Wettstreit der Russland-Feinde
Eine Verbesserung der Beziehungen zwischen den USA und Russland wird es nicht geben, prophezeit der russische Journalist Alexander Golz in Nowoje Wremja:
„Fakt ist, dass die einzige Frage, bei der es heute einen offensichtlichen Konsens zwischen Republikanern und Demokraten im Kongress gibt, die entschiedene Verurteilung Russlands ist. All das war sowohl vor einer Woche als auch vor einem Monat offensichtlich. Doch Putin schlägt hartnäckig vor, abzuwarten, bis die unvernünftigen Amerikaner ihre innenpolitischen Probleme lösen. Dabei wird sich davon die Beziehung zu Russland nicht ändern. Wenn die Demokraten sich mit den Republikanern über dieses Thema streiten, dann nur darüber, wer härter gegenüber Moskau auftritt.“
Putin kann nur auf Trumps Wiederwahl hoffen
Auch Wedomosti fürchtet, dass die bereits beschlossenen US-Sanktionen gegen Moskau nicht ausgesetzt werden:
„Früher sagte Trump, er sei bereit, eine Aufhebung der Sanktionen zu erwägen, wenn Russland anfängt, mit Washington in Syrien und der Ukraine zu kooperieren. Doch die Stärkung der Demokraten im Kongress wird da stören: Die Demokraten haben zu Syrien und der Ukraine eine härtere Haltung. ... Die als nächstes vorgesehenen Sanktionen wegen der Vorwürfe, Moskau habe in Salisbury chemische Waffen eingesetzt und verweigere sich internationalen Inspektionen, sind ohnehin unabhängig vom Wahlausgang. Denn sie sind im Rahmen eines Gesetzes verpflichtend. ... Seine Hoffnungen legt der Kreml nun mehr auf die Präsidentenwahl 2020: Putin sagte im Oktober, dass eine Wiederwahl Trumps gefesselte Hände lösen würde.“
Hier kann er sich noch austoben
Nun wird sich der US-Präsident mit besonderer Hingabe auf ein Politikfeld stürzen, prophezeit Teresa de Sousa in Público:
„Der Sieg der Demokraten im Repräsentantenhaus mag Trumps interne Agenda einschränken - aber nicht dessen Außenpolitik. Der US-Präsident verfügt über weitreichende Befugnisse in diesem Bereich, einschließlich der Möglichkeit, unter bestimmten Umständen militärische Gewalt anzuwenden, Handelsabkommen oder internationale Verträge zu annullieren oder neue zu unterzeichnen - auch wenn letzteres die Ratifizierung des US-Senats braucht (der in den Händen der Republikaner geblieben ist). Mit seiner internen politischen Agenda auf Eis wird Trump - wie bereits viele vor ihm - versuchen, schnelle Erfolge in der Außenpolitik zu erzielen. “
Präsident sollte Kriegstreiber ausbremsen
Trump sollte zu seiner ursprünglichen außenpolitischen Agenda zurückkehren, rät der Präsident der Moskauer American University, Edward Lozansky, in Iswestija:
„Für einen Wahlsieg 2020 oder wenigstens im Interesse seines historischen Erbes könnte Trump in der Gestalt des Retters des Landes und der Welt vor dem Dritten Weltkrieg auftreten. Dahin treiben uns seine ideologischen Gegner, die Verfechter einer monopolaren Weltordnung und der grenzenlosen US-Hegemonie. Es wäre klug von Trump, den Staub vom Text seiner Inaugurationsrede zu klopfen, wo er die Fehler seiner Vorgänger im Weißen Haus aufgezählt hatte - und die er versprach zu korrigieren. ... Die US-Presse diskutiert ständig: Wer ist der Hauptfeind: Russland oder China? Trump hat die wundervolle Gelegenheit, dieses Problem zu lösen, indem er beide Feinde wenn schon nicht zu Verbündeten, so doch zu strategischen Partnern macht.“
Europas Sicherheit in Gefahr
Bis zur nächsten Präsidentschaftswahl könnte die Situation für die Alliierten der USA in Europa ungemütlich werden, fürchtet der Politologe Valentin Naumescu in Contributors:
„Ein noch weiter gespaltenes Amerika mit einer geschwächten Exekutive und einem Präsidenten, der von seiner eigenen Nation infrage gestellt und angefochten wird, wird nicht unbedingt in der Lage sein, überzeugende Sicherheitsgarantien im Bedrohungsfall zu geben. ... Fest steht, dass die strategische Richtung der nächsten zwei Jahre unklar wird und die Auswirkungen dessen nicht leicht sein werden, weder für die USA, die Nato noch die USA-EU-Beziehungen. Und noch weniger für die weltweiten Alliierten und Partner der USA, die bereits ungeduldig auf den Wahlausgang am 3. November 2020 warten.“
Keine dramatischen Veränderungen
Europa kann nach den US-Zwischenwahlen gelassen bleiben, beschwichtigt hingegen Lidové noviny:
„Für uns in Europa stellt sich natürlich die Frage, ob eine Veränderung der US-Außen- und Sicherheitspolitik zu erwarten ist. Da wird wohl nichts Dramatisches auf uns zukommen. Trump wird aufpassen, dass er das nächste Treffen mit Putin nicht wieder zerredet oder Erkenntnisse der US-Geheimdienste über eine russische Einmischung anzweifelt. Eher wird er härter mit Russland umgehen. … Wird er seine harte Haltung bezüglich des Außenhandels aufweichen? Eher nicht. Er glaubt, dass er damit erfolgreich ist. Und viele Linke - mit Sanders an der Spitze - sind in Wahrheit noch größere Protektionisten als Trump.“