Kampfpanzer für Kyjiw: Immer mehr Befürworter
Großbritannien hat beschlossen, der Ukraine Challenger-2-Kampfpanzer zur Verfügung zu stellen. Finnland, Litauen, Polen und Spanien wollen deutsche Leopard-Kampfpanzer liefern, auch Schweden zieht dies in Betracht. Damit steigt der Druck auf Deutschland, solche Lieferungen abzusegnen und sich der Allianz anzuschließen. Europas Presse treibt die Frage der Ukraine-Unterstützung mit allen Mitteln weiter um.
Endlich Position beziehen
Público fordert von Deutschland ein eindeutiges Zeichen:
„Ohne die von ihr eingeforderten Panzer und gepanzerten Fahrzeuge läuft die Ukraine Gefahr, sich in einer für die Rückeroberung des verlorenen Gebiets ungünstigen Position wiederzufinden. ... Es ist klar, dass sich Berlin weder gegenüber der Ukraine noch gegenüber dem feindlich gesinnten Russland übermäßig engagieren wollte, wohl wissend, dass es keine Gelegenheit verpassen darf, seine politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zu Moskau zu stärken. Jetzt ist die Zeit für Olaf Scholz aber gekommen, in einem maßgeblichen Krieg um die Zukunft des europäischen Mächteverhältnisses zu entscheiden, ob die Gegenwart des ukrainischen Widerstands mehr zählt als die Zukunft der Beziehungen zu Moskau.“
Scholz wartet auf das Go aus Washington
Politika sieht durchaus Gründe für Berlins Zögern:
„Der Kreml warnt die Nato-Mitglieder, dass die Lieferung von schweren Panzern eine 'rote Linie' ist, deren Überquerung allgemeine Raketenangriffe bedeuten könnte. ... Olaf Scholz hat bis jetzt nicht vor, vorzupreschen. ... Vielleicht möchte er nicht dem Druck Londons unterliegen und die paar Brücken mit Russland abbrechen, falls es die überhaupt noch gibt. Zwei deutsche Beamte verrieten gegenüber Politico, dass Scholz' Position zur Entsendung deutscher Panzer von der Entscheidung Joe Bidens abhänge [US-Kampfpanzer zu liefern]. Aber die Amerikaner schweigen vorerst klugerweise zu diesem Thema.“
Auch Schweden sollte sich beteiligen
Die aktuelle Entwicklung geht in die richtige Richtung, findet Expressen:
„Dass Finnland mit seiner langen Grenze zu Russland erwägt, einige seiner 200 Leopard 2 zu schicken, ist nur zu begrüßen. Schweden hat ungefähr 120. ... Die Regierung sollte ernsthaft erwägen, einige zu schicken, und, wenn das nicht möglich ist, die Ukraine auf andere Weise militärisch unterstützen. Vielleicht durch Panzermunition, falls gewünscht. Nun bleibt abzuwarten, ob alle versprochenen Kampffahrzeuglieferungen Realität werden. Aber sie sind von entscheidender Bedeutung für eine bedrohte Demokratie – und sie würden ein wichtiges Signal an Wladimir Putin senden: Der Westen hält durch.“
Aufrüstungsspirale dreht sich weiter
La Stampa befürchtet, dass die Debatte nicht bei Kampfpanzern enden wird:
„In der chronologischen Auflistung der eingesetzten und vom Westen gelieferten Waffen können wir das schmerzhafte Röntgenbild dieser Katastrophe lesen. ... Vor zehn Monaten diskutierten einige naive Leute noch darüber, ob das Maschinengewehr eine Verteidigungswaffe sei und welches Kanonenkaliber ausreiche, um der Ukraine zu helfen, sich nur zu verteidigen. ... Wenn der Mechanismus in Gang gesetzt ist, gibt es keine Grenzen, er nährt und rechtfertigt sich selbst. Munition, Flugabwehr, Feldhaubitzen mit einer Reichweite von dreihundert Kilometern, Schiffsabwehraketen, gepanzerte Fahrzeuge. ... Jetzt fehlen nur noch Jagdbomber. Letztes Feigenblatt bellizistischer Scham. Nur Geduld. Bald sind auch sie an der Reihe.“
