US-Zölle: Und nun Handelskrieg mit Europa?   

Donald Trump hat am Wochenende hohe Zölle gegen Mexiko und Kanada verhängt, doch am Montag wurden sie nach Kontakten mit den Führungen beider Länder wieder für 30 Tage ausgesetzt. Neue Zölle gegen China traten in Kraft, Peking konterte mit Gegenzöllen. Trump drohte auch der EU "ziemlich bald" Zölle an. Kommentatoren fragen, wie Europa in einem drohenden Handelskrieg mit den USA agieren könnte.

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Svenska Dagbladet (SE) /

Das Vertrauen ist dahin

Verlierer sind letztlich Trump und die USA selbst, analysiert Svenska Dagbladet:

„Der große Verlust für Amerika ist nicht wirtschaftlicher Natur. Generelle, völlig vereinbarungswidrige Zölle gegen Nachbarn und Verbündete sowie absurde Ansprüche auf Territorien anderer Länder zeigen, dass den von Trump regierten USA nicht zu trauen ist. Was gestern versprochen wurde, kann sich schon morgen ändern. Dass es sich bei den Zöllen vielleicht 'nur' um eine Drohung handelte, wie [bei anderen Gelegenheiten] zuvor, wurde am Montagnachmittag deutlich. Da hieß es plötzlich, Trump habe das Inkrafttreten der Zölle gegen Mexiko um einen Monat verschoben. Doch der Vertrauensschaden ist bereits angerichtet.“

Politiken (DK) /

Dann eben ohne die USA

Die EU muss jetzt erst recht am Freihandel festhalten, betont Politiken:

„Der freie Handel ist der Schlüssel zum Wohlstand Dänemarks und Eckpfeiler der EU. Ohne US-Beteiligung wird es schwieriger, aber nun geht es darum, alternative Strukturen aufzubauen. Kürzlich hat die EU ein historisch umfassendes Handelsabkommen mit den südamerikanischen Mercosur-Ländern abgeschlossen. Bitte mehr davon! Trumps Regelverstöße und sein Zollkrieg müssen mit Vergeltungsmaßnahmen beantwortet werden, aber gleichzeitig gilt es, den globalen freien Handel so weit wie möglich zu wahren. Auch ohne die USA.“

Der Spiegel (DE) /

Sofort, laut und öffentlich warnen

Spiegel-Kolumnist Michael Sauga sieht die EU schlecht vorbereitet:

„Ihre Unternehmen sind von der Ausfuhr in die USA abhängig und ihre Streitkräfte schwach. Das ist eine schlechte Ausgangsposition, um bei möglichen Verhandlungen mit Trump etwas herauszuholen. ... Am Ende müssen die EU-Staaten darauf hoffen, dass die Amerikaner selbst den Widersinn der trumpschen Handelspolitik erkennen. ... Angeblich, so wird berichtet, wissen die US-Techmilliardäre um die Gefahr, die Trumps ökonomisches Hasardspiel heraufbeschwört. ... [Sie] könnten ... beweisen, dass ihr peinliches Anschleimen der vergangenen Wochen an den starken Mann in Washington für etwas gut war. Sie müssen Trump warnen: sofort, laut und öffentlich.“

Les Echos (FR) /

Lieber guter Kampf als schlechte Einigung

Die Europäer müssen sich für einen Handelskrieg global Verbündete suchen, fordert die Wirtschaftszeitung Les Echos:

„Gegenüber dieser Bedrohung sollte Europa einmal schnell und stark reagieren und vor allem dazu beitragen, gemeinsam mit Kanada, Mexiko und sogar China ein Lager der Verteidiger des Freihandels zu bilden. Eine Achse des Guten, die das protektionistische Diktat ablehnt. Handelskriege bringen nur Verlierer hervor, aber sofort gegenüber Trump einzuknicken, der weitere irrationale Forderungen vorbringen wird, ist keine Option. Wenn wir einen Krieg zum Preis einer schlechten Einigung vermeiden wollen, bekommen wir eine schlechte Einigung und trotzdem Krieg. Vereinen wir unsere Kräfte, um zu sagen, dass ein guter Krieg ausnahmsweise besser ist als ein schlechter Frieden.“

