Ostukraine: Wie ernst ist die Lage?
US-Präsident Joe Biden hat Kremlchef Wladimir Putin angerufen und ein Gipfeltreffen in einem Drittland vorgeschlagen. Hintergrund sind Truppenverlegungen Russlands an die Grenze zur Ukraine in den vergangenen Wochen, woraufhin die USA zwei Kriegsschiffe ins Schwarze Meer geschickt haben. Moskau zufolge ist eine Übung geplant, Kyjiw fürchtet einen Militäreinsatz. Kommentatoren diskutieren, ob die Lage kippen könnte.
Russland bastelt sich einen Kriegsgrund
Medienberichten zufolge haben mittlerweile mehr als 400.000 Bürger der "Volksrepubliken" von Donezk und Luhansk einen russischen Pass erhalten. Das könnte ein gezielt konstruierter Vorwand für eine Offensive sein, analysiert LB.ua:
„Mitte der 2000er Jahre begann man in Abchasien und Südossetien mit der Ausstellung russischer Pässe. Der 'Schutz der Landsleute' wurde dann zum formellen Anlass für die Aggression Russlands gegen Georgien am 8. August 2008. Dmitri Medwedew bezog sich damals auf Absatz 2, Artikel 61 der russischen Verfassung: 'Die Russische Föderation garantiert ihren Bürgern Obhut und Schutz außerhalb ihrer Grenzen.' ... Bereits am 21. April trifft sich Putin mit dem Föderationsrat und könnte dort die Erlaubnis für den Einsatz von Truppen im Ausland beantragen.“
Nur eine starke Ukraine ist wehrhaft
Die Ukraine scheint auch deshalb ein leichtes Ziel zu sein, weil sie sich mit innenpolitischen Reibereien selbst zermürbt, schreibt Ex-Präsident Petro Poroschenko in NV:
„Der Schlüssel zum Erfolg ist der Kampf gegen die Korruption und den Einfluss von Oligarchen, sowie die Säuberung der Macht von russischen Agenten. ... Russland wird sich nur für eine Militäroffensive entscheiden, wenn es die Schwäche unseres Staates fühlt, wenn der Preis der Aggression minimal sein wird. Bis dahin wird es sich auf hybride Methoden konzentrieren, um unsere demokratischen Institutionen und die Einheit der Gesellschaft zu schwächen. … Das Präsidialamt muss aufhören, oppositionelle politische Kräfte zu verfolgen, Aktivisten und Freiwillige zu schikanieren und mit fragwürdigen Initiativen die Gesellschaft zu spalten.“
USA versuchen die Deeskalation
Bidens Vorschlag eines Gipfeltreffens versucht Strana zu deuten, kommt dieses doch
„sehr plötzlich für einen Mann, der seinen russischen Kollegen noch vor wenigen Wochen als 'Mörder' bezeichnet hatte. … Es ist offensichtlich, dass die militärischen Handlungen der Russischen Föderation der Hauptgrund des Anrufs waren. … Einerseits verspricht die Einladung zu einem Treffen einen Ausweg aus der Sackgasse – theoretisch können die Präsidenten zur Ukraine etwas Konzeptionelleres verfassen als lediglich einen Waffenstillstand. ... Andererseits ist noch kein Treffen terminiert. Es kann also auch sein, dass es gar nicht zustandekommen wird. Und Moskau hat noch nicht zugestimmt. Offensichtlich erwartet man dort erst irgendwelche konkreten Schritte des Weißen Hauses in Richtung einer 'Befriedung' der Ukraine.“
Vorsicht vor dem Muskelspiel
Als ein gefährliches Kräftemessen sieht Politologe Lucio Caracciolo in La Stampa die Situation:
„Beide Seiten protzen mit ihrer Bereitschaft, im Falle einer Aggression Himmel und Hölle in Bewegung zu setzen. ... Angesichts der extrem angespannten russisch-amerikanischen Beziehungen ist es daher ratsam, die Brisanz der Muskelspiele entlang des neuen Eisernen Vorhangs nicht zu unterschätzen. ... Es wäre naiv zu glauben, dass es an beiden Fronten nicht diejenigen gäbe, die einen begrenzten Blitzkrieg zu entfesseln gedenken - in der Illusion, dass der Konflikt einmal ausgebrochen dann in Ruhe geregelt werden kann. Dies ist nicht der Fall. Es gibt zu viel Frustration, zu viel Gewalt, zu wenig Bereitschaft, die andere Seite anzuhören.“