Ukraine langfristig absichern
Der Deutschlandfunk sieht keine Alternative zur dauerhaften Hochrüstung Kyjiws:
„Die Ausweitung des Unterstützungsarsenals wird in Zukunft auch erforderlich sein, um die Ukraine ... weiterhin abzusichern. Als Gastgeber des G7 Treffens in Elmau hatte Olaf Scholz die Frage nach dauerhaften Sicherheitsgarantien für die Ukraine im Sommer noch mit einem deplatzierten Grinsen von sich gewiesen. Das wird er sich im zweiten Jahr des Krieges nicht mehr erlauben können. Die bittere Wahrheit ist, dass die Ukraine nur als hochgerüstete und mit machtvollem Abschreckungspotential ausgestattetes Land bestehen und damit auch Sicherheit für den Rest Europas gewährleisten kann. Die Frage, was nach dem Marder und dem Leopard kommt, ist deshalb unausweichlich.“
Polen bringt die Sache ins Rollen
Nach der Ankündigung durch den polnischen Präsidenten Andrzej Duda wird Deutschland schließlich nachgeben müssen, glaubt Polityka:
„Die polnische Initiative soll einen sich so selbst verstärkenden Druck auf Berlin und andere Länder ausüben, dass es kein Zurück mehr gibt. Die Erklärung des Präsidenten kommt zu einem besonderen Zeitpunkt: eine Woche vor einem Treffen der obersten Befehlshaber der Nato-Länder. ... Sie kam jedoch nicht überraschend, denn Dudas Aufbau einer multinationalen Koalition für die Verlegung von Panzern in die Ukraine wurde bereits vor einigen Tagen vom polnischen Regierungschef angekündigt. Wenn das Ganze also gut vorbereitet wurde, sind in den kommenden Tagen weitere Erklärungen zu erwarten, die die Bildung von ein oder zwei Panzerbataillonen ankündigen.“
Lasst die Leoparden frei!
Die Nachwelt wird einmal rätseln, warum diese Entscheidung so lange gedauert hat, glaubt LRT:
„Geben Sie der Ukraine die Panzer! Befreit die Leoparden! Polen, Finnland und sogar Frankreich haben Deutschland aufgefordert, der Ukraine deutsche Panzer zur Verfügung zu stellen, ohne die ihre Armee nicht in der Lage sein wird, eine endgültige Befreiungsoffensive zu starten. Warum die Nato-Mächte diese logische militärische Entscheidung hinausgezögert haben, darüber werden die Nachkriegshistoriker noch lange schreiben. ... Nach [der Leopard-Lieferung] können wir uns nur noch freuen und gemeinsam seufzen: Warum konnte das nicht schon früher getan werden? Wie viele Leben, Blut und Tränen hätten gerettet werden können?“
Scholz’ Alleingang aus Angst vor dem Alleingang
Die Argumente des Bundeskanzlers gegen die Lieferung von Leopard-Panzern werden Tag für Tag fadenscheiniger, befindet Der Tagesspiegel:
„Es gibt keine Nato-Absprache, die das verhindert. Es droht auch kein Alleingang bei der Lieferung von Leos. Sondern der umgekehrte Alleingang: Die Verbündeten wollen liefern, Berlin verhindert es durch Verweigerung der Exporterlaubnis. Obendrein verfestigt sich der Eindruck: Wenn die USA drängen, wird Scholz auch hier nachgeben. Die Europäer zählen für ihn nicht. Was für eine schaurige Pointe: Die SPD als Macht, die die Abhängigkeit von den USA vertieft, statt europäische Handlungsfähigkeit zu stärken.“
