Restriktionen adé: Vorbild Dänemark?
Obwohl Omikron Dänemark derzeit eine 7-Tage-Inzidenz von über 5.000 beschert, sind dort seit dem 1. Februar fast alle Corona-Beschränkungen aufgehoben. Andere Länder wie England reagieren ähnlich. Covid-19 soll nicht mehr als Bedrohung für die Gesellschaft eingestuft werden. "Wir haben die kritische Phase hinter uns", sagte Premierministerin Frederiksen. Europas Presse ist zwiegespalten.
Bald hat sich das Virus totgelaufen
Sme ist sich sicher, dass Omikron in Kürze dafür sorgen wird, dass die Slowakei Dänemark folgen kann:
„Mit der Omikron-Variante scheint die ganze Pandemie zu Ende zu gehen. Das Virus, mit dem weder Impfungen noch weltweit Lockdowns vollständig fertig geworden sind, scheint an seine eigenen biologischen Grenzen zu stoßen. ... Die massive Nichteinhaltung der Maßnahmen ist so allgegenwärtig, dass die Vermutung naheliegt, dass ihre flächendeckende Abschaffung nichts am Krankheitsgeschehen ändern wird. ... Eine Welt ohne tägliche Meldungen von Infizierten, Beatmungs- und Totenzahlen, und vor allem eine Welt ohne Einschränkungen, würde die soziale Atmosphäre und das individuelle Lebensgefühl von Hunderttausenden Menschen sofort verbessern.“
Auf die Plätze, fertig, los!
La Vanguardia feiert, dass ganz bald das normale Leben wieder beginnt:
„Der von Dänemark eingeleitete Weg wird in den kommenden Tagen von den übrigen europäischen Ländern beschritten werden. Katalonien beispielsweise wird am 11. Februar die letzten Beschränkungen in einem Bereich (Nachtleben) aufheben und die Covid-Pässe abschaffen. ... Diese Wiederkehr des normalen Lebensrhythmus' fällt in Spanien mit sehr guten Daten zu Beschäftigung, Wirtschaftswachstum und Steuererhebung zusammen. ... Der Anstieg der Inflation beeinträchtigt zwar noch den privaten Konsum, aber die Überwindung des Tiefs wird sich psychologisch sicher auf die Kauffreude auswirken. ... Wir stehen an der Startrampe: Auf die Plätze, fertig, los!“
Risikogruppen sind Opfer schlechter Impfstrategie
Hürriyet glaubt, dass die Einwände vieler Experten gegen Lockerungen ernst genommen werden müssen:
„In der Türkei wurde sowohl bei den ersten Impfungen als auch bei den Booster-Impfungen noch immer nicht die erwünschte Quote erreicht. Ein weiterer kritischer Faktor ist, dass bei einem bedeutenden Teil der Risikogruppen wie Menschen, die alt sind oder andere Erkrankungen haben, der Totimpfstoff von Sinovac eingesetzt wurde, von dem man jetzt weiß, dass er unzureichenden Schutz gewährt. Evaluationen zeigen, dass die Tatsache, dass jetzt abgesehen von der Impfung alle sonstigen Präventionsmaßnahmen wie Tracking, Testen, Isolation und Vermeidung von Menschenmassen heruntergefahren werden, 'die Sorge entstehen lässt, dass schwere Krankheitsverläufe und die Sterberate zunehmen'.“
Zu frühe Entwarnung
Die Medizinerin Nuriye Ortaylı ärgert sich in Yetkin Report, dass sich von Politik bis Gesellschaft alle verhalten, als sei Omikron ungefährlich und die Pandemie vorbei:
„Das Coronavirus wird noch eine Zeit lang unter uns sein, Omikron wird nicht die letzte Variante bleiben. Die neuen Varianten werden noch ansteckender sein. Und wir wissen nicht, wie krank diese machen werden. Wir wissen nicht, ob die derzeit zur Verfügung stehenden Impfungen wirken werden. Es gibt ja diese großartige Aussage 'Wir werden mit dem Virus zusammenleben'. Entgegen der Behauptungen einiger Personen gibt es keine Garantie dafür, dass dieses Zusammenleben wie eine leichte Erkältung verlaufen wird. ... Es kann auch mit sehr schweren Verlusten einhergehen. Aus diesem Grund müssen wir langfristige Vorkehrungen treffen. “
Schneller lockern
Angesichts der neuen Omikron-Variante mit milderen Krankheitsverläufen und der hohen Impfquote sind die Maßnahmen in Frankreich nicht mehr angemessen, kritisiert Le Figaro.