Imperialistischer Phantomschmerz
Neatkarīgā sieht Russlands Handeln vor dem Hintergrund des Zerfalls der Sowjetunion:
„Russland leidet momentan am sogenannten Versailles-Syndrom. 2014 wurde auf der Krim A gesagt, und es gibt genügend Personen in Russland, die auch B sagen wollen. Das Problem ist, dass Russland nicht genug hat mit der Krim, Charkov und Mariupol. Die Eroberungen beenden nicht den imperialistischen Phantomschmerz. Russland braucht die ganze Ukraine oder zumindest die Ukraine östlich der Krim. Auch wenn dieses Ziel mit großen Problemen nach dem Kriegsende verbunden ist, ist es gar nicht mal so unrealistisch, wenn Russland bereit wäre, sich von allgemein beachteten Normen loszusagen.“
Moskau wird Fakten schaffen
Der Jurist und Politologe Cástor Díaz Barrado glaubt in La Razón, dass Russland im Donbass auf Dauer die Oberhand behält:
„Die langjährige Missachtung der Rechte der russischen Minderheit in der Ukraine sowie Moskaus Interesse, seinen Einflussbereich auszuweiten, selbst wenn dies die territoriale Integrität der Ukraine verletzt, haben die aktuelle Lage herbeigeführt. Der Ukraine-Konflikt ist nur schwer - um nicht zu sagen unmöglich - zu lösen. Am wahrscheinlichsten ist, dass der Donbass unter russische Kontrolle gerät. Das Bedauern der internationalen Staatengemeinschaft wird eine Weile zu hören sein und dann verstummen, sobald sich die Politik der geschaffenen Fakten konsolidiert.“
Politische Botschaften, kriegerisch verpackt
Einen echten Krieg hat Putin gar nicht im Sinn, glaubt Artı Gerçek:
„Realistisch gesehen würde ein solcher Krieg mehr schaden als nützen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich ein Sieg wie auf der Krim wiederholen würde. Das Ausmaß der Sanktionen und die Verluste würden sehr hoch sein. Und es ist nicht einmal klar, wie das Ergebnis militärisch aussehen würde. ... Wenn aber kein Krieg geplant ist, zu welchem Zweck wird dann soviel Propaganda betrieben und umlagert so viel Militär die ukrainische Grenze? Dies dient höchstwahrscheinlich nur dazu, die Ukraine einzuschüchtern und an das Leid zu erinnern, Land verloren zu haben. Europa soll davon abgebracht werden, Ratschläge zu erteilen. Und den USA will man signalisieren, dass sie Nord Stream 2 in Ruhe lassen sollen.“
Frühlingsschlamm verhindert Schlimmeres
Allein schon das Wetter verbietet Russland eine militärische Offensive, ist sich Hospodářské noviny sicher:
„Der Kreml ist mit der aktuellen Situation unzufrieden und versucht, Druck zu machen. … Doch ein Kreml-Sprecher wies die Aussagen scharf zurück, die eine der wichtigsten Kreml-Propagandistinnen, Margarita Simonjan, Chefredakteurin des Staatsfernsehens Russia Today, machte, wonach 'Mutter Rus den Donbass nach Hause zurückbringen sollte'. ... Ein groß angelegter offener Zusammenstoß ist aber kaum zu erwarten - schon deshalb nicht, weil schwere militärische Ausrüstung jetzt im tiefen Frühlingsschlamm versinken würde.“
Eroberungen machen Donbass nur zum ewigen Zankapfel
Historiker Juri Piwowarow sieht in einem Blogbeitrag für Echo Moskwy im Donbass eine vergiftete Situation:
„Wenn sich Russland im Donbass festsetzt und der Ukraine noch irgendwelche Stücke Land entreißt, wird dort eine Welle des Revanchismus hochschwappen - und der nächste Krieg ist nicht weit. Wenn die Ukraine und der 'kollektive Westen' sich erfolgreich einer russischen 'Invasion' entgegensetzen, so werden im ehemaligen Dritten Rom und heutigen souveränen Russland Revisionisten erscheinen, die für eine Überwindung des Status quo eintreten. Ein historisches Beispiel für eine ähnliche Konstellation ist die Konkurrenz Deutschlands und Frankreichs in Elsass-Lothringen. Militärisch war sie nicht zu lösen. Erst die europäische Integration in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat diese Frage von der Tagesordnung gestrichen.“