Moralische Verpflichtung, die sich lohnen wird
Finnland kann ohne zu große Bedenken Leopard-Panzer an die Ukraine liefern, ist Kaleva überzeugt:
„Finnland ist moralisch verpflichtet, sich an der europäischen Koalition zu beteiligen, sollte sie denn zustande kommen. Wenn ein kleiner Teil der etwa 200 Leopard-Panzer an die Ukraine geliefert wird, wird das die finnischen Verteidigungskapazitäten noch nicht ins Wanken bringen. Man darf auch nicht vergessen, dass Russland den größten Teil seiner Offensivkräfte in der Ukraine vergeudet hat, und das offenbar auf Jahre hinaus. ... Eine gemeinsame europäische Linie im Hinblick auf Leopard-Lieferungen wird hoffentlich bis zum Gipfel zur Militärhilfe an die Ukraine in Ramstein am nächsten Freitag gefunden werden. Schon das Wissen um Leopard-Lieferungen würde den Glauben der Russen an einen Sieg erschüttern.“
Berlin muss den Alleingang wagen
Gerade Leopard-Kampfpanzer werden von der Ukraine dringend gebraucht, meint der Deutschlandfunk:
„Viele europäische Länder nutzen ihn, überall hin klappt die Versorgung mit Ersatzteilen und Munition, vermutlich auch bis in die Ukraine. Den Soldaten ein Kampfpanzermodell zu liefern ist allemal logischer als viele unterschiedliche, wie jetzt bei den leichteren Panzern. ... Nur: Berlin bewegt sich nicht. Da der Leopard hierzulande produziert wird, dürfen die anderen Staaten, die ihn besitzen, ihn erst an Kiew abgeben, wenn der Bundessicherheitsrat, also die Bundesregierung das erlaubt. Hier muss sie jetzt einen Alleingang wagen, ohne kann die kollektive europäische Panzeraktion nicht starten.“
Späte Lieferung ist bewusste Strategie
Kolumnist Iwan Jakowyna glaubt in NV nicht, dass zunehmende westliche Waffenlieferungen die militärische Situation außer Kontrolle geraten lassen:
„Ich möchte mit Ihnen eine Beobachtung teilen, die ich für sehr wichtig halte. Keine der Nachrichten über [die jüngsten] Waffenlieferungen löste bei den Russen große Überraschung oder einen Schock aus. Eher hat man sich dort gefragt: warum erst jetzt? Dies ist ein sehr wichtiger Teil der westlichen Strategie: Man handelt so, dass die neuen Waffen keinen Schock für die russische Gesellschaft und für Wladimir Putin darstellen. So, dass sie Putin nicht zwingen, den roten Atomknopf zu drücken.“
Deutschlands Blockade-Möglichkeiten schwinden
Berlin kommt jetzt weiter unter Druck, ist sich Index.hr sicher:
„Das Beste ist, dass in den [britischen] Challenger-2-Panzern kein einziges deutsches Teil verbaut ist, weshalb Kanzler Olaf Scholz und seine SPD die Lieferung nicht wie damals verhindern können, als Madrid den Ukrainern Leopard-2-Panzer geben wollte. Berlin wird sicher stark gegen die Lieferungen der Challenger lobbyieren - aus Angst, unter noch stärkeren Druck zu kommen. ... Warschau ließ verlauten, es sei bereit, der Ukraine seine Leopard 2 so schnell zu liefern, wie es US-amerikanische Abrams und südkoreanische Black Panther bekommt. Momentan befinden sich im Arsenal der polnischen Armee 132 Leopard 2A4, 105 Leopard 2A5 und fünf modernisierte Leopard 2PL. Doch um die Lieferung zu ermöglichen, bedarf es einer Erlaubnis aus Berlin.“
Mit dem Leopard wäre auch Biden geholfen
Deutschland solle jetzt Leopard-Panzer liefern, aber nicht im Alleingang, meint die Süddeutsche Zeitung:
