Trump lockt London mit Handelsvertrag
Während seines Staatsbesuchs in Großbritannien hat US-Präsident Donald Trump dem Land ein bilaterales Handelsabkommen in Aussicht gestellt. Aktuell kann London als EU-Mitglied keine eigenen Handelsverträge abschließen. Doch ein großer Vertrag sei möglich, wenn das Vereinigte Königreich seine Fesseln loswerde, schrieb Trump auf Twitter. Ist das Angebot überzeugend oder mit Vorsicht zu genießen?
Briten sollten Angebot dankbar annehmen
Der US-Präsident kommt der Regierung in London viel mehr entgegen als sein Vorgänger Barack Obama, freut sich The Spectator:
„Donald Trump ist der politische Führer unseres größten und mächtigsten Verbündeten. Seine Regierung ist bereit, Großbritannien einen Freihandelsvertrag zu bieten. Trump hat mal erklärt, dass Großbritannien, wenn es aus der EU austritt, 'in der Schlange ganz vorne' stehen werde. Obama hatte uns gedroht, wir würden dann 'in der Schlange ganz hinten' enden. Wer zweifelt daran, dass Trumps Vorschlag besser für Großbritannien ist? Die USA sind der mit Abstand größte Exportmarkt für Großbritannien. Daher sollte das Angebot begeistert angenommen werden. Theresa May hatte das ja nicht getan.“
Weiterer Kandidat für Trumps Opferliste
Bei künftigen Verhandlungen über die Handelsbeziehungen mit den USA könnte Großbritannien noch unangenehme Überraschungen erleben, spekuliert hingegen La Vanguardia:
„Die Liste der Opfer von Trumps Politik ist lang - von Mexiko über die EU bis China. Und es ist noch nicht gesagt, dass nicht auch Großbritannien dazugehören wird. Sollte sich das Land am Ende für einen harten Brexit entscheiden, könnte es die Beziehungen zu den USA als traditionellem Verbündeten ausbauen, wie Brexit-Befürworter ankündigen. Aber die Verhandlungsposition Großbritanniens - durch die EU geschwächt - wird dabei nicht optimal sein. Die USA werden vergleichsweise stark auftreten, was dazu führen könnte, dass die Briten mehr Zugeständnisse machen müssten, als ihnen lieb ist.“
Abkommen vor allem für USA gut
Warum die USA von einem Handelsabkommen mit London auf jeden Fall profitieren würden, erklärt Cristian Unteanu auf seinem Blog bei Adevărul:
„Einige Bestimmungen könnten den USA nützen, um auf dem britischen Markt massiv Agrarprodukte zu platzieren. Diese Branche ist besonders verwundbar. Viele große Märkte auf der Welt haben im Zuge des Handelsstreits die Zölle erhöht, so dass die US-Waren nicht mithalten können. Außerdem gibt es eine ungewöhnlich große Menge von US-Waren, die auf Auslandsmärkten keinen Zugang haben, weil sie auf Gentechnik basieren oder unter Einsatz von Wachstumshormonen und Pestiziden produziert wurden, die in der EU verboten sind.“
Irland wäre der große Verlierer
Ein Freihandelsvertrag zwischen den USA und Großbritannien würde das EU-Mitglied Irland hart treffen, fürchtet The Irish Times:
„US-Unterhändler haben klar gemacht, dass ein solches Handelsabkommen mit Blick auf landwirtschaftliche Erzeugnisse, Arbeits- und Umweltstandards zu ihren Bedingungen abgeschlossen werden würde. In diesem Fall würde die Grenze zwischen Irland und Nordirland zum Kristallisationspunkt eines sich zuspitzenden Konflikts zwischen den USA, der EU und Großbritannien werden. Irlands offene Wirtschaft ist schon immer sehr stark vom Handel mit diesen großen Partnern abhängig gewesen. Daher wäre das Land von einer solchen Konfrontation besonders betroffen.“