Ukraine in der Nato: Quadratur des Kreises
Präsident Selenskyj twitterte, ein schneller Nato-Beitritt der Ukraine sei der einzige Weg, den Krieg im Donbass zu beenden. Adevărul-Journalist George Damian ist skeptisch :
„Ich erinnere mich, dass eine der Auflagen für den Beitritt Rumäniens zur Nato [2004] der Verzicht auf jegliche territoriale Ansprüche gegen seine Nachbarstaaten war. .... Es ist schwierig für die Ukraine, einen Vertrag mit Russland abzuschließen, in dem die Annexion der Krim und die Existenz der abtrünnigen Republiken anerkannt wird. … Tatsächlich hat Russland den Krieg in der Ukraine ja genau deshalb begonnen, um zu verhindern, dass sie in eine pro-westliche Umlaufbahn gelangt, so wie es das auch in der Republik Moldau, Georgien und Armenien gemacht hat. … Will die Nato sich militärisch in diesen Krieg einmischen, so wie es die Ukraine letzlich fordert durch den Druck, in das Bündnis aufgenommen zu werden?“
Bitte mehr "Propaganda"!
Die Ukraine muss begreifen, dass sie in einem Medienkrieg mit Russland steht, meint der Journalist Miroslav Liskovich in Ukrinform:
„In einem Krieg muss, auch unter Berücksichtigung der Standards eines demokratischen Journalismus, die Bekämpfung des Einflusses des Aggressors an erster Stelle stehen. Und deshalb muss man seine Einstellung zum Begriff 'Propaganda' ändern. ... Das bedeutet, dass wir unbedingt gewisse Techniken anwenden. So kann man zum Beispiel Nachrichten über Ereignisse wie eine Pressekonferenz von Dmitrij Kosak [von der Putin-Administration] nicht auf ein 'Abfotografieren' der Nachrichten aus russischen Quellen beschränken, wie es die überwiegende Mehrheit der ukrainischen Medien tut. Hier müssen unsere Reaktion und unsere Bewertung sofort eingebracht werden.“
Von Krieg bis Poker alles möglich
Vadym Denysenko, Direktor des Ukrainischen Instituts der Zukunft, sieht in gordonua.com drei denkbare Vorgehensweisen Russlands:
„Option eins: ein echter Krieg um den Damm [des Nord-Krim-Kanals]. Sie nehmen ihn ein und beginnen sofort Verhandlungen über die Beendigung des Konflikts. … Option zwei: eine groß angelegte Offensive, bei der Russland von der Krim kommt und 'den Korridor' zum Donbass durchbricht, ungefähr auf der Höhe von Kachovka. … Und die dritte Option ist ein Versuch, den Grad der Konfrontation maximal zu erhöhen, gleichzeitig aber nur mit diplomatischen Mitteln zu arbeiten. Zum Beispiel können Kämpfer der 'Donezker Volksrepublik' die Wasserversorgung von Mariupol blockieren. Dann würde man unter Einbeziehung internationaler Vermittler über die Möglichkeit einer Wiederherstellung der Wasserversorgung im Austausch für die Rückkehr von Wasser in den Nord-Krim-Kanal verhandeln.“
Aussicht eines Nato-Beitritts würde alles verändern
Für den Politologen Valentin Naumescu in Contributors liegt die logische Konsequenz aus den anhaltenden russisch-ukrainischen Spannungen auf der Hand:
„Wenn es zu diesem Zeitpunkt einen schnellen, unerbittlichen und strategisch meisterhaften Zug gibt, den die Biden-Regierung im Machtkampf mit Russland ausführen kann und der die Verhältnisse in Osteuropa und den russischen Einfluss in Europa fundamental verändern könnte, dann diesen: die Ukraine beim Nato-Gipfel einladen, der Allianz beizutreten. ... In dem langwierigen Spiel zwischen Russland und dem Westen könnte dieser Zug Putins ganze 'strategische Konstruktion' seit 2008 zunichtemachen, also diese unglückliche 'Pufferzone', von der Russland behauptet, sie als Sicherheitsgarantie gegen die 'Aggressivität' des Westens zu brauchen.“