„Wir haben verstanden, dass nichts zu der aktuellen Situation passt: weder die Isolationsregeln noch die Misswirtschaft bei den Tests (zehn Milliarden Euro!), noch die Verwendung von QR-Codes, noch die Maske in der Pause. ... Kühn wäre es heute, sich Großbritannien und Dänemark anzuschließen, die den Zauber unseres früheren Lebens wiederfinden. Weil sie 'Staatsräson' mit 'Vernunft der Bürokratie' verwechseln, bringen unsere Technokraten Emmanuel Macron dazu, die Einschränkungen im Schneckentempo aufzuheben. ... Hoffen wir, dass er den Galopp der Freiheit bevorzugt…“
Dänemark ist eigentlich nichts für Querdenker
Dänemark verzeichnet einen hohen Zuzug von Deutschen. Nicht wenige sind sogenannte Querdenker, wundert sich Der Nordschleswiger:
„Gerade weil es keine 'Entfremdung von den Institutionen des politischen Systems' gibt, sprich: Weil es keine besonders verbreitete Querdenk-Bewegung in Dänemark gibt, hat Dänemark den Weg durch und (hoffentlich) aus der Corona-Krise reibungsloser gemeistert als Deutschland. Das übersehen die, die herkommen, weil sie auf Selbstverwirklichung und Selbstbestimmung ohne staatliche Einmischung setzen. Sie übersehen, dass Dänemark trotz Corona-Lockerungen und rigider Grenzpolitik keine Spielwiese für alternativ- und anthroposophisch-libertäre Deutsche ist, die mit der Mehrheitsgesellschaft abgeschlossen haben.“
Corona-Politik dient der Machtsicherung
Ohne darauf einzugehen, dass die Corona-Maßnahmen in den einzelnen Ländern ganz unterschiedlich ausfallen, sieht der Soziologe Tomaž Mastnak hinter der derzeitigen Politik der Staaten eine einzige Logik, die er als Covid-Regime bezeichnet. Darüber schreibt er in Dnevnik:
„Das Covid-Regime ist der Nachfolger des Regimes des 'Kriegs gegen den Terror'. Daher sind die Ähnlichkeiten zwischen dem Covid-Regime und der Logik des Terrors weder zufällig noch äußerlich. ... Die Logik des Terrors ist die grundlegende Logik der Aufrechterhaltung und Reproduktion des untragbaren politisch-wirtschaftlichen Systems und seiner Machteliten. Dieses System und diese Macht können nur noch durch eine gründliche, destruktive Umgestaltung der Gesellschaft aufrechterhalten werden. Diese Umgestaltung wird heute durch den Terror des Covid-Regimes ermöglicht und durchgeführt.“
Durch Erfahrung zu mehr Verhältnismäßigkeit
Ein Ende der Pandemie ist zwar in Sicht, aber das Land sollte sich bereits auf die nächste vorbereiten, meint Berlingske:
„Ende 2021 gab es erneut eine Phase der Unsicherheit, als die Omikron-Variante auftauchte und unklar war, wie gefährlich sie werden würde. Aber im Allgemeinen müssen wir unsere Gesellschaft so vorbereiten, dass wir verhältnismäßigere Alternativen zu den umfangreichen Schließungen haben, die sowohl menschlich als auch wirtschaftlich schädlich waren. Wir sind jetzt um viele Erfahrungen reicher, und das 'extreme Vorsorgeprinzip' von Mette Frederiksen sollte durch gesunden Menschenverstand, Verhältnismäßigkeit und Gründlichkeit ersetzt werden.“
Eine riskante Wette
Die Öffnung könnte wieder einmal zu früh kommen, befürchtet die Süddeutsche Zeitung:
„Dänemark hat vieles richtig gemacht in mehr als zwei Jahren Pandemie. Die Corona-Politik der Regierung war oft von mehr Menschenverstand geprägt als anderswo. Die Digitalisierung der Gesellschaft, das große Vertrauen der Bürger in Regierung und Behörden, all das half. ... Die Frage allerdings ist, ob ihr Blick in die nahe Zukunft von gleichem Realismus getragen ist, oder ob nicht eine allzu große Portion Selbstüberschätzung und Risikobereitschaft diesen Blick bisweilen trübt. Dänemark hat ja schon einmal für sich die Pandemie abgeschafft, im September - und wurde dann kalt erwischt von Omikron. ... Es ist, wieder einmal, eine Wette, die Kopenhagen hier eingeht.“
Für Ungeimpfte ist Omikron kein Schnupfen
Estland kann es sich nicht leisten, dem dänischen Beispiel zu folgen, meint Postimees:
„Die neue Realität ist eine beispiellose Menge von Virusträgern. Gleichzeitig verbreitet sich die Einstellung, dass bei diesem Schnupfen-Husten keine Beschränkungen mehr nötig sind. ... Man darf aber nicht ignorieren, dass die Sachlage in Estland anders ist als in Dänemark. Am schwersten wiegt die wesentlich höhere Anzahl geimpfter und geboosterter Menschen dort. ... Das bedeutet, dass die Verbreitung von Omikron in Estland wesentlich ernstere Probleme verursachen kann. Daher ist auch verständlich, dass der Wissenschaftsrat sich nicht beeilt mit der Aufhebung der Beschränkungen und der Impfnachweis-Pflicht. Es ist zu früh.“
Es ist weiterhin Vorsicht geboten
Auch Večer warnt vor voreiligem Optimismus in Slowenien:
„Natürlich wäre es völlig unvorstellbar, bei der aktuellen Zahl der Infizierten Maßnahmen von vor einem Jahr anzuwenden. Einen Lockdown der Gesellschaft in einem solchen Ausmaß würden wahrscheinlich weder das Gesundheitssystem, noch das Bildungssystem oder die Wirtschaft dulden, von der psychischen Gesundheit des Einzelnen ganz zu schweigen. Aber es ist auch gefährlich, die Schranken vollständig zu heben; es könnte eine großflächige Überschwemmung folgen, schlimmer noch, die Turbinen des bereits angeschlagenen Gesundheitssystems können beschädigt werden, und durch die gleichzeitige Verbreitung mehrerer Varianten könnte ein neues Problem entstehen.“
Impfungen sind kein Allheilmittel
Népszava sieht generell kaum eine Chance, auf Beschränkungen verzichten zu können:
„Der Fall von Israel zeigt, dass auch die massenhafte Dritt- und Viertimpfungen kein Wundermittel sind. Es scheint so, dass die Pandemie am besten mit Beschränkungen bekämpft werden kann.“