Irish Independent (IE) /

Mit Bedacht agieren

Irland wäre von einem Handelskrieg zwischen der EU und den USA besonders betroffen, mahnt Irish Independent:

„Ein Handelskrieg könnte allen Seiten viel Schaden zufügen, und Trump hat die EU bereits ins Visier genommen. ... Amerikanische Zölle wären verheerend für Irland. Nach Deutschland und Italien haben wir den drittgrößten Handelsüberschuss der EU mit den USA. ... Die EU-Staats- und Regierungschefs werden auf ein schnelles Einlenken hoffen, um die Ausweitung des Handelskrieges zumindest einzudämmen. So kurz nach Covid, dem Krieg in der Ukraine und den steigenden Lebenshaltungskosten kann sich Irland kaum einen weiteren wirtschaftlichen Schock leisten. Premierminister Micheál Martin hat gestern zu Recht vor übereilten Schritten gewarnt.“

Mandiner (HU) /

Wenn Trump dafür Frieden schafft ...

Die negativen Auswirkungen der Zoll-Entscheidung könnten durch politische Erfolge Trumps ausgeglichen werden, meint das regierungsnahe Medium Mandiner:

„Trumps Entscheidungen, wie schmerzhaft sie auch immer für andere Länder sein könnten, sind verständlich, und die möglichen negativen Auswirkungen auf Ungarn können reichlich kompensiert werden, wenn der andere große Plan des US-Präsidenten Erfolg hat: Frieden in der Ukraine zu schließen. In diesem Fall würden alle vorübergehenden negativen wirtschaftlichen Auswirkungen auf unser Land verblassen.“

Der Standard (AT) /

EU ist als Nächste dran

Trumps Wirtschaftspolitik ist völlig erratisch, kritisiert Der Standard:

„Die Zölle machen das aktuelle nordamerikanische Freihandelsabkommen, das Trump in seiner ersten Amtszeit selbst ausgehandelt hat, obsolet und beschädigen einen der am engsten verflochtenen Wirtschaftsräume der Welt. Trump stellt keine konkreten Forderungen an Mexiko und Kanada, mit deren Erfüllung diese die schmerzhaften Zölle abwenden könnten. … Warum China, dessen Handelspolitik viel problematischer ist, nur mit zehn Prozent belastet wird und entsprechend vorsichtig reagiert, ist ebenso unklar. Aber Trumps Hass richtet sich vielmehr gegen befreundete Demokratien als autoritäre Gegner. Das werden auch noch die EU-Staaten zu spüren bekommen, die sicher als Nächstes dran sind.“

Večernji list (HR) /

Alter Handelskrieg neu entfacht

Wie schon in Trumps erster Amtszeit wird Europa nicht von US-Zöllen verschont bleiben, befürchtet Večernji list:

„Der US-Präsident drohte während der letzten Monate der EU einen Handelskrieg an und dass, falls die EU nicht mehr US-Erdöl und Gas kaufen würde, es 'Zölle ohne Ende' geben werde. ... Wie dies aussehen könnte, wissen wir aus Trumps erster Amtszeit. Damals führte er Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahl- und 10 Prozent auf Aluminiumimporte aus der EU, Kanada und Mexiko ein, was zu einem Handelskrieg mit der EU führte, die mit Zöllen auf US-Produkte konterte, inklusive Whisky, Motorräder und Jeans im Wert von etwa 6 Milliarden Dollar. Die Europäische Kommission kündigte an, man sei wieder zu Gegenmaßnahmen bereit, sollte Trump auch diesmal wieder Zölle einführen.“