Minsker Abkommen hat ausgedient
Gärende Unzufriedenheit macht eine Eskalation durchaus möglich, analysiert Die Presse:
„In der Ukraine war das Abkommen seit jeher unbeliebt, da es unter militärischem Druck zustande gekommen war. Womöglich ist auch in Moskau der Punkt erreicht, an dem man die Minsker Verpflichtungen nur noch als Hindernis betrachtet. … Es stellt sich die Frage, inwiefern dem Kreml eine offene Eskalation nützen würde. Mit einer Annexion der Separatistenrepubliken würde Moskau große ökonomische Last auf sich nehmen … Ob es ein Propagandaerfolg wäre, ist unsicher. … Und würde Russland die Ukraine direkt angreifen, so riskierte man nicht nur eine massive Verschärfung der internationalen Sanktionen. Es wäre nicht weniger als die endgültige Abkehr von der westlichen Welt.“
Westen hat Putin nie beeindruckt
Wie brisant die Situation tatsächlich ist, fragt sich auch Journalist Ovidiu Nahoi in seiner Kolumne für die Rumänische Abteilung von Radio France International:
„Für die einen Analysten ist der Militäreinsatz zwar auf den ersten Blick beeindruckend, aber für eine groß angelegte Offensive noch zu klein. … Sie glauben, dass der Kreml seine Muskeln spielen lässt, um die Friedensverhandlungen wieder zu beleben und das Engagement der neuen US-Regierung gegenüber Kyjiw zu testen. Die anderen Experten befürchten, dass die Aufrüstung nur der Auftakt ist zu einer neuen Runde russischer Aggressionen – nach dem Angriff auf Georgien 2008 und der Krim-Annexion 2014. Tatsächlich haben beide Vorfälle die internationale Gemeinschaft einst völlig überraschend getroffen und die Antwort des Westens hat die aggressive Politik Wladimir Putins bis heute nicht entschärfen können.“
Kyjiw will nur angeben
Iswestija sieht auf Seiten der Ukraine zwar militärische Fingerübungen, aber keine realistischen Angriffspläne:
„Nach 2015 haben nicht die Friedensvereinbarungen oder nationaler Pazifismus die Ukraine davon abgehalten, die Frage der 'Teile der Gebiete von Donezk und Luhansk' militärisch zu lösen, sondern die Erkenntnis, dass ein Sieg zu einem vertretbaren Preis nicht erreichbar ist. Die politische und militärische Führung dort hatte nie Anlass, diese Einschätzung unvermittelt und grundlegend zu revidieren. Ungeachtet aller demonstrativen Manöver ist deshalb nicht damit zu rechnen, dass Kyjiw seine Truppen im Frühjahr wirklich vorrücken lässt. Sie sind nur Elemente eines großen politischen Spiels - im Vorfeld der Verhandlungen der 'Normandie-Vier' auf hochrangiger Ebene.“
Nebelkerze für Rezession und Stagnation
Putin versucht mit altbekannten Mitteln von wirtschaftlichen Problemen abzulenken, meint lb.ua:
„Der Rückgang der russischen Wirtschaft 2020 war der stärkste in den letzten elf Jahren (seit 2009). Nach den aktualisierten Zahlen von Rosstat sank das BIP des Landes um drei Prozent. Dies ist eine Folge der Coronavirus-Pandemie, der Sanktionen und eines weltweit abnehmenden Energiebedarfs. … Die wirtschaftliche Lage der Bürger der Russischen Föderation wird sich verschlechtern, gleichzeitig werden die Ausgaben des Bundes steigen. Zweitens steht der russischen Wirtschaft eine jahrelange Stagnation bevor. Und drittens sieht Moskau eine militärische Kampagne möglicherweise als eine der Lösungen für die aktuelle Wirtschaftskrise. Daher also die Provokationen.“
Zündeln als Druckmittel
Postimees sieht die Verantwortung für die aktuelle Eskalation klar bei Moskau:
