US-Strafzölle: ohne Rücksicht auf Verluste?
Die USA haben nun doch Strafzölle auf Aluminium- und Stahlimporte aus der EU, Mexiko und Kanada verhängt. Als Reaktion machten betroffene Länder bereits deutlich, dass sie sich gemeinsam gegen die Maßnahmen wehren wollen. Auch in Kanada fordern Journalisten harte Kante gegen Trump. In einem kleinen europäischen Land hingegen überwiegt die Sorge.
Kanada darf jetzt keine Schwäche zeigen
Der Regierung in Ottawa bleibt nichts anderes übrig, als mit Vergeltungsmaßnahmen zu reagieren, meint die kanadische Tageszeitung Toronto Star:
„Als die USA erstmals mit Zöllen drohten, ging Kanada nicht auf die Drohung ein und war in der Lage, das Problem vorerst auszusitzen. Doch nun, da die Strafmaßnahmen in Kraft sind, wird die Regierung unter Justin Trudeau kaum darum herumkommen, für eine große Zahl US-amerikanischer Erzeugnisse mit entsprechenden Strafzöllen Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Hier handelt es sich um einen selbstzerstörerischen Kreislauf, der Unternehmen und Konsumenten auf beiden Seiten der Grenze schaden wird. Nicht zu reagieren, würde jedoch eine Botschaft der Schwäche aussenden und einen Rüpel wie Trump nur zu weiteren Angriffen ermutigen.“
Handelskrieg würde Irland besonders hart treffen
Die Grüne Insel droht an einem Handelskrieg zugrundezugehen, warnt Kolumnist Sean Whelan auf dem Webportal RTE News:
„Irlands Existenz hängt vom internationalen Handel ab. Es ist wie kaum ein anderes Land in globale Zulieferketten integriert. Daher droht Irland in einem Handelskrieg zwischen seinen wichtigsten wirtschaftlichen Partnern, der EU und den USA, zerrieben zu werden. Keine Frage, ein Handelskrieg wäre katastrophal für uns. … Ein solcher würde sich außerdem äußerst negativ auf die Bindekraft des Welthandelssystems auswirken, auf das Irland alles gesetzt hat – ganz zu schweigen von den Folgen für das westliche politische und wirtschaftliche System, in dem sich Irland so gut eingerichtet hat.“
Trump mit Vergeltungsmaßnahmen widerlegen
Traditionelle US-Verbündete wie die EU, Mexiko und Kanada müssen im Handelsstreit mit der Trump-Regierung zurückschlagen, fordert Financial Times:
„So besteht zwar das Risiko, dass es zu Retourkutschen mit weiteren Zollerhöhungen kommt. Doch wenn Gegenmaßnahmen ausblieben, würde Trump schlicht noch mehr fordern. Die Vergeltung sollte nüchtern und koordiniert ausfallen. Sie sollte darauf abzielen, US-Unternehmen gegen die US-Handelspolitik zu mobilisieren. ... Bei seiner Amtsantrittsrede als Präsident erklärte Donald Trump, dass 'Protektion zu mehr Wohlstand und Stärke führen wird'. Zumindest beim Thema Handel müssen die Verbündeten der USA ihn ernst nehmen - und es wagen, ihn zu widerlegen.“
Gefährlich kurzsichtig
Vor den Folgen eines Handelskriegs warnt Pravda:
„Der Handelskrieg zwischen der EU und den USA hat natürlich wirtschaftliche Auswirkungen - aber die politischen sind noch schwerwiegender. Der transatlantische Bruch vertieft sich, und dies kann im Gegensatz zu dem, was Trump sagt, zu einer echten Bedrohung für die Sicherheit aller führen. ... Sein Ansatz hat noch eine weitere große Schwäche. Selbst Merkantilisten wussten, dass Zölle nur sinnvoll sind, wenn sie Endprodukten auferlegt werden. Trump jedoch, im Namen des Schutzes der US-Stahlindustrie, schadet der Industrie der USA, für die Stahl und Aluminium nur Rohstoffe sind. Zum Beispiel den Autoherstellern, die viel mehr Leute beschäftigen als Stahlbauer.“
