
Europa zeigt doppelte Ohnmacht
Europa versagt technologisch und politisch, kritisiert L'Opinion:
„Das technologisch abhängige Europa war nicht dazu in der Lage, ein Gegenmodell anzubieten (nächster Test: künstliche Intelligenz). Schlimmer noch: Gegenüber den neuen Imperialisten, die unsere 'rechtlichen Hürden' beseitigen wollen, wirkt es unfähig, die Einhaltung seiner eigenen gesetzlichen Schutzmechanismen zu gewährleisten. Diese doppelte Ohnmacht diskreditiert es und begünstigt die Ingenieure des Chaos. Bei ihrem Zerstörungsvorhaben erhalten sie offensichtlich Hilfe durch Elon Musks X-Motor. Aber auch und vor allem von einem Treibstoff, der insbesondere von unseren eigenen Regierenden produziert wird, die unfähig sind, die Verarmung der unteren Schichten zu stoppen: einer Wut im XXL-Format.“
Ansporn für Autokraten
Hvg hält nichts von dem unter Biden beschlossenen Gesetz, das Tiktok im Namen der nationalen Sicherheit den Verkauf seines US-Geschäfts verordnet:
„Es könnte ein gefährlicher Präzedenzfall in den USA, aber auch weltweit entstehen. ... Obwohl die Gesetzgebung, die jetzt für große Aufregung sorgt, mit dem Namen Tiktok verbunden ist, könnte in der Tat jede andere App auf diese Weise verboten werden, die der aktuelle US-Präsident für 'eine Bedrohung für die nationale Sicherheit' hält. ... Wenn so etwas in den USA problemlos durchgesetzt werden kann, die über eine relativ starke demokratische Infrastruktur verfügen, könnte dies als Ermutigung für einige autokratische Führer in halbdemokratischen Ländern dienen, die sogar mit dem Finger auf das Beispiel des Westens zeigen können.“