Vierergipfel zu Syrien in Istanbul
Erdoğan, Macron, Merkel und Putin haben sich in Istanbul bei ihrem Viergipfel zu Syrien auf Eckpunkte eines politischen Prozesses in dem Bürgerkriegsland verständigt. So soll ein Verfassungskomitee geschaffen und bis Ende des Jahres in Genf seine Arbeit aufnehmen. Welche Erfolgsaussichten hat die Suche nach einer Lösung für Syrien in diesem Format?
Lösungsversuch für Gordischen Knoten
Das neue Format könnte ein guter Anfang sein, meint Evenimentul Zilei:
„Die syrische Variante, mit einem separaten russisch-iranischen Frieden, der 'die anderen ausländischen Akteure' ausschließt, hat keine Ergebnisse gebracht. Auch das Astana-Format aus Russland, Iran und der Türkei hatte seine Grenzen. Die Türkei verließ das letzte Treffen in Teheran äußerst unzufrieden. Die bilaterale Ebene USA-Russland wiederum ist von großen Differenzen in der Herangehensweise geprägt und berücksichtigt nicht die Probleme der Europäer und vor allem auch nicht jene der Türkei. ... Hinzu kommen noch die Interessen Israels und schon haben wir in Syrien das Modell des Gordischen Knotens, einen Krieg ohne Gewinner. Das Format Istanbul ist jetzt eine gute Gelegenheit, die Dinge rund zu bekommen, auch wenn an den Verhandlungen keine syrischen Vertreter teilgenommen haben.“
Europa zeigt Initiative
Dass der Gipfel als Signal Europas an die USA zu verstehen ist, glaubt Večernji list:
„Im Gegensatz zu vielen vorherigen Gesprächsrunden in Astana oder Genf waren in Istanbul die Chefs zweier wichtiger europäischer Länder anwesend. Dadurch zeigten Deutschland und Frankreich, dass die Meinung Washingtons nicht mehr die wichtigste ist, meinen Experten. Sie werten das Treffen als Signal an die USA, dass die europäischen Staaten ihre unabhängige Politik zur Lösung von Konflikten, die sie betreffen, fortführen wollen. Die deutsche und französische Position zum Krieg in Syrien ist weitaus flexibler als die der USA und Großbritanniens, die keinen Frieden schaffen, sondern im Kriegs-Chaos Assad stürzen wollen.“
Türkei kann das Blatt in Nahost wenden
Die Zusammenkunft in Istanbul hat gezeigt, dass es neue Akteure für eine Befriedung des Nahen Ostens braucht, findet die regierungstreue Yeni Şafak:
„Die Führer der Türkei, Frankreichs, Deutschlands und Russlands haben auf dem Istanbuler Gipfel die Zukunft Syriens besprochen. Doch die USA, Israel, Iran und Syrien, waren nicht dabei. ... Allein dieses Bild zeigt, wie sich die Weltordnung verändert hat, neue Kräfte und Achsen entstanden sind und ein internationales Problem auch ohne Beteiligung der immer gleichen Länder besprochen werden kann. Der Syrienkrieg war eine Falle, die für die Türkei und die ganze Region aufgestellt wurde. Doch wir haben das bemerkt und versuchen nun, Vorbeugungen zu treffen und die Falle zu zerstören.“
Verfassungskomitee wird nicht funktionieren
An den Erfolgsaussichten des geplanten Verfassungskomitees zweifelt Politologe Alexander Domrin in seinem Beitrag für Iswestija:
„Das einzige wirklich konkrete Ergebnis ist die Übereinkunft über die Schaffung eines Verfassungskomitees im Laufe von zwei Monaten. Doch dies erscheint mir unwahrscheinlich. Denn es soll aus 150 Personen bestehen: je 50 Experten, die die syrische Regierung, die innere (sogenannte 'gemäßigte') Opposition und die externe Opposition aus dem Ausland repräsentieren. Das ist - schon was die Zusammenstellung betrifft - eine komplizierte Konstruktion. Ganz zu schweigen davon, ob sie in der Lage ist, eine neue Verfassung für das Land zu schreiben.“