Intel legt Projekte für Chipfabriken auf Eis

Der Halbleiterproduzent Intel baut seine in Deutschland und Polen geplanten Chipfabriken vorerst nicht. Die Projekte würden um zwei Jahre aufgeschoben, teilte der wirtschaftlich angeschlagene US-Konzern mit. In Magdeburg sollten für 30 Milliarden Euro zwei Fabriken errichtet werden - zu einem Drittel finanziert durch Subventionen. In Breslau wollte Intel 6,5 Milliarden Dollar investieren. Die Medien ordnen ein.

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OKO.press (PL) /

Berlins Sparkurs blockiert Technologiesprünge

Das Portal OKO.press sieht den Intel-Rückzug als Symptom für den Technologierückstand der EU:

„Der technologische Rückstand wurde vor kurzem vom Ex-Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, in seinem viel beachteten Bericht über die Wettbewerbsfähigkeit der EU ausführlich thematisiert. Seiner Ansicht nach muss die EU viel investieren, um den Anschluss zu finden, wozu wir unter anderem gemeinsame europäische Schulden aufnehmen müssen. Solche Ideen werden jedoch u.a. vom Finanzminister des Landes, aus dem Intel jetzt flieht - Deutschland - nicht gewollt. So schließt sich der Kreis, und Europa bleibt weiterhin in der technologischen Abhängigkeit von mächtigen außereuropäischen Konzernen gefangen.“

Cicero (DE) /

Der Markt ist klüger als der Staat

Für Cicero wäre es an der Zeit für grundsätzliche Weichenstellungen in der Wirtschaftspolitik:

„Der Sozialdemokrat Scholz sitzt genauso wie sein grüner Wirtschaftsminister Robert Habeck der Illusion auf, der Staat könne entscheiden, welchen Branchen und welchen Technologien die Zukunft gehört, und diese dann mit Milliardengeschenken zum Wachsen und Gedeihen bringen. Das funktioniert nur in den seltensten Fällen. ... Wenn ein Unternehmen Milliardensubventionen bekommt, fehlt dieses Geld am Ende allen anderen. Marktwirtschaftlich denkende Ökonomen haben darauf im Fall Intel von Anfang an hingewiesen und vor dieser Megasubvention gewarnt. Sie wurden von führenden SPD-Politikern arrogant übergangen.“

Handelsblatt (DE) /

Beihilfen können Abhängigkeiten reduzieren

Warum hohe Subventionen in bestimmten Situationen sinnvoll sein können, erklärt das Handelsblatt:

„[D]ie Logik dahinter ist gar nicht so schwierig, und mit einer liberalen Marktlehre auch gut vereinbar: Für die Chipkonzerne ist es natürlich günstiger, wenn sie einfach weiter in China und Taiwan produzieren. Sie preisen aber die Gefahr eines militärischen Konflikts nicht ein, weil Unternehmen nun einmal auf kurzfristige Gewinnmaximierung eingestellt sind. Diese 'Externalitäten' muss der Staat deshalb ausgleichen, um ein Marktversagen zu verhindern. Man hätte meinen können, dass die Gefahren von zu großer Abhängigkeit bei einzelnen Gütern spätestens beim russischen Gas eindrucksvoll demonstriert wurden.“

Rzeczpospolita (PL) /

Subventionen in die Rüstungsindustrie umleiten

Rzeczpospolita sieht die für die polnische Chipfabrik vorgesehenen staatlichen Zuschüsse an anderer Stelle besser angelegt:

„Wenn wir also diese 7 Milliarden Złoty [ca. 1,6 Mrd. Euro] nicht auf das Konto des amerikanischen Riesen überweisen, lohnt es sich, sie in die Entwicklung der polnischen Rüstungsindustrie zu investieren. Entweder indem wir diese Mittel für Aufträge in der polnischen Rüstungsindustrie oder direkt für Investitionen in deren Produktionskapazitäten verwenden. Das eine schließt das andere nicht aus.“