Eine Woche Trump: Was steht Europa bevor?
Donald Trump ist seit gut einer Woche Präsident der Vereinigten Staaten und die Zeichen stehen auf tiefgehende innen- und weltpolitische Veränderungen. Kommentatoren beleuchten, welche Folgen das für Wirtschaft, Handel und Sicherheit Europas haben könnte und wie darauf reagiert werden sollte.
Washington selektiert Gesprächspartner
Hospodářské noviny analysiert Trumps Umgang mit Europa:
„EU-Vertreter wurden nicht zur Amtseinführung eingeladen und niemand aus der neuen Regierung spricht mit ihnen. Andererseits telefonieren Trump und sein Außenminister Marco Rubio mit ausgewählten Europäern. So ignorierte Rubio am Montag beispielsweise die Einladung von Kaja Kallas, der Hohen Vertreterin der EU für Außenpolitik, zu einem gemeinsamen Treffen der EU-Minister. Aber er sprach mit vier Kollegen: aus Polen, Lettland, Litauen und Italien. Die ersten drei nähern sich mit ihren Plänen der Fünf-Prozent-Verteidigungsausgabe, während Rubios Chef die italienische Ministerpräsidentin besonders mag.“
Ende des amerikanischen Schutzschirms
Ein Europa ohne die USA als Verbündeten könnte Realität werden, schreibt David Schultz, Professor für Politikwissenschaft an der Hamline University, in Alfa:
„Entgegen der Befürchtungen drängt Trump die Ukraine derzeit nicht zu einer einseitigen Kapitulation. ... Bisher bestand seine Taktik darin, Putin mit Zöllen und Sanktionen zu drohen, um den Krieg zu beenden. ... Doch was Trump als Nächstes vorhat, ist unklar. Das Problem könnte weniger darin bestehen, was er tun wird, als darin, dass er die Sicherheitsbedürfnisse Europas ignoriert. ... Für Länder wie Litauen wird immer deutlicher, dass sie möglicherweise über eine Welt und Sicherheitsgarantien ohne die USA nachdenken müssen. Langfristig könnte sich eine Realität herausbilden, in der Europa ohne Amerika auskommen muss.“
Softe Großmacht mit eigenen Stärken
Die Trump-Ära ist auch der Sieg des ungebremsten Kapitalismus, analysiert Europa-Kolumnistin des NRC Caroline de Gruyter:
„Das Schlimme ist, dass der liberale, regulierte Kapitalismus, in dem Europa zur Blüte kam, total erledigt ist. Es wird schwer, sich zu behaupten, wenn die anderen – Amerika, China – aufs Ganze gehen. Aber zugleich: Dies ist die Zeit der Imperien und Europa ist auch ein Imperium – eine softe Großmacht, die auf vielen Gebieten, in denen der Konkurrenzkampf tobt (Handel, Seefahrt, Landwirtschaft) mit einer Stimme spricht. Wenn Europa auch noch lernt, sich zu verteidigen, kann es dies überleben.“
Wir sind jetzt alle Dänen
Dänemark muss in seinem Widerstand gegen Trumps Grönland-Vorstöße unterstützt werden, fordert Helsingin Sanomat:
„Die Situation Dänemarks wird zeigen, aus welchem Holz wir geschnitzt sind. Wie Kinder auf einem Schulhof können andere Länder den Kopf einziehen aus Angst, schikaniert zu werden. Und genau das ist der Grund, warum wir Dänemark beistehen sollten. Dänemark ist ein demokratischer Rechtsstaat und ein verantwortungsvoller internationaler Akteur, der in Afghanistan gekämpft und die Ukraine unterstützt hat. Wenn ein Land wie Dänemark bedrängt werden kann, kann es auch jedes andere Land treffen. ... Deshalb sind wir jetzt alle Dänen.“
Verstärkt auf Bündnisse setzen
Dass Premierministerin Mette Frederiksen Allianzen vertiefen will, seit US-Präsident Trump Ansprüche auf Grönland erhebt, begrüßt Politiken im Grundsatz:
„Zwar ist es lobenswert, dass eine Mehrheit im dänischen Parlament am Montagabend ein neues Arktis-Abkommen im Wert von fast 15 Milliarden Kronen vorgelegt hat – aber es ist weit davon entfernt, die ununterbrochene Reihe von Fehlern und Versäumnissen der Vergangenheit zu korrigieren. ... Daher handelt die Regierung richtig, indem sie die Bündnisbeziehungen sowohl in der nordischen Region als auch in der EU und der Nato stärkt. ... Es ist beruhigend, dass die EU auf einen möglichen Handelskrieg reagieren wird. Beruhigend ist die Aussage der Nato, sie werde zur Verteidigungsbereitschaft der Arktis beitragen.“