„Wirkungsvoller wäre es, mit den vielen europäischen Streitkräften, die den Leopard 2 aus Deutschland nutzen, einen Verbund zur Ausrüstung der Ukraine zu bilden: Damit wären Menge, Logistik, Ersatzteile gewährleistet. ... Mit einer solchen Leopard-Initiative würden die Europäer und speziell die Deutschen dem Transatlantiker Joe Biden das Leben wesentlich einfacher machen. Der Präsident könnte skeptischen Landsleuten erklären, dass nicht immer die USA die Hauptlasten tragen. Es können auch mal jene Verbündeten sein, auf deren Kontinent und vor deren Haus Putins Russland den Frieden zerstört hat.“
Deutsche Zustimmung immer wahrscheinlicher
Gazeta Wyborcza hofft auf grünes Licht aus Berlin:
„Neben Polen sind unter anderem auch Finnland und Dänemark bereit, Leopard-2-Panzer an die Ukraine zu übergeben. ... Die entscheidende Frage ist, ob Deutschland der Übergabe von Leopard-2-Panzern durch diese 'Koalition' an die Ukraine zustimmt. Nach dem Durchbruch bei der Zustimmung zur Übergabe von Patriot-Batterien und Marder-Panzern erscheint dies immer wahrscheinlicher.“
Putins Albtraum Wirklichkeit werden lassen
Wieder gelingt es Europa nicht, bei Waffenlieferungen gemeinsam vorzugehen, beklagt tagesschau.de:
„Es gäbe immer noch eine starke europäische Antwort auf Putins Wahnsinn ... : eine gemeinsame Kampfpanzer-Lieferung mehrerer europäischer Staaten. Laut [SPD-Außenexperten Michael] Roth verfügen 13 von ihnen über zusammen 2000 Leopard-2-Panzer. Das wäre dann kein deutscher Alleingang, bräuchte aber die Zustimmung aus Berlin, weil es sich um einen Panzer aus deutscher Produktion handelt. 'Putins schlimmster Albtraum' - so schrieb Olaf Scholz in demselben Magazin-Artikel ['Foreign Affairs']- sei eine starke EU, die sich nicht spalten lässt. Eine EU, in der Deutschland und Frankreich noch enger zusammenarbeiten. Es wäre an der Zeit, diesen Albtraum Putins Wirklichkeit werden zu lassen.“
Der Druck auf Scholz steigt
Deutschland sollte sich dazu durchringen, schwere Leopard-Kampfpanzer zu liefern, fordert Der Tagesspiegel:
„Keine westliche Armee muss aus ihren Beständen abgeben. Die Hersteller haben ausreichend Vorrat. Anders als der US-Kampfpanzer Abrams, der sich mit Gasturbinen oder Benzinmotoren bewegt, fahren Leos mit Diesel wie das meiste Militärgerät der Ukraine. Sie müsste also keine extra Nachschublinien für Treibstoff aufbauen. Und einen Alleingang müsste Deutschland auch nicht riskieren. Mehrere europäische Länder sind bereit, die Leos im Verbund mit Deutschland zu liefern. Es fehlt nur die Exportgenehmigung. Also der Wille.“
Ein weiterer Schritt
Polityka erkennt eine Dynamik:
„Von handgeführten, tragbaren Waffen bis hin zu gezogenen und selbstfahrenden Haubitzen, Boden-Boden-Raketen, Anti-Radar-Raketen für Flugzeuge, Anti-Schiffs-Raketen und Flugabwehrsystemen verschiedener Generationen und unterschiedlicher Reichweiten - in weniger als einem Jahr haben wir das Stadium der Übergabe von Waffen der Spitzenklasse erreicht. ... Würde es also irgendwen überraschen, wenn den Kampffahrzeugen in einigen Wochen oder Monaten deutsche Leoparden, amerikanische Abrams, britische Challenger oder französische Leclerc in der Ukraine folgen? Das sollte es jedenfalls nicht.“