Neues Kapitel in der Geschichte der Weltwirtschaft
Das Ende der Ära der Globalisierung ist eingeläutet, glaubt Ria Novosti:
„Das sind durchaus systematische Schritte des nationalistisch orientierten Trump-Teams. Das möchte im Gegensatz zur vorherigen Regierung im Interesse der nationalen Wirtschaft handeln und nicht zugunsten der 'globalisierten' Finanzelite, die die völlige Umgestaltung der Welt nicht nur auf Kosten fremder Völker, sondern auch des eigenen US-amerikanischen Volks vornimmt. ... Diese protektionistischen Maßnahmen werden Präsident Trump überleben, sie sind für lange, wenn nicht für immer. ... In dieser neuen Welt werden wir leben müssen. Und all die Erörterungen über 'Gesetze des globalen Markts', das 'Einbinden der heimischen Wirtschaft in die internationale Arbeitsteilung' und sonstige gutgemeinte Dummheiten sind in dieser neuen Welt sinnlos.“
In den USA wird zu wenig gespart
Donald Trump verkennt die wahre Ursache des US-Problems, meint The Times:
„Der US-Präsident ist fest davon überzeugt, dass 'unfaire' Handelspraktiken anderer Länder der Grund für das große Außenhandelsdefizit der USA sind. In Wahrheit ist es etwas völlig anderes: Die US-Amerikaner sparen nicht viel. Beinahe die gesamte Zunft der Ökonomen ist sich einig und könnte Trump erklären, dass dessen Maßnahmen auf einem einfachen arithmetischen Missverständnis basieren. Es betrifft das Gleichgewicht von Investitionen und Sparleistungen. Weil den vielen Investitionsmöglichkeiten in den USA vergleichsweise wenige Sparleistungen gegenüberstehen, muss das Land ausländisches Kapital einführen.“
Deutschland könnte Trump entgegenkommen
Der deutsche Handelsüberschuss ist tatsächlich ein Problem, pflichtet die taz Trump bei und schlägt vor, wie man Abhilfe schaffen könnte:
„Langfristig geht es nicht unbedingt darum, die Exporte zu verringern. Man könnte für mehr Importe sorgen. Die Mittel dazu sind höhere Löhne, mehr Investitionen und eine großzügigere soziale Sicherung, die Hartz IV überwindet. Der stärkere Binnenkonsum steigerte die Nachfrage nach ausländischen Waren. Kurzfristig wäre es schlau, wenn EU-Kommission und Bundesregierung der US-Administration ein vernünftiges Angebot machten. Eine Festlegung auf einen Export-Deckel wäre kein Teufelszeug. Dann würden einige der hiesigen Unternehmen insgesamt auf gewisse Einnahmen verzichten müssen - ein Zugeständnis, das sie angesichts der gut laufenden Wirtschaft wohl nicht umbrächte.“
Sorge treibt die EU zu harter Reaktion
Warum die Reaktion der EU hart ausfallen wird, erklärt De Volkskrant:
„Die Verluste für die betroffenen Unternehmen sind zwar groß, doch weder die EU noch die USA geraten deshalb wirtschaftlich aus dem Gleichgewicht. Die EU reagiert so scharf, weil sie fürchtet, dass es dabei nicht bleibt. Trump hat bereits gesagt, dass er weniger Autos der Marke Mercedes Benz in den Straßen von Washington und New York fahren sehen will, selbst wenn die Autos in den USA von US-Arbeitnehmern hergestellt werden. Außerdem ist Brüssel zutiefst besorgt, dass der einst so treue Freund, Handelspartner und militärische Verbündete USA die EU nun behandelt wie eine feindliche Macht. Verhandlungen über eine neue Handelsbeziehung mit den USA werden nicht beginnen, bevor die US-Stahlzölle vom Tisch sind.“