„Russland hat mehrere Gründe für eine Eskalation des Konflikts mit der Ukraine. Erstens und strategisch - Wassermangel in der annektierten Krim, nachdem die Ukraine den Nord-Krim-Kanal geschlossen hat, der die Krim versorgte. Der zweite Grund könnten die politischen Entscheidungen von Wolodymyr Selenskyj sein, die die Ukraine aus der russischen Einflusssphäre entfernt und näher an den Westen gebracht haben: Schließung von drei kremlnahen Fernsehkanälen und Sanktionen gegen den moskaufreundlichen Europa-Gegner Wiktor Medwedtschuk. ... Eine Möglichkeit, diese Entwicklung zu bremsen, ist es, den gefrorenen Konflikt in der Ost-Ukraine wieder aufflammen zu lassen oder auch neue Konfliktherde anzuheizen.“
Sanktionen würden nichts mehr bringen
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung hält es für wahrscheinlich, dass Russland testen will, wie fest die neue amerikanische Regierung zur Ukraine steht:
„Biden [hat] dem bedrängten Land Unterstützung versprochen. Aber es bleibt natürlich das Grundproblem, dass die Ukraine kein Mitglied der Nato ist. ... Sollte Russland den Konflikt jetzt wieder verschärfen, würde es neue Sanktionen riskieren. Das könnte in der Pandemie schmerzhaft werden, aber solche Aussichten haben Putins Bereitschaft zum niederschwelligen Konflikt noch nie verringert. Die jüngste Auseinandersetzung über Nawalnyj dürfte ihn in der Auffassung bestärkt haben, dass er sich in einer umfassenden Konkurrenz mit Amerika und Europa befindet, in der es letztlich um das Überleben seines Regimes geht. Viele Optionen hat der Westen nicht mehr.“
Es wird bei Warnungen bleiben
Auch Polityka hält die von den Nato-Staaten zu erwartende Unterstützung für die Ukraine für überschaubar:
„Kyjiw tut viel, um den Eindruck zu erwecken, dass es die Amerikaner auf seiner Seite hat und dass die Nato im Moment des Angriffs nicht untätig sein wird. Es scheint jedoch offensichtlich, dass in den europäischen Hauptstädten und in Washington kein Appetit auf einen Krieg mit Russland zur Verteidigung der Ukraine besteht, die kein Nato-Mitglied ist und weder ein bilaterales Bündnis mit den USA noch mit einer europäischen Macht hat. ... Man kann sich die Verstärkung der militärischen Präsenz der Alliierten in Rumänien vorstellen, häufigere Patrouillen über dem Schwarzen Meer und eine stärkere Gewaltdemonstration mit Hilfe US-amerikanischer strategischer Bombern. All dies wären aber nur Warnungen.“
Handeln ist hier ein Muss
Gegenüber der Ukraine die Augen zu verschließen, wäre fatal, mahnt El País:
„Die EU muss dringend mit Effizienz und Geschlossenheit handeln, die eigene Strategie aktualisieren und diese mit der US-Regierung abstimmen, ohne die eigenständige Haltung zu verlieren. Jede aggressive Geste Putins erinnert daran, dass es hierzu keine Alternative gibt, sondern dies eine Notwendigkeit darstellt. Die Härte, mit der die Pandemie in der Ukraine wütet, ist ein weiterer Grund dafür, das Risiko einer Krise und Destabilisierung nicht zu unterschätzen. Die EU kann es sich nicht erlauben, dass ein Nachbar wie die Ukraine in einen Strudel von Problemen gezogen wird. “
Normandie-Format hat sich überlebt
Wenn die Westeuropäer nichts ausrichten können, droht ein Situation wie in Berg-Karabach, bemerkt Radio Kommersant FM:
„Die Zahl der interessierten Seiten wächst: Da ist nicht nur die USA, sondern auch die Türkei. Das klassische 'Normandie-Format' verliert klar an Bedeutung, was nicht verwunderlich ist, denn seit 2015 wurde faktisch nichts unternommen, um die Lage zum Besseren zu wenden. Attraktive Plätze bleiben bekanntlich nicht lange unbesetzt. Die toleranten Macron und Merkel könnten durch andere Beteiligte ausgetauscht werden. Schließlich haben sie schon in Karabach nichts erreicht und sich auf schöne Worte und das Ausdrücken ihrer Beunruhigung beschränkt. ... Aber wenn nichts unternommen wird, kann es auch in einem neuen Karabach münden.“