Droht der Welt ein Handelskrieg?
Der Versuch der G20-Finanzminster, sich auf ein Bekenntnis gegen Abschottung und für freien Handel zu einigen, ist am Widerstand der USA gescheitert. Auf dem Gipfel in Baden-Baden setzte US-Finanzminister Mnuchin damit die Linie von Präsident Trump durch. Ob sich der Konflikt zu einem Handelskrieg ausweitet, hängt nach Analyse der Kommentatoren nun von der Reaktion der restlichen G20-Mitglieder ab - vor allem von Deutschland.
Abwarten statt provozieren lassen
Statt die direkte Konfrontation mit der US-Regierung zu suchen, sollten die restlichen G20-Mitglieder erst einmal abwarten, ob sich einige Probleme nicht auch von selbst lösen, rät Financial Times:
„Da wäre etwa der Plan der US-Administration, eine neue Steuer auf Importe zu erheben. Dieser hat die Regierungen anderer Länder alarmiert. Doch der Plan droht angesichts der Meinungsverschiedenheiten innerhalb des Weißen Hauses und zwischen diesem und dem Kongress auch ohne Intervention von außen im Chaos zu versinken. Ereignisse wie die Erklärung der G20 vom Wochenende sollten andere Staaten in Alarmbereitschaft halten. Und doch sollten sich diese gut überlegen, in welchen Situationen sie auf Konfrontationskurs gehen. Sie sollten abwarten, was genau von Trumps Regierung kommt, bevor sie sich politisch in einem Kampf für ein offenes globales Handelssystem engagieren, der lange und nervenaufreibend werden könnte.“
Deutscher Handelsüberschuss muss sinken
Wie gut Europa dem US-Isolationismus trotzen kann, hängt insbesondere von Deutschland ab, betont Le Monde:
„Der Außenhandelsüberschuss Deutschlands ist exorbitant: 270 Milliarden Euro, das sind 8,5 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts. ... Die Deutschen stellen sich seit Jahren taub gegenüber diesem Vorwurf. Durch ihre Politik zur Ankurbelung der europäischen Wirtschaft und die Abwertung des Euro hat die Europäische Zentralbank (EZB) den deutschen Exportüberschuss noch weiter verstärkt. Die Wachstumsförderung bleibt Priorität, auch für die Amerikaner. … Die Deutschen müssen ihr Handelsungleichgewicht ernsthaft bekämpfen, indem sie ihre Löhne erhöhen und ihre Überschüsse bei ihren Partnern investieren. Das ist - geben wir es zu - ein heikles Unterfangen. Aber es ist entscheidend, um gemeinsam mit den anderen Europäern die isolationistische Neigung der USA zu kontern und die Verteidigung des globalen Handels wieder auf die Tagesordnung zu setzen.“
America First passt nicht zur alten Ordnung
Die Runde der G20 ist das erste Opfer von Trumps Wirtschaftsnationalismus, konstatiert La Repubblica:
„Es ist klar, was dieses Amerika nicht will und was der harte Kern des Trumpismus und sein nicht verhandelbarer Teil ist: der Wirtschaftsnationalismus. Viele hatten gehofft, dass Mnuchin sich eher als Banker denn als Politiker präsentiert. Doch dem ist nicht so. Seine Treue zum Präsidenten ist unerschütterlich. Die Botschaft, die der Finanzminister nach Deutschland gebracht hat, ist identisch mit dem, was nur wenige Stunden zuvor Trump Merkel wissen ließ: Ihr habt uns hereingelegt, jetzt bestimmen wir die Spielregeln. Wenn America First, der Slogan des Trumpschen Nationalismus, nicht vereinbar ist mit dem multilateralen Ansatz des G20 und Global Governance, dann sollen sich beide eben zum Teufel scheren.“
G20 spüren eisigen Wind aus den USA
Dass auf dem G20-Treffen erstmals kein Bekenntnis gegen Protektionismus in die Schlusserklärung aufgenommen wurde, ist ein schlechtes Omen, warnt NRC Handelsblad:
„Die Finanzminister und Zentralbanker der restlichen G20 spüren den neuen Wind, der aus dem Washington Trumps bläst. Und der Wind ist kalt. ... Deutschland, Gastgeber der G20, machte zum zweiten Mal an diesem Wochenende Bekanntschaft mit der konfrontierenden Haltung der neuen Mannschaft in Washington. Der Besuch von Bundeskanzlerin Merkel bei Präsident Trump am Freitag war bereits sehr unangenehm. In Trumps simpler Vision von Handel - bei der der Gewinn des einen der Verlust des anderen ist - spielt Deutschland mit seinem großen Handelsüberschuss aus Prinzip schon falsch. Die Frage ist jetzt, ob die Regierung Trump es bei Worten - oder dem Weglassen von Worten - belässt.“