Süddeutsche Zeitung (DE) /

Nicht ohne Risiko für den Präsidenten

Den Preis werden vor allem die amerikanischen Verbraucher zahlen, meint die Süddeutsche Zeitung:

„[D]ie Preise in den USA [dürften] ziemlich sicher steigen, weil Importeure die Einfuhrgebühren weitergeben. ... Der US-Präsident hat seine Landsleute schon präventiv darauf eingestimmt. Seine Wirtschaftsberater glauben offenbar, dass höhere Preise nur ein vorübergehender Effekt wären. Liegen sie falsch, dann hat Trump seinen ersten großen Fehler gemacht. Er hat den Wählern versprochen, die Preise zu senken, sehr viele Amerikaner haben ihn genau dafür gewählt. Nimmt die Inflation wieder Fahrt auf, dann werden sie ihm die Schuld geben. Da kann er noch so oft behaupten, wie viele Milliarden seine Zölle eingenommen oder wie viele Industriejobs sie zurückgeholt haben.“

Corriere della Sera (IT) /

Er testet das Ausmaß des Widerstands

Trump tastet die Grenzen des Machbaren ab, befürchtet Corriere della Sera:

„Leider müssen wir auch eine weitere, noch radikalere These in Betracht ziehen. Sie hat mit der Brutalität der ersten Tage seiner Regierung zu tun, einschließlich der Zölle, die auf eine Art und Weise verhängt wurden, die seiner Dealmaker-Logik zu widersprechen scheint. ... Das legt nahe, dass Trump, der seit Langem studiert, wie er die Hindernisse beseitigen kann, die ihn in seiner ersten Amtszeit zurückgehalten haben, an allen Fronten nun Paradigmenwechsel erzwingt, um die absolute Macht der Exekutive durchzusetzen. ... Das, indem er die Gesetze des Kongresses (und in einigen Fällen die Verfassung) ignoriert, Notstandsbefugnisse ohne Not einsetzt und das Terrain testet, um zu sehen, wie weit er – im Inland und im Ausland – gehen kann, ohne auf großen Widerstand zu stoßen.“

La Repubblica (IT) /

Wiederauflage der Monroe-Doktrin

Die Zölle haben nur wenig mit Wirtschaft und Handel zu tun, wirft La Repubblica ein:

„Das erklärte Ziel ist politischer Natur. Die US-Grenzen gegen illegale Einwanderung abzuschotten, die Drogenkartelle in die Schranken zu weisen, das Eindringen der Chinesen in Washingtons Vorhof zu kontrollieren. Entweder werden Mexiko und Kanada kooperieren, oder sie werden die Kosten der US-Zölle tragen müssen. Damit bestätigt sich ein wichtiges Merkmal der Außenpolitik von Trump II: Das Weiße Haus beansprucht seinen eigenen Einflussbereich in der westlichen Hemisphäre. Trump, der historisch auf die Entscheidungen des späten 19. Jahrhunderts zurückgreift, wendet in der Tat eine Art aktualisierte Monroe-Doktrin [isolationistische Abschottung] an. ... Demnach braucht Amerika in seiner eigenen Nachbarschaft keine Verbündeten, sondern gefügige Länder.“

Expresso (PT) /

Der Westen vor der Spaltung

Trump sprengt sowohl die Globalisierung als auch das Blockdenken in den internationalen Beziehungen, schreibt der Soziologe Pedro Gomes Sanches in Expresso:

„Eine globale Welt, die für alle profitabler ist, weicht einer Halbwelt der Blöcke, die für einige weniger profitabel ist. Sie bedeutet, dass die Demokratien oder, wenn man so will, 'der Westen' als Block agiert: mit Zollsanktionen gegen den 'anderen' Block (Gründe gäbe es genug: von Sozial- über Arbeits- bis hin zu Umweltdumping), und ohne Zölle innerhalb des Blocks. Trump hat diese These jedoch auf den Kopf gestellt: mit Verachtung für die alten Verbündeten und der Androhung von Zöllen auch für uns Europäer.“