G7-Gipfel unter schwierigen Vorzeichen
Vor dem G7-Gipfel der sieben größten Industrienationen in Kanada haben einige Teilnehmer die Alleingänge von US-Präsident Trump in der Wirtschafts- und Außenpolitik scharf kritisiert. Trump wies die Kritik zurück. Bricht die westliche Wertegemeinschaft auseinander?
Trump zum Umdenken bewegen
Sechs der G7-Staaten müssen beim Gipfel alles daran setzen, den US-Präsident von seiner welthandelsfeindlichen Politik abzubringen, appelliert The Times:
„Es ist schlimm genug, dass Donald Trump mit seinem Protektionismus das globale Wachstum unnötig schwächt. Noch mehr Schaden richtet er aber an, indem er signalisiert, dass das mächtigste Land der Welt sich nicht mehr an multilaterale Regeln gebunden fühlt. Nun verteidigen sechs Staaten der G7 ein System, von dem der siebte Staat glaubt, dass es nicht mehr funktioniert. Daher sind die Erwartungen an den Gipfel gering. Doch es könnte kaum mehr auf dem Spiel stehen. Trumps Amtskollegen sollten nichts unversucht lassen, den US-Präsidenten zum Umdenken zu bewegen.“
Begräbnis für westliche Wertegemeinschaft
Die G7 haben ihre Bedeutung verloren, klagt Die Presse:
„Das G7-Treffen in Québec, in einem romantischen Luxushotel über dem Lorenzstrom, ist ... ein Begräbnis für die multilaterale Ordnung, nach Jahrzehnten der Kooperation und des Vertrauens zwischen den führenden Wirtschaftsmächten. Die Beschlüsse waren oft vage, das Lächeln auf den Fotos gequält. Aber man teilte gemeinsame Grundüberzeugungen, selbst zu Zeiten des Irak-Kriegs. Auch wenn die G20 durch den Aufstieg Chinas zum wichtigeren Forum wurden: Die G7 wären als Wertegemeinschaft weiter vonnöten, um sich gegenüber Peking und Moskau zu positionieren. Stattdessen treibt Amerikas Treuebruch die früheren Partner in die Arme der Autokraten, die damit leichtes Spiel haben. Eine Niederlage für Trump, ... aber auch für die westlichen Werte, die sich aufweichen und verwischen.“
Wie groß wird der Widerstand sein?
Mit Blick auf die US-Politik unter Trump wird dieser Gipfel wohl kaum erfolgreich, prognostiziert Diena:
„Es steht zu befürchten, dass die USA und die anderen G-7-Länder sich beim Gipfel aufgrund ihrer Widersprüche vor allem darauf konzentrieren werden, ihre Beziehungen zu klären. Und so wird es am Ende wohl kaum zu einer gemeinsamen Abschlusserklärung kommen. ... Letztlich kann der G7-Gipfel zu einer Art Indikator werden, der zeigt, wie sehr andere führende westliche Staaten bereit sind, ihre Wirtschaft und ihren Wohlstand für die schöne Zukunft der Vereinigten Staaten zu opfern. ... Es stellt sich die Frage, ob die öffentlich geäußerte Entschlossenheit, dem Weißen Haus Widerstand zu leisten, nur kriegerische Rhetorik ist, oder doch echter Wille.“
Nicht nur Trump die Schuld geben
Vor einem weiteren Auseinanderdriften zwischen Berlin und Washington beim G7-Gipfel warnt Lidové noviny:
„Vor allem Deutschland äußert sich verwundert, dass Trump seine Wahlversprechen umsetzt. Jetzt beschwert es sich über den US-Botschafter in Berlin. Besagter Richard Grenell ist kein Heiliger, aber auch Obamas Botschafter waren nicht neutral. In Deutschland sollten sie darüber diskutieren, wo man sich unterscheidet und wo man sich einig ist. Doch Stimmen, die das befürworten, gibt es nicht viele. Zu ihnen gehört der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Ischinger, der davor warnt, nur Trump die Schuld zuzuschieben. Wenn in Europa die Rhetorik von 1914 überwiegen sollte, die Meinung, dass Trump schlimmer sei als der theokratische Iran und das kommunistische China - dann sei Gott